Karate Kid von 1984 ist ein Kultfilm und Teil des kulturellen Erbes unserer Zeit. Im Folgenden gehe ich von einer Vertrautheit mit dem Film aus, Personen die mit dem Film nicht vertraut sind könnten mit Spoilern konfrontiert werden.

Im Film von John G. Avildsen wird die Geschichte von Daniel LaRusso erzählt der es vom Außenseiter zum Topdog schafft. Der Weg dorthin führt über das Erlernen von Karate. Der Film nutzt erhebliche Zeit um zu zeigen dass Karate aber eben mehr als das Zerschlagen von Holzbrettern ist und geht auch, verhältnismäßig tief, auf philosophische Fragen ein.

Zudem sind alle Personen im Film gut abgerundet und glaubwürdig. Niemand ist perfekt. Der Film ist aber sehr klar in seinem Framing: Daniel ist der Gute und Johnny ist der Böse. Daniel beginnt die heldenhafte Reise als Johnnies Opfer und beendet die Geschichte damit ihn zu besiegen.

2015 machte sich der Youtber J. Matthew Turner daran dieses Framing zu überarbeiten. Das Video ist hier zu finden

Er zog dazu den Film heran und übernahm die Rolle des Erzählers. Im Gegensatz zum eigentlichen Film zog er aber nun den Blickwinkel auf Johnny und deklarierte dass Daniel, der Neue an der Schule, es ab Tag 1 auf Johnny abgesehen habe. Daniel ist hierbei der Böse. Er beleidigt ihn, versucht sich an dessen Freundin ranzumachen, greift ihn an und nutzt generell jede Möglichkeit Johnnies Leben miserabel zu machen.

Wo der Film Johnnies Gewalt als Angriff darstellt, argumentiert er an Stellen mit Selbstverteidigung, verständlichen Affekthandlungen oder sogar mit dem Versuch einen amoklaufenden Psychopathen zu stoppen. Und die Argumente sind durchaus nachvollziehbar. Er deklariert Johnny zwar zum Helden der Geschichte verweist aber darauf dass es sich um eine nicht perfekte Person handelt die Fehler machen würde. Durch diese Akzeptanz der dunklen Seite wird sein Framing deutlich glaubwürdiger.

Ist dieses Framing nun glaubwürdiger als der wirkliche Film?

Nicht wirklich, denn auch Avildsen hat seinen Helden nicht zu einem Vorbild der Tugend gemacht. Turner dreht einfach den Fokus, verändert die Perspektive und und humanisiert den vermeintlichen Schurken indem er in den Raum wirft dass auch dieser aus legitimen oder halbwegs verständlichen Gründen agiert.

Die Serie Cobra Kai von 2018 baut hier weiter auf und erzählt die Geschichte von Daniel und Johnny über eine Generation später. Nun sind sie die Meister und eine neue Generation stellt sich den gleichen Problemen die sie hatten. Die Serie erforscht nun noch tiefer die Zusammenhänge und Motivationen der beiden Hauptcharaktere. Was brachte Johnny dazu so zu werden wie er war?

Natürlich handelt es sich am Ende des Tages bei „Kobra Kai“ um einen Versuch Geld mit einem etablierten Klassiker zu verdienen und nebenher besagten Klassiker zu dekonstruieren. Beides ist eben der aktuelle Zeitgeist.

Als Nebenprodukt liefert es uns aber ein einfach zu verstehendes Beispiel für Framing: es kommt drauf an wie man es sieht und insofern: wie es erzählt wird.

Jemand der Nur den Film „Karate Kid“ gesehen hat wird wissen dass Daniel der Gute war.

Jemand der nur die Version auf Youtube gesehen hat wird wissen dass Daniel der Böse war.

Jemand der Nur Kobra Kai gesehen hat wird wissen dass die Sache komplexer war aber am Ende des Tages Daniel wohl eher der Böse war und noch immer ist.

Debattieren nun Anhänger unterschiedlicher Sichtweisen über die gleiche Sache wird es zu Konflikten kommen. Je nachdem welchen Framing man anhängt ist etwa die Halloween Szene ein klarer Beweis dafür dass Johnny oder aber Daniel hier der Böse ist.

Im Falle zweiter Personen die sich weigern die jeweils anderes Sichtweise einzunehmen ist die Frage völlig unlösbar. Das Problem hierbei ist nicht die Faktenlage sondern die Sichtweise und diese Sichtweise ist eben oftmals das Framing des Erzählers.

