Um Geschichte zu verstehen muss man zwei Dinge verstehen:
Zum Einen muss man sie nicht verstehen um aus ihr zu lernen. Das ist praktisch. Zum anderen ist sie relevant, andernfalls hätten wir nicht durchgehende geschichtliche Aufzeichnungen. Historiker werden nicht durchgefüttert weil man denkt dass die auch was zu essen haben sollen sondern weil die Menschen mit Macht in ihrer Arbeit Sinn sehen. Geschichte ist nützlich, für jene die sie zu nutzen verstehen. Das ist aber stets eine kleine Minderheit.
Zusätzlich muss man verstehen dass sich Geschichte nicht wiederholt. Geschichte reimt sich. Das bedeutet, dass nicht alle 70-90 Jahre exakt das Gleiche passiert, es passiert nur etwas das dem was vor 80 Jahren passiert ist ähnelt. Warum das so ist, ist aber völlig unerheblich und alle Erklärungsversuche diesbezüglich sind daher im Grunde vernachlässigbar.
Unsere Vorfahren mussten nicht verstehen warum es alle 24 Stunden ähnlich hell und warm ist wie eben 24 Stunden davor. Und alle 12 Monate ist es wieder ähnliche wie genau 12 Monate davor. Sie mussten das „Warum“ nicht verstehen. Sie mussten nur wissen dass es so ist und jene die das verstanden konnten dieses Wissen für ihren eigenen Vorteil nutzen, wohingegen jene die das nicht verstanden einen Nachteil hatten.
Geschichte ist genau das: sich wiederholende Muster die man für Vorhersagen nutzen kann. Es ist zwar nicht sicher dass es morgen zu Mittags wärmer ist als um Mitternacht aber es ist eben öfter so als anders.
Praktisch alle an der Geschichte interessierten Personen vermuten (in der einen oder anderen Form) dass es einen geschichtlichen Zyklus gibt. Weit verbreitet ist die Ansicht dass so ein Zyklus grob 80 Jahre / 4 Generationen dauert und wir vermuten dass am Ende so eines Zyklus Zivilisationen fallen (können) um durch andere ersetzt zu werden.
Nach so einer Katastrophe kommt üblicherweise eine goldene Phase aber bevor diese kommt, brennt es. Mal mehr, mal weniger aber brennen tut irgendetwas. Diese Vermutung zieht sich durch alle Kulturen die sich mit Geschichte beschäftigen. Im indischen Kulturkreis werden die „Yugas“ beschrieben die aber über enorme Zeitspannen ziehen. Modernere und deutlich methodischer, könnte man die Strauss Howe Theorie zitieren. Daneben gibt es unzählige Versionen der immer gleichen Theorie, viele davon in uraltem Mystizismus verpackt die aber alle das Gleiche sagen: Geschichte bewegt sich in Zyklen und wir sind nun im Winterzyklus, dem Zyklus in dem es eben kracht und bevor es kracht gibt es gewisse Indikatoren.
Der Zyklus selber beginnt mit eine Hochphase in der das „Wir“ stark ist und das „ich“ schwach, die Gesellschaft aber weiß wo sie hin will und verfolgt dieses Ziel mit erheblichem Selbstbewusstsein, ja: Selbstverständnis. In Folge kommt es zu einer Emanzipationsperiode in der die Bedeutung des „ichs“ und der „Spiritualität“ hervorgeheben werden. Institutionelle Macht geht zurück und es kommt zu einem Erstarken des Individuums auf Kosten der Vision die das Hoch ermöglichte.
Es folgt die Phase die Howe als „Unvaveling“ bezeichnet, also „Enträtselung“. Diese Phase ist das Gegenteil des Hochs: das „wir“ wird schwach, das „ich“ wird stark. Was zählt ist nicht mehr Erfolg, Planung und Vision sondern „das Leben zu leben“ und „Man selber zu sein“. Nietzsche nennt es Dekadenz, wir nannten es in den 80igern Selbstverwirklichung.
Es folgt die Krise in der den Institutionen massiv misstraut wird, die Idee dass der Schlüssel im Individuum liegt aber auch nicht mehr geglaubt wird. In dieser Phase wird das was "war" zu Trümmern geschlagen und etwas "Neues" errichtet.
Dieses Neue ist dann tendenziell wieder eher kollektivistisch, im Gegensatz zum alten System aber fähig das Vertrauen einer großen Masse hinter sich zu bündeln. Es muss aber nicht besser sein. Oftmals ist es objektiv betrachtet sogar schlechter, aber die große Masse hat damit schlicht ein besseres Gefühl und bekämpft dieses System nicht wie das davor. Das führt zu Frieden und Ruhe.
Diverse Kommentatoren bezeichnen diese Zerstörungsphase, in Anlehnung an die hinduistische Mythologie, als das Kali Yuga und das ist damit gemeint wenn man den Begriff heute hört.
In der Vergangenheit, bevor die Welt zu einem globalen Dorf wurde, verliefen diese Zyklen zueinander verschoben. Wenn in China geschichtlicher Winter war, war in Europa eben Sommer. Seit dem zweiten Weltkrieg sind aber die Zyklen, wie es scheint, synchronisiert. Die ganze Welt ist im Moment in einer Krise.
Es gilt aber zu verstehen dass die Krise zwar unangenehm aber scheinbar unvermeidbar ist.
Bedeutend ist dass es danach bergauf geht.
Oftmals auch für die Besiegten.
Das Ende des Zweiten Weltkrieges startete nicht nur eine goldene Zeit für die Gewinner sondern auch für die Verlierer. Deutschlands Traum eine Supermacht zu werden war ausgeträumt aber der Wohlstand der in der Nachkriegszeit geschaffen wurde übersteigt bei weitem die Potentiale die Deutschland unter der Diktatur gehabt hätte.
Natürlich sprechen wir nur vom Westen. Obgleich die Sowjetunion zu den Siegern gehörte war deren Nachkriegszeit weniger erfolgreich als die von (West-)Deutschland. Zu „gewinnen“ (Sei das eine Revolution oder Krieg) ist also keine Garantie in der nächsten Runde die Nase vorn zu haben. Wenn man auf etwas hoffen sollte dann also nicht unbedingt auf der Gewinnerseite zu stehen sondern zufällig dort wo die Menschen ein System errichten hinter dem sie mehrheitlich stehen wollen und das halbwegs das tut was es soll.
Als begeisterter Individualist ist die Idee dass das goldene Zeitalter nahezu untrennbar mit einem kollektivistischen Lebensstil verknüpft ist nicht unbedingt erhebend.
Als Student der Geschichte ist es aber der einzige Schluss der am Ende übrig bleibt: Das Kali Yuga ist da oder wird kommen. Die Welt von 2030 wird deutlich anders sein als die Welt von 2010 und egal ob sie, objektiv betrachtet besser oder schlechter ist, die Menschen werden 2030 vermutlich glücklicher sein als 2010, weil sie eine massive Krise gemeistert haben (Was auch immer sie dann gewesen sein mag) und sich hinter einem neuen Ideal versammelt haben werden.
Dem Kali Yuga folgt ein Satya Yuga, eine Zeit der Wahrheit, der Ideale und des Positiven aber die Geburtswehen dieses neuen goldenen Zeitalters liegen vermutlich noch vor uns.
kone krusos kronos https://konekrusoskronos.wordpress.com/