„Weltschmerz“ ist eines der deutschen Wörter die es in den englischen Sprachschatz schafften und im Gegensatz zur „Schadenfreude“ verstehen die englischsprachigen Anwender dieses Wort besser als die deutschsprachigen Anwender.

Weltschmerz empfindet man wenn man erkennt dass die Welt nicht so ist wie sie sein könnte. Ein guter Freund drückte es mit den Worten „aber in meinem Kopf funktioniert das alles so gut“ in charmanter Trivialität aus.

In seinem Kopf, wie auch in den Köpfen aller anderen Menschen, wäre eine Welt ohne Krieg so viel lebenswerter, und doch existiert er. Wir produzieren mehr als wir Essen können und daneben verhungern Menschen, Reichtum existiert neben Armut, Umweltverschmutzung, Artensterben, staatlicher Rundfunk, Klimawandel, in anderen Worten: so viele Katastrophen die keiner mag, die keiner fordert und die dennoch existieren.

WARUM?!

Es ist kein Wunder dass sich Melancholie und Depression bei Menschen wie ihm breit machen. Genau diesen Zustand bezeichnen wir als „Weltschmerz“ und ihn zu fühlen ist kein Spaß.

Aus dem Weltschmerz entsteht Wut und diese Wut muss sich auf etwas richten. Sie kann sich nicht auf die Welt, die Natur und die Kausalität richten, denn die kann man nicht ändern. Sie muss sich gegen ein spezifisches System richten oder aber gegen Personen.

Das System und die Personen die Krieg und Artensterben wollen.

Identifiziert werden hierbei dann die Realisten die zwar sagen dass die Sache mit dem Utopia ganz gut klingen würde aber man einfach zur Kenntnis nehmen muss dass es raucht wenn man Essen grillt, Späne zu Boden fallen wenn man hobelt und Menschen sich eben aus absurden Gründen an die Gurgel gehen.

Keiner mag diese Nebenwirkungen, sagen sie, die Frage ist nur ob die Nebenwirkungen die Sache wert sind.

Ist es rechtfertigbar dass nur 60% des Baumes zu Brettern werden und der Rest Abfall ist? Die Antwort ist: ja, denn was ist die Alternative?

Der Schlüssel zum Überwinden des Weltschmerzes ist die Erkenntnis dass es Dinge gibt die keiner haben möchte, die aber eben Neben oder Abfallprodukte von Dingen sind die wir haben möchten. Krieg ist nach so einer Betrachtungsweise ähnlich dem Abgas aus dem Automobil: etwas das entsteht weil man etwas völlig anders haben möchte. Gibt es Potential zu Verbesserung? Natürlich, eine Reduktion auf Null ist aber eben nicht möglich.

Immer wenn Menschen etwas tun entstehen Abfallprodukte, unerwünschte Nebeneffekte und versteckte Konsequenzen. Diese kann und sollte man optimieren.

Um zu Optimieren muss man aber das Ding verstehen das man verbessern will.

Und genau hier ist der größte Teil unseres Weltschmerzes verborgen: in den Teilen der Welt und der Dinge die wir nicht verstehen, von denen wir annehmen dass sie besser sein könnten wenn die Verantwortlichen sich einfach etwas mehr anstrengen würden.

Die simple Wahrheit ist aber dass jeder versucht diese Effekte zu minimieren. Fast alle unerwünschten Effekte sind Verluste. Keiner wirft gern Essen weg, keiner verschneidet gern 40% seines Wertstoffes und absolut niemand will einen Zeitungsartikel darüber lesen wie man mit einem Projekt den letzten lilafarbenen Kuckuck ausgerottet habe.

Lässt man die Menschen in Ruhe arbeiten, optimieren sie und reduzieren diese Effekte ganz von selber aber verschwinden werden sie nur in seltenen Fällen. Verluste sind unvermeidlich.

Egal wie sehr man sich anstrengt, ein Teil des Baumes wird zu Sägespäne. Das ist traurig aber lässt sich nicht verhindern.

Weltschmerz aber führt dazu dass wir zu Idealen hinarbeiten die nicht realisierbar sind. Das Beschreiten dieser Wege führt oftmals zu viel mehr und viel viel schlimmeren Nebenwirkungen. Weder die Chinesen noch die Russen wollten im letzten Jahrhundert Hungersnöte auslösen und zig Millionen Menschen zum Hungertot verdammten. Aber sie taten es, mit dem Wunsch den Hunger ein für alle Mal zu besiegen.

Schuld daran war der Weltschmerz und hoch motivierte Menschen die handelten ohne das Ding zu verstehen das sie versuchten zu verändern.

Wenn wir Schmerz, Leid und Trostlosigkeit in der Welt verringern wollen dann sollte der Weltschmerz unsere oberste Priorität sein, denn er ist verantwortlich für mehr Leid in der Welt als alle anderen Dinge kombiniert.

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