Menschen sind heuristische Wesen.

Wir sind keine logischen Computer.

Wir nehmen Informationen nicht und verarbeiten sie strikt logisch, vielmehr sucht unser Gehirn immer nach Abkürzungen. Die Frage ob jemand „gut“ „schlecht“ oder „neutral“ ist hat signifikante Bedeutung. Wenn wir durch die Straßen gehen wäre es unklug sich zu fragen ob die blutverschmierte Person mit dem Messer vor uns wohl einen guten Grund hat so auszusehen und mit den Worten „Stirb Dämon!“ auf uns zuzulaufen. Unser Gehirn schließt einfach dass es sich um einen Irren handelt und wir laufen noch ehe wir wissen dass wir laufen. Und das ist gut so.

Eine geschickte Abkürzung ist das Gerücht. Wenn „alle“ sagen dass die Leute in grünen Pullovern Diebe sind, dann wird’s schon so sein. Das entsprechende Vorurteil wird eingespeichert und angewandt. Es wird verstärkt wenn es sich mit eigenen Erfahrungen deckt, aber auch geschwächt wenn die eigenen Erfahrungen dem Vorurteil entgegenlaufen. Daryl Davis etwa deradikalisierte etwa hunderte Mitglieder des Ku Klux Klan indem er einfach zu solchen Personen ging und mit ihnen sprach. Das Resultat war dass diese Personen eben nicht mehr glauben konnten dass „alle Schwarzen“ so oder so seien, denn nun kannten sie jemanden der anders war.

Vorurteile sind eine recht fragile Angelegenheit und benötigen Isolation vom Feindbild.

Da wir aber eben nicht die Zeit haben um jede Person kennenzulernen verlassen wir uns auf Vorurteile. Das liefert jenen die die Kontrolle über die Gerüchteküche haben erhebliche Macht. War das damals die alte Lotte, liegt die Kontrolle über das Gerücht nun bei den Massenmedien.

Korrektur. Lag: Die Kontrolle schwindet und verlagert sich jetzt zurück zur jungen Lotte auf Youtube. Beide (Newmedia und Massenmedien) konkurrieren um die Aufmerksamkeit der breiten Masse. Die Massenmedien im Wesentlichen um Geld zu verdienen, die Motivation der jungen Lotte ist aber eher die Motivation der klassischen Tratsch Tante: es ist das Transportieren der eigenen Meinung, Framing und damit Macht über die beeinflussbaren Geister der Menschen die sich beeinflussen lassen anstatt selber zu denken und oder zu beeinflussen.

In seltenen Fällen ist es auch einfach der Wunsch zu lehren und Menschen komplexe Zusammenhänge möglichst schonend beizubringen.

In jedem Fall ist Framing stets der Schlüssel. Woran erkennt man aber dass man geframed wurde? Meistens sitzt man in so einer Falle wenn man die Gegenseite nicht mehr als Menschen ansieht sondern als „den Feind“, als etwas das es „zu überwinden“ oder wenigstens „vollständig zu ignorieren“ und "einzudämmen" gilt.

Fakt ist dass die Anzahl der Menschen die morgens aufstehen und sich fragen wie sie "böses tun" können verschwindend gering ist. Die meisten Menschen wollen einfach halbwegs gut durch den Tag kommen und am Ende des Tages nicht schlechter da stehen als am Anfang. Manche gehen dabei nützliche Weg, andere nicht, aber beide werden davon überzeugt sein dass sie Teil der Guten sind oder ihr Handeln im schlechtesten Fall gerechtfertigt war.

Praktisch niemand läuft herum und tut Dinge die er selber als abscheulich empfindet, wenn er dafür nicht irgendeine Rechtfertigung findet und die beliebteste aller Rechtfertigung ist dass man „nur Befehle befolgte“ oder das tat „was eben alle tun“.

Ist dieses Verhalten änderbar?

Nein.

Menschen werden sich immer auf Gerüchte und Vorurteile stützen aber eine Diversifikation an Geschichtenerzählern und Gerüchteküchen kann übermäßig verfahrene Positionen aufbrechen und Menschen zeigen dass ihr Gegenüber nicht als Ziel hat die Welt schlechter zu machen sondern wir alle am Ende des Tages versuchen einfach nur ein gutes Leben zu führen.

karate kid - Columbia Pictures playbill.com

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LaMagra

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