1985 besangen Steinbäcker, Timischl und Schiffkowitz das Lied „Großvater“. Das Lied handelt von einem Mann und seinem verstorbenen Großvater der ein einfacher, bescheidener und vor allem guter Mann war der dem jüngeren Mann viel Weisheit mitgegeben hat, Weisheit die er erst jetzt, nachdem der Großvater verstorben ist, versteht. Das Lied ist tief traurig und erhebend zugleich und zurecht eines, der erfolgreichsten Lieder des Austropop.

Der Dialekt macht es einfach Dinge falsch zu verstehen, aber mitunter entstehen genau daraus interessante Denkanstöße. Eine dieser Passagen die oftmals falsch verstanden werden ist:

Dei Grundsatz wor: „Z'erst überleg'n, A Meinung hob'n, dahinter steh'n“

In Hochdeutsch: Dein Grundsatz war: erst nachdenken, eine Meinung haben, dahinter stehen.

Das „Erst überlegen“ wird aber leicht als „Erst überleben“ missverstanden und gibt dem Text damit, vor allem mit dem anderen Verweis auf die Schreckensherrschaft der 40iger eine interessante Dimension.

Obgleich der Ratschlag zuerst einmal nachzudenken gut ist, wäre der Ratschlag zuerst mal zu überleben ein noch besserer.

In einer Diktatur überlebt man nicht wenn man hinter seiner Meinung steht und oftmals kann man es sich Nichteinmal leisten eine Meinung zu haben. Zu Überleben bedeutet diese beiden Dinge eventuell auf der Strecke zu lassen. Das Versteht der Unterdrücker und setzt genau darauf. Aber Ideen verschwinden nicht. Die Idee dass man so viele Freiheiten haben möchte wie der Herrscher ist nichts das vermittelt werden muss. Auf diesen Gedanken kommt jeder (junge) Mensch irgendwann ganz von alleine.

Es gilt also erst zu überleben, wenn möglich eine Meinung haben und wenn möglich dahinter zu stehen.

Wenn man in einem System lebt in dem man seine Meinung nicht mehr kundtun kann ohne vom System verfolgt zu werden, sollte man den Mund halten oder sich hinter einem Pseudonym verstecken. Es gilt zuerst zu überleben und wenn das bedeutet, dass man nicht hinter dem steht was man unter seinem Pseudonym geschrieben hat, dann ist das eben gerechtfertigt, denn wichtiger als persönliche Integrität ist das Überleben.

Wir leben nicht in einem System in dem Redefreiheit herrscht. Wir bewegen uns auch rasch in ein System in dem Meinungsfreiheit nicht mehr wirklich herrscht. Es gilt abzuwarten ob es noch schlimmer wird, es ist aber klug eine Warnung auszusprechen solange man sie aussprechen darf.

Erst Überleben.

Wenn möglich eine Meinung haben.

Wenn möglich dahinter stehen.

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Matt Elger

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