Hierarchie und Funktion ist was eine Gesellschaft ausmacht

Manche Menschen mögen Hierarchien und Funktionen nicht und nicht gerade zufällig sind das Menschen die ganz unten in der Hierarchie stehen oder deren Funktion kaum jemand braucht. Varianten davon sind Menschen, die denken dass sie höher in der Hierarchie stehen sollten, Menschen die denken dass ihre Leistung in der Gesellschaft nicht gewürdigt werden oder Menschen die denken dass ihre Funktion im Allgemeinen einen höheren Wert in der Gesellschaft haben sollten als sie haben. Der Messpunkt dafür ist vorwiegend Geld, oft in der Form von Gehalt, Respekt und gesellschaftliches Ansehen und wenn ich eine Schätzung wagen würde, würde ich denken, dass oben beschriebene Punkte auf 80% der Menschen zutrifft und die Idee, dass mit unserer Hierarchie irgendwas falsch läuft, ist entsprechend eine Zweidrittelansicht, der ich mich in Teilen ebenfalls anschließe.

Mit unserer Hierarchie läuft etwas falsch. Sieht der Linke den Reichen als zu weit oben, sieht der Rechte den Bürokraten als zu weit oben, aber fundamental stimmt praktisch jeder zu dass unsere Hierarchie fehlerhaft ist.

Die Frage ist wie man damit umgeht und verbunden damit ist die Frage, ob wir Hierarchien überhaupt brauchen.

Der linke Flügel argumentiert, dass Hierarchien künstliche Grenzen und Gefälle erzeugt, die nur denen etwas bringen die schon oben sind, weil es ihnen einen Höhenvorteil verschafft diejenigen die unten sind zu unterjochen.

Der rechte Flügel argumentiert, dass Hierarchien Kompetenz und Verantwortung artikulieren. Der Lehrer muss über dem Schüler stehen, weil sonst unklar ist in welche Richtung der Informationsfluss stattfinden muss. Stehen Lehrer und Schüler auf der gleichen Ebene muss der Lehrer vom Schüler genauso viel lernen wie umgekehrt, andernfalls sind sie nicht gleich. Und das macht keinen Sinn.

Dinge wie Alter ergeben natürliche Hierarchien, die Sinn machen. Gesellschaftlich macht es aber nicht unbedingt Sinn, dass ein erfolgloser Maler gesellschaftlich plötzlich über einem erfolgreichen Geschäftsmann oder angesehenen Professor steht nur weil er plötzlich den Titel „Minister“ trägt, den er erhalten hat indem er Millionen von Menschen Dinge versprochen hat die er niemals vorhatte zu halten oder schlimmer noch: vorhatte zu halten aber nicht kompetent genug ist sie umzusetzen oder die Umsetzung schlicht immer unrealistisch war.

Wir denken in Funktionen.

Wenn ich sage, dass ich zum Arzt gehe, dann benutze ich nicht den generischen Begriff, weil ich meiner Ärztin ihre Weiblichkeit abspreche, sondern weil es für mein Gegenüber unerheblich ist welchem Geschlecht mein Arzt angehört. Er denkt an die Funktion. Ich gehe zum Arzt. In der Sprache Esperanto sind alle Nomen immer erst neutral, der Arzt ist „Kuracisto“ und erst durch den Einsatz von Vor bzw. Nachsilben wird deklariert ob es sich um ein Männchen oder Weibchen handelt. Niemand deklariert das, weil es nicht nötig ist. Würden die Feministen versuchen unsere Sprache zu neutralisieren (Arztx statt A(Ä)rztIn) würde niemand das Geschlecht deklarieren. Weil es egal ist. Der Arzt ist eine Funktion, ein Teil der Hierarchie, es ist der Teil der einem sagt was welche Krankheit man hat, welche Medikamente man nehmen möge, Zugriff auf diese Medikamente gestattet und so weiter.

Ohne Hierarchie würde das keinen Sinn machen, ohne Hierarchie hätte Patient und Arzt exakt gleich viel Recht Medikamente zu verschreiben. Der Hierarchieunterschied zwischen Arzt und Patient kann ausgenutzt und missbraucht werden (Zb wenn der Arzt sich selber Dinge verschreibt die er nicht braucht), aber typischerweise ist er für alle in der Gesellschaft nützlich und basiert auf transparenten Regeln.

Der Arzt hat Befugnisse, weil er seine Kompetenz in Prüfungen bewiesen hat und schlicht besser weiß wann die Medikamente nutzen und wann nicht. Wir unterwerfen uns dieser Hierarchie nicht weil wir sie gewohnt sind oder wir alle an einer Form des Stockholmsyndroms leiden und uns unfairen Hierarchien beugen weil wir sonst von den Jungs in Grün eine über die Rübe bekommen.

Wir unterwerfen uns dieser Hierarchie weil sie für uns einen Nutzen stiftet, auch wenn wir mit dem was uns der Arzt sagt nicht immer zufrieden oder einverstanden sind.

Ist jede Hierarchie berechtigt? Natürlich nicht. Der Räuber etabliert einen Hierarchieunterschied mit dem Opfer über sein Messer und natürlich sind manche Abteilungsleiter eher wie Räuber und andere wie Ärzte. Das sei unbestritten. Macht korrumpiert, legitim erworbene Macht genauso wie illegitim erworbene.

Dennoch sehen wir die Welt uns unsere Mitmenschen als Funktionen in Hierarchien. Nicht die 50 bis 150 Menschen, die wir mögen, sondern die Milliarden anderen die sonst noch herumlaufen. Mit diesen Menschen können wir nur so umgehen, weil wir sie nicht kennen und einschätzen können.

Das gilt es zu verstehen. Ohne Hierarchie und Funktionsdenken wäre ein Zusammenleben in Gruppen über 150 Personen schlicht nicht möglich.

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Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 11.12.2024 18:08:03

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