Politische Fraktionen haben (scheinbar) einen Hang dazu sich anzugleichen, je älter sie werden. Sie alle konvergieren in eine Mitte und werden dort dann unbedeutender, verschmelzen oder verschwinden.
Um zu verstehen was hier passiert muss man Hotellings Gesetz verstehen und um es zu verstehen stellen wir uns zwei Eisverkäufer vor die auf einem Strand Eis verkaufen wollen.
Der Strand wäre genau 100m lang. Am ersten Tag kommen zwei Eisverkäufer und machen sich aus wo sie am besten stehen sollten. Sie kommen zu dem Schluss dass es für beide am klügsten wäre wenn sie den Strand 50:50 aufteilen würden.
wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Hotellings_Gesetz#/media/Datei:Iceseller1.PNG
Einer stellt sich auf Meter 25, der andre auf Meter 75, also jeweils in der Mitte „ihrer Hälfte“ und könnte so das Maximum an Geschäften machen. Sie starten damit im Idealzustand.
Am nächsten Tag überlegt sich einer der beiden wie er mehr Geld machen könnte und erkennt dass er nicht zum Rand rutschen darf, denn dann verliert er. Rutscht er aber in Richtung seines Mitbewerbers dann kann er ihm ein paar Kunden abschwatzen. Also tut er das. Der andere erkennt das und rutscht nun auch in die Mitte.
Bald stehen sie Schulter an Schulter genau in der Mitte. Das führt aber dazu dass der Rand des Strandes den Weg nicht mehr auf sich nimmt und sich nach Alternativen umsieht. Zurückrutschen geht für den Eisverkäufer auch nicht weil sonst der andere nachrutscht. Man ist also in der Mitte gefangen. Das eröffnet aber für andere Eisverkäufer einen Markt. Diese neuen Eisverkäufer beginnen am Rand rutschen aber, aufgrund der beschriebenen Mechanismen, auch wieder in die Mitte und bald kuscheln in der Mitte nicht zwei sondern 4 Eisverkäufer.
Betrachtet man unser politisches Spektrum wird rasch klar dass es sich bei allen Akteuren nur um Varianten des immer Gleichen handelt, um Manifestationen der Mitte. Das liegt aber auch daran dass sich in der "Mitte" deutlich mehr Menschen tummeln als am Rand. Es gibt nicht so viele radikale Menschen und das liegt daran dass das Produkt die Kunden prägt. Wo auch immer die Eisverkäufer stehen, dort sammeln sich die Menschenmassen. „Die Mitte“ ist damit nichts Absolutes sondern es ist das wo die Parteien und die Masse sich tummeln.
Das ist alle 100km und alle 20 Jahre wo anders. Mal ist das „normal“, mal das Gegenteil davon, fest steht nur dass alles immer zu diesem „Normal“ drängt und wer auch immer die Fähigkeit hat das zu beeinflussen hat die wahre Macht über das System.
Und hier wird einem langsam klar warum Multimillionäre immer schon gern Zeitungen besessen haben und warum diese Firmen, obwohl sie kein Geld machen, noch immer existieren: Die Medien sind ein Mittel zu definieren „was normal“ ist und sowohl die Politik wie auch die Wählerschaft werden dort hin tendieren.
Die Implikation ist dass man absolut alles zum „Normal“ machen kann und absolut alles dann dort hin tendieren wird. Politik wird dann zu einem einfachen Schatten des wahren Machtkampfes, des Kampfes um Wörter, Kultur, Ideale und Ideen.
In anderen Worten: auf die Politik zu starren um die Welt zu verstehen ist sinnlos weil Politik nur eine emergente Eigenschaften der Kultur ist. Politik folgt tatsächlich aus der Kultur.
Kultur zu machen ist daher, sofern die Schlussfolgerung korrekt ist, tatsächlich wichtiger als Politik zu machen.
Das wäre interessant, erklärt es doch warum die Politik nicht von Rationalität geprägt ist sondern stets von den Wunschträumen der Träumer.
unbekannt unbekannt