Nietzsche sagte, dass Moral zu predigen genauso einfach, wie zu deklarieren was diese Moral sein soll schwer ist. Wir sehen jeden Tag was er damit meinte, denn überall fordern Menschen unentwegt, dass die Führung sich von unmoralischen Handlungen distanzieren müsse und moralisch handeln sollte. Und wer wird da nicht nicken? Wer fordert unmoralische Handlungen? Wer will nicht am moralischen high ground stehen?

Die Führung solle leidverursachende Dinge wie Krieg meiden und daran arbeiten, dass wir alle gut leben können. Denn das wäre moralisch, das wäre gut. Und das zu fordern ist einfach, vernünftig und nahelegend.

Aber wenn es daran geht konkrete Vorschläge zu machen wie das umzusetzen sei, wird es haarig. Chinas Einkindpolitik etwa basierte auf der Idee, dass man China die Leiden der zukünftigen Überbevölkerung ersparen wollte. Die Entscheidung war also sicher moralisch, führte aber zu einem Rattenschwanz an Unmoralitäten.

Kein Vorteil kommt ohne Nachteil und welcher Vorteil welchen Nachteil aufwiegt ist eben eine Frage der Moral. Und genau die ist nicht universal. Die Idee „die Bösen“ auszurotten ist für „die Guten“ moralisch, „die Bösen“ sehen das aber üblicherweise ganz anders, zumal sie sich selber ja als die Guten sehen und die anderen als die Bösen.

Moral ist also eine hochgradig subjektive Angelegenheit. Menschen die moralisches Verhalten von der Führung fordern meinen daher zumeist ein Verhalten das sie gut finden und jeder andere auch gut finden sollte, denn Menschen die die eigenen Moralvorstellungen nicht teilen sind ja offensichtlich böse.

Niemand will unmoralisch sein, aber jeder hat eine andere Moral.

Praktisch jeder wird zustimmen, dass man den Schwachen helfen muss, nur ausgemachte Psychopathen würden einem weinenden Kind am Straßenrand nicht versuchen zu helfen, aber bei der Frage wie sehr man einem erwachsenen Menschen helfen muss gehe die Meinungen auseinander. Soll man etwa einem Drogensüchtigen Drogen geben damit er bekommt was er will oder soll man ihn dazu nötigen, sein Leben in den Griff zu bekommen?

Was ist moralisch?

Was ist unmoralisch?

Was ist gut?

Was ist böse?

Die Antwort ist, dass es keine objektive Antwort gibt. Je nachdem welcher Moral man sich verschreibt, wird man entsprechend Handeln und diese unterschiedlichen Handlungen führen zu unterschiedlichen Herangehensweisen die es dann der Gesellschaft ermöglichen zu lernen und Probleme zu lösen. Eine Gesellschaft mit stark individualistischer Prägung, wo jeder seiner Moral folgt, kann viel flexibler auf Probleme reagieren, weil immer mehrere Lösungen versucht werden.

Dem stehen Gesellschaften mir streng definierter Einheitsmoral entgegen in der jeder Einzelne in immer genau gleich reagiert, auch wenn es bessere Alternativen gäbe.

Aber nur Menschen die die Macht haben ihre Moral umzusetzen (also Macht haben) erkennen wie wacklig ihr eigenes moralisches Fundament in Wirklichkeit ist, denn jede Handlung, so gut sie auch durchdacht sei, wird irgendjemand als abgrundtief böse finden, während andere darin den Zenit der Moral verstehen.

Die Fähigkeit einer Kultur Probleme zu lösen liegt im Wesentlichen in einer eher zweifelhaften Moral begründet. Ohne Leitmoral kann jede Moral kritisiert und verworfen werden.

Moralische Vorstellungen die mehr Schaden als Nutzen verschwinden und werden durch solche ersetzt die mehr Nutzen als Schaden.

Nicht weil das gut ist, sondern weil sich die Anhänger schlechter Ideen die Folgen dieser dummen Ideen eben nicht ewig leisten können. Die schlechte Moral geht schlicht bankrott. Nicht im übertragenen Sinn, sondern wortwörtlich.

Wenn jeder seine eigene Suppe auslöffeln muss, bleiben die Leute mit den schlechten Ideen zurück. Und das ist eine gute Sache.

Genau deswegen sollten wir die Suche nach einer universalen Moral schlicht aufgeben und uns eher darauf konzentrieren unsere eigene Moral zu entwickeln und zu leben.

Was auch immer sich durchsetzt wird die beste Moral sein die wir uns leisten können, denn eines bleibt am Ende des Tages eben unveränderbar, dass es keinen Vorteil ohne Nachteil gibt und wir es Perfektion in der realen Welt eben nicht gibt.

Wenn es keine universale Moral gibt bedeutet das aber nciht dass es keine Moral gibt. Es bedeutet vielmehr, dass unsere individualistischen Moralvorstellungen um so wichtiger sind als man denken möchte.

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