Nein, wir leben nicht im Kapitalismus

Regelmäßig hören wir wie mies der Kapitalismus ist. Oftmals sind aber genau diese Dinge, die Menschen zu Recht beklagen, nicht wirklich Folgen des Kapitalismus. Um das zu verstehen muss man zuerst verstehen, dass wir nicht in einem kapitalistischen System leben und um das zu verstehen muss man verstehen wo wir im Spektrum sind.

Hierzu einigen wir uns zu allererst auf die Grenzen des Spektrums.

Die Extreme liegen hierbei bei „alles ist in der Hand des Kollektivs“ und „Alles ist in der Hand Einzelner“.

Vollständiger Kapitalismus ist dann erreicht, wenn alles in privater Hand ist und jede einzelne Kaufentscheidung von Privatpersonen getroffen wird.

Hingegen wäre vollständiger Kommunismus erreicht, wenn alles in der Hand des Kollektivs wäre jede einzelne Kaufentscheidung vom Kollektiv getroffen wird.

Wir können zuallererst feststellen, dass keiner dieser beiden Dinge zutrifft, also liegen wir wohl dazwischen.

Kapitalismus ist einfacher zu realisieren, weil einfach jeder mit seinem Geld kauft was er haben will. Was das Kollektiv will ist schwieriger herauszufinden, daher finden sich immer Menschen die „für das Kollektiv“ Entscheidungen treffen. In der rezenten Welt bilden diese Menschen die „im Namen des Kollektivs“ Entscheidungen treffen „Staat“. Sie könnten auch anders heißen, aber üblicherweise nennen sie sich eben so.

Wo befinden wir uns also in diesem Spektrum?

Nehmen wir als Beispiel Österreich her.

Die Summe aller Kaufentscheidungen in Österreich beläuft sich auf rund 400 Milliarden Euro.

Wer trifft aber die Kaufentscheidungen? Hierzu müssen wir uns nur das Budget des Staates ansehen. Der Staat gibt etwa 215 Milliarden aus. Daher wissen wir, dass das Kollektiv etwa 54% der Kaufentscheidungen trifft.

Aber wie sieht es mit den Vermögenswerten aus?

Der österreichische Staat verfügt über ein Vermögen („öffentliches Vermögen“ ) von etwa 529 Milliarden. Die Privaten hingegen besitzen 519 Milliarden(„Privatvermögen“ ). Das Kollektiv besitzt daher etwas mehr als die Privaten.

Wir sind also grob in der Mitte, mit einem Hang Richtung Sozialismus.

Wir leben in einem sozialdemokratischen System.

Wir entscheiden, demokratisch legitimiert, was privat besessen werden darf und was nicht. Ob diese Entscheidungen im Sinne des Volkes getroffen werden ist eine andere Debatte.

Vermögen und Kaufentscheidungen sind aber noch nicht die ganze Geschichte. In einem tatsächlich kapitalistischen System könnte das Kollektiv nicht nur nichts kaufen oder besitzen, es dürfte auch niemandem sagen was er mit seinem Eigentum anstellen darf. Es gäbe keine Regulationen, Gesetze oder Dinge wie Patente. Daraus folgt, dass es auch keine Lobbyarbeit gäbe, keine Bankenrettungen, keine Straßen ins Nirgendwo und keine speziellen Bleistifte fürs Militär für 57€ das Stück.

Jetzt gilt es zu prüfen welcher der beiden Teile besser funktioniert und in welche Richtung man will.

Es gilt dabei zu erwähnen, dass selbst durchschnittliche Kommunisten ganz gern wenigstens ihre Zahnbürste besitzen wollen und daher nicht ganz zum Extrem wollen.

Gleichzeitig wollen Kapitalisten üblicherweise nicht ganz auf Elemente des Staates verzichten. Es ist zwar eine Binsenweisheit, aber sie gehört eben hier klar ausgesprochen: Extreme sind oft nicht gut.

Kaum jemand will ganz zum Extrem und die die das wollen haben oftmals keine Ahnung was sie sich da wünschen.

Fakt ist aber, dass viele der Probleