Links, Rechts, Oben und Unten: der politische Kompass

In der politischen Debatte wird seit der französischen Revolution das Muster links und rechts verwendet.

Im Wesentlichen beschreibt das System einen recht einfachen Sachverhalt: rechts stehen die die wollen dass alles bleibt wie es ist oder im extrem zurück zu einem alten System wollen. Links hingegen stehen jene die Neues probieren wollen und im Extrem alles neu machen möchten. In der Mitte finden sich die Pragmatiker.

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Theoretisch klingt das brauchbar, praktisch ist dieses System kaum belastbar.

Es ist klar dass jemand der sich für Homosexuelle stark macht und meint dass die Industrie verstaatlicht sein sollte als „links“ gelten kann.

Gleichfalls gilt jemand der gegen diese beiden Vorschläge als rechts.

Was ist aber mit jemanden der Homosexuellenrechte ablehnt aber Verstaatlichung gut findet (etwa Che Guevara) und jemandem der Homosexuellenrechte gut findet aber Verstaatlichung als Unsinn ansieht (Ich)?

Belegen wir beide im Links Rechts System den gleichen Platz? Die Antwort ist: Ja.

Und genau das macht das System so schwach.

Eine Achse ist nicht genug. Unterschiedliche Möglichkeiten der Darstellung wurden vorgeschlagen. So benutzt etwa der 8 values system 4 Achsen

Markt: Verstaatlicht vs Privat

Diplomatisch: Global vs Nation

Staat: Freiheit vs Autoritär

Gesellschaft: Tradition vs Fortschritt

8values 8values.github.io

Hier werden etwa die Gretaanhänger sofort einen Fehler finden: was ist mit der Umwelt? Wo ist die Achse Mensch vs Natur? In anderen Worten: jedes System ist unvollständig und je vollständiger es wird, desto unüberschaubarer wird die Sache.

Ein Kompromiss ist der politische Kompass.

Der politische Kompass ist nicht perfekt sondern das einfachste der komplexeren Systeme.

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Im Gegensatz zu, linearen System weist er zwei Achsen auf: Markt und Gesellschaft.

Die Extreme bewegen sich also wie beim 8 values system:

Markt: Verstaatlicht vs Privat

Staat: Freiheit vs Autoritär

Die Darstellung erfolgt über eine Kreuzung der Achse.

Aber was bedeuten die Achsen? Im Wesentlichen läuft es bei der Wirtschaftlichen Achse (horizontal) darum wem alles gehören soll. Links finden sich alle Personen die sich eine Kollektivierung des Besitzes wünschen, völlig egal wie das organisiert ist: Verstaatlichung oder Kolletive etc, alles ist in der Hand aller. Rechts dargestellt finden sich alle Ideologien die alles in privater Hand sehen wollen, vorwiegend also der Kapitalismus.

Die vertikale Achse beschreibt wie die Gesellschaft strukturiert sein soll. Oben finden sich die Autoritären die der Meinung sind alles wäre Sache der Gruppe und der Einzelne habe ich dem Wohl der Gruppe unterzuordnen ("Das Wohl Vieler ist wichtiger als das Wohl Weniger" ) . Hier finden wir jene die meinen alles wäre politisch oder aber alles wäre die Sache Gottes.

Unten hingegen findet sich die Meinung dass es Gruppen nicht gäbe und jeder sich um seinen Kram kümmern sollte und niemand ein recht hat anderen vorzuschreiben was sie zu tun oder zu lassen hätten.

Dieses System ermöglicht es uns endlich meine Position von der von Che Guevara abzugrenzen.

Klassisch machen Menschen Punkte und beschriften diese, ich schlage heute eine Kombination mit dem Schachbrett vor.

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Wie bereits dargelegt findet sich meine Position irgendwo in der Nähe von f3 (unten rechts). Ich bin der Meinung dass jeder sich um seinen Kram kümmern sollte aber dann doch mit gewissen Regeln und Einschränkungen. Ich will nicht in einem System leben in dem im Supermarkt eingelegte Menschenstückchen verkauft werden.

Zudem bin ich der Meinung dass der Markt in privaten Händen besser aufhoben ist als in staatlichen, bin mir aber darüber im Klaren dass gewisse Dinge in staatlicher Hand ganz gut klappen.

Che Guevara hingegen findet sich eher irgendwo bei b7 (oben links). Ein drastischer Unterschied!

Und jetzt kommen wir zum spaßigen Teil:

Wo sind die Nazis?

Die Nazis waren autoritär und verstaatlichten defakto einen ganzen Haufen aber eben nicht Alles. Das bringt sie in etwa auf e8 (oben mitte). Sowjetrussland war ähnlich autoritär, kollektivisierte aber deutlich mehr. Das bringt sie auf b8 (oben links). Und hier erkennt man nun das Schockierende:

Kommunisten und Nazis stehen sich näher als beide zb mir.

Paukenschlag.

Der Grund warum dieses System nicht in den Zeitungen verwendet wird ist genau das. Es zeigt wie Politik wirklich ist und genau das läuft konträr zur Idee dass das politische Spektrum zwischen Kommunist und Nazi verläuft und alles andere irgendwo dazwischen liegt.

Das ist Unsinn.

Was in den Medien als „Zentrum“ beschrieben wird nimmt im politischen Kompass eine gigantische Fläche ein.

Praktisch alle Parteien in unserem System finden sich zwischen 5 und 8.

Es gibt in Europa faktisch keine Parteien mit Ansichten die libertärer wären. Wenn etwa die Grünen sich für Homosexuellenrechte einsetzen, also etwas das sie Richtung libertär schieben würde, tun sie das mit autoritären Mitteln, etwa Strafen wenn man jemanden auf Basis seiner Sexualität beleidigt. Das bringt sie sofort wieder in den autoritären Bereich.

Hat man dieses System verstanden wird offensichtlich wie man Nazis und Kommunisten gleichartig verachten kann und sogar der Meinung sein kann dass es sich um den exakt gleichen Menschenschlag handelt (Autoritäre).

Rede ich von „Linken“ meine ich den Bereich a8 bis c6, also im Wesentlichen die rote Fläche. Ich meine damit nicht die grünliche Fläche obwohl die auch „links“ einzuordnen wäre.

Aus meiner Erfahrung eröffnet der politische Kompass fast auf der Stelle eine bessere Sicht auf die Politik. Ich würde mir wünschen wenn wir in Zukunft in Debatten auf dieses Werkzeug zurückgreifen könnten anstatt uns gegenseitig als "Linke" und "Rechte" zu beschimpfen.

Als kleine Anmerkung zum Schluss:

Tests zum politischen Kompass gibt es tonnenweise und jeder wirft andere Ergebnisse aus. Ich bitte solche Tests mit Vorsicht zu geniessen. Dennoch ist es mitunter Witzig sich zuerst einmal selbst einzuschätzen und dann so einen Test zu machen. Die meisten sind vom Resultat überrascht, denn in Wirklichkeit finden sich weit über 80% der Menschen ja dann doch wieder recht genau in der Mitte. Und auch das ist eine gute Sache.

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Matt Elger

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