Widersprüche sind Teil des Lebens aber die vermutlich kniffligste ist die Idee, dass an den Hebeln der Macht qualifizierte Menschen sitzen. Wir nehmen es zwar an aber gleichzeitig wissen wir, dass es nicht so ist.
Der Weg an die Spitze sollte geprägt sein von einem konsequenten Aussieben der Unfähigen und Fördern der Fähigen aber in der Realität führen völlig andere Wege deutlich rascher an die Spitze.
Der Mensch als soziales Wesen wird sich immer mit Menschen umgeben von denen er annimmt dass sie ihm freundlich gesonnen sind. Nützlichkeit kommt frühestens an zweiter Stelle.
Praktisch jeder Diktator in der Weltgeschichte eliminierte hochgradig kompetente Personen weil er diese als Bedrohung ansah. Sympathie und „ein gemeinsames Ziel“ ist wichtiger als die Frage ob diese Person dieses Ziel erreichen kann. In der Demokratie verhalten sich die meisten Akteure genauso.
Politiker werden nicht gewählt, weil sie Problemlösungskompetenz mit sich bringen, sondern oftmals weil sie freundlich und für den spezifischen Wähler harmlos wirken. Das gilt es zu verstehen: ein Politiker der einen Völkermord fordert kann für Menschen die nicht dem Zielvolk angehören ungefährlicher wirken als jemand der universalen Pazifismus vertritt.
Wie der Mächtige also zu dem Wähler persönlich steht („Ist er für oder gegen mich oder meine Gruppe?“) ist für den Wähler fast durch die Bank wichtiger als Qualifikation.
Auch in der Wirtschaft zeichnet sich ein vergleichbares Bild ab, allerdings schwächer. Der Aufsichtsrat wird auch immer versuchen sich aus Menschen zusammenzusetzen die sich gegenseitig nicht allzu weh tun, der Fall Disney, insbesondere der Konflikt zwischen dem aktuellen Aufsichtsrat und Nelson Peltz zeigt aber dann im Bereich der Wirtschaft das Netzwerken an seine Grenzen stößt.
Wenn die Clique die Firma in den Bankrott treibt, entsteht Gegenwind der zu Änderungen führt. Passieren keine Änderungen, geht die Firma eben den Weg in die Vergessenheit und wird durch eine ersetzt die es besser macht.
Mangelt es einer Firma an der Spitze zu lange an Qualifikation, verschwindet sie. Die Politik hingegen hat einen erstaunlich langen Atem. Diktaturen können Jahrzehnte von der Substanz eines Landes leben und Menschen ausbeuten und dennoch den Rückhalt der Bevölkerung genießen, wenn sie es schaffen die Alternative als für fast alle bedrohlicher wirken zu lassen als den Status Quo.
In Europa etwa malt man seit Jahrtausenden die Selbstverantwortung in so düsteren Farben dass die Menschenmassen sich immer und immer wieder Diktatoren unterworfen haben nur um ja nicht der gefährlichen Selbstverantwortung ausgeliefert zu sein.
Aber wo sind die Kompetenten?
Nun, Menschen mit Problemlösungskompetenz werden von Machtpositionen nicht wirklich angezogen sondern von kniffligen Problemen. Man findet sie daher in Umgebungen wo sie direkt mit Problemen zu tun haben.
Wen zieht es dann aber nach oben? Die Machthungrigen natürlich.
Warum Menschen nach Macht streben ist natürlich von Person zu Person unterschiedlich, aber nur die wenigsten tun sich diese Schlammschlacht an um dann für andere eine Verbesserung zu bewirken. Macht ist sich oft selbst gut genug: Menschen streben oft nur nach Macht um eben dann mehr Macht zu haben als sie davor gehabt haben, wohingegen die Kompetenten mehr Kompetenzen erwerben um danach kompetenter zu sein.
Und hier ist die Krux an der Sache: Systeme in denen man über Geld an Macht kommt sind nicht frei von Korruption, aber sie sind scheinbar weniger korrupt als Systeme in denen man über Macht zu Geld kommt. In der Realität wird es immer beides geben, das steht außer Frage, aber es gilt zu akzeptieren dass die Politik völlig von der Leistungsfähigkeit der Mächtigen entkoppelt ist. Extrem inkompetente Personen kommen in der Politik erstaunlich weit und halten sich oftmals erstaunlich lange an der Macht.
Es gilt daher zu hinterfragen ob von diesen Personen wirklich weniger Gefahr ausgeht als von der Idee dass wir alle mehr Verantwortung für unser eigenes Leben tragen sollten.