Shawn Fanning schrieb 1999 das Programm „Napster“ und versetzte damit nicht einer Industrie sondern gleich einigen anderen den Todesstoß. Die Industrie torkelte noch ein Jahrzehnt vor sich hin aber nach und nach erlagen die Videoverleiher und CD Lables nach und nach ihren Wunden. Nur jene die sich anpassen konnten überlebten. Aus der Asche des Alten entstand aber viel Neues und wer will schon zurück?

Tom Scott beschrieb kürzlich, dass Technologie üblicherweise nicht sofort adaptiert wird, vielmehr folgt die Adaption praktisch immer einer Sigmoidkurve.

https://www.mybusinessgrowth.online/blog/sigmoid-curve https://www.mybusinessgrowth.online/blog/sigmoid-curve

Zu Beginn nutzen das Ding wenige Personen und selten und am Ende benutzt es jeder der es nutzen kann und will, so oft wie sinnvoll. Wenn dann das nächste Ding kommt beginnt der Niedergang der alten Technologie und eine neue Kurve beginnt.

Als Roxio Napster im Jahre 2002 kaufte dachten viele die Kurve sei an ihrem Höhepunkt und Napster das denkbar weiteste Produkt, dass da nicht mehr kommt. Diese Einschätzung stellte sich als fataler Irrtum heraus. Napster war nicht das Ende. Napster war der Anfang, der Vorbote einer völlig neuen Welt.

Heute sehen wir uns in einer neuen Situation, in einer neuen Kurve. Dieses Mal ist es nicht das Internet und die Fähigkeit Informationen zu teilen, sondern Informationen völlig anders zu verarbeiten, Bilder zu malen indem wir Szenen in Text beschreiben oder Computercode zu erzeugen indem wir einfach ein Pflichtenheft schreiben.

Scott stellte in einer Präsentation dann die spannende Frage „wo auf der Kurve sind wir?“

Sind wir am Ende, werden die kommenden künstlichen Intelligenzen mit jeder kommenden Iteration nur noch etwas besser, dann haben wir jetzt eine Vielzahl toller neuer Werkzeuge die uns das Leben einfacher machen.

Sind wir in der Mitte der Kurve werden diese Systeme in wenigen Jahren mit noch sehr viel weniger Inputs von unserer Seite das Gleiche leisten das sie schon tun können und damit für noch mehr Menschen zugänglich sein oder aber mit den gleichen Inputs noch tollere Resultate liefern.

Aber was, wenn ChatGPT nur der Anfang ist? Was wenn wir jetzt da sind wo das Internet im Jahr 1999 war? Was wenn dieser Shift von der Vorinternetwelt zur Internetwelt im Vergleich zu den kommenden Veränderungen lächerlich wirken wird?

Das Knifflige an dieser Kurve ist, dass die menschliche Leistungsfähigkeit nicht mehr der alleinige Träger der Entwicklung ist. Die Systeme arbeiten schon mit sich selber zu verbessern. Passiv, aber doch.

Wie lange wird es dauern bis Autoren auf FuF beginnen ihre Kommentare durch eine digitale Kopie ihrer selbst zu moderieren? Sobald das möglich ist, wird es irgendjemand tun. Wann werden Menschen künstlich erzeugte Artikel hochladen? Ist das eventuell schon passiert? Wie lange dauert es bis auf Fisch und Fleisch Bots miteinander streiten und der Mensch aus der Gleichung verschwunden ist?

Ich denke dass wir am Anfang der Kurve stehen. Ja: viele nutzen die Systeme, aber noch ist es ein Gimmick. Ich denke in 5 Jahren wird mehr oder weniger alles das wir tun von der AI durchdrungen sein, mehr noch als von den Bildschirmen die jetzt schon überall sind.

Eine Welt in der jeder auf einen klitzekleinen Bildschirm in der Hand starrt war für die Menschen 1999 unvorstellbar, ich denke die AI wird die Welt in eine transformieren in der jeder unentwegt mit seinem Headset plaudert, auf der anderen Seite aber kein Mensch spricht, sondern eine AI. Peter F. Hamilton beschrieb in seinem Armageddon-Zyklus das Volk der Edenisten als ein Volk in der jeder einzelne sein ganzes Leben an eine künstliche Intelligenz gebunden ist und im Leben eines jeden Edenisten war dieses Wesen die Liebe ihres Lebens. Ich denke wir steuern auf so eine Welt zu.

Wir stehen vermutlich am Ende von irgendetwas und am Anfang von etwas anderem, ohne es so recht zu kapieren, genau wie die meisten im Jahre 1999 nicht verstanden dass ein kleines Programm das die Nerds gerade auf ihren Rechnern installierten und den meisten Menschen unbekannt war dabei war die Welt auf den Kopf zu stellen.