In den aktuellen Debatten frage ich immer wieder wie die Machtverteilung zwischen Staat und Bürger sein soll. Wie viel Macht soll der Staat haben? Wie viele (Kauf)Entscheidungen soll er treffen? In Österreich trifft der Staat fast jede zweite Kaufentscheidung. In Amerika sind es „nur“ 16%.
Manche wollen mehr. Bekannte von mir wollen 100% der Entscheidungen beim Staat. Sie würden arbeiten so gut es eben ginge (die meisten als Künstler) und dafür gäbe der Staat ihnen dann Essen, Wohnen und Zeug das sie brauchen. ("Geben nach bester Möglichkeit, nehmen nach Bedarf") Einkaufen und Dinge entscheiden sei ohnehin nur Last und Zeitverschwendung. Außerdem treffen Menschen schlechte Entscheidungen, der Staat aber. Uh der Staat! Der Staat nicht: Der Staat kümmert sich um die Armen, die Verlassenen, die Behinderten und Jeden. Der Staat ist gut. Punkt.
Naja.
Der Staat sind Mitbürger mit lustigen Titeln, die Dinge tun die andre Bürger, ohne diese Titel nicht tun dürfen. Wenigstens setzten sich diese Typen keine albernen Metallhüte mehr auf, aber ihr Verhalten hat sich seit der Zeit der Raubritter nicht wirklich drastisch geändert. Sie sagen „gib mir Geld, ich bau dir dafür einen Schweinestall und außerdem muss ich mein Klo vergolden“. Würde der Mitbürger soetwas sagen, wäre es eine Drohung. Sagt es der Staat macht es aber im Kopf des Gläubigen absolut Sinn. Weil dann nennen wir es "Gesetz".
Fakt ist der Staat sind nur Menschen. Das ist die bittere Pille. Die Agenten des Staates sind Mitbürger (und oft nicht die ehrlichsten) denen wir Macht geben. Und Macht korrumpiert die edelste Seele. Der Staat destilliert oft aus guten Menschen das Üble heraus. Tolkien umschrieb das damals mit der Magie eines Ringes. Man kann seiner Verlockung widerstehen. Eine Zeit lang.
Ich wiederum vertraue den ungekrönten Bürgern mehr als den gekrönten. Im Wesentlichen weil diese deutlich weniger Möglichkeiten haben mich abzumurksen oder auf Helikoptern zu werfen. Die Annahme dass der Staat besser sei als die Menschen die ihn bilden funktioniert nur wenn man dem Staat übernatürliche Eigenschaften und ein übermenschliches Eigenleben attestiert. Den Beweis dass das aber so ist, bleiben sie schuldig. Insofern verhält sich der Etatist (jemand der glaubt dass der Staat unsere Probleme besser lösen kann als wir selber) im wesentlichen religiös. Er nimmt eine übermächtige, übermenschliche und in ihrer Natur gute Macht an die Probleme lösen kann. Das Handeln dieser Entität sei mysteriös und daher entsprechen intransparent. Das sei zu akzeptieren. Man erledigt also seine Opfergaben und die Entität macht dann aus den Opfern eine Verbesserung fürs Leben.
Im Alter wächst dann die Erkenntnis dass das Zahlen von Steuern ähnlich viel bewirkt wie das Werfen von Jungfrauen in einen Vulkan: es befriedigt nur unsere Abergläubische Natur an eine höhere Macht und gibt den Priestern dieser Macht absurden Einfluss über unser Leben, den sie nutzen um sich selbst das Leben hübscher zu machen.
Der Etatist kann seinen Aberglauben nicht erkennen weil er glaubt. Ich glaubte auch lang daran und hätte diesen Artikel vor 4 Jahren verlacht, wie ich ähnliche Artikel verlacht habe. Dann aber habe ich den Glauben verloren und die Augen geöffent.
Eine schmerzahfte Erfahrung.
Es stimmt schon: ohne Staat wird’s nicht gehen, aber zu akzeptieren dass der Staat nicht mehr ist als Bürger denen wir eine Verwaltungsaufgabe zukommen haben lassen, wäre der Beginn Glaube und Regierung wirklich zu trennen. Der Staat ist nichts göttliches.
Der Staat ist nur ein Werkzeug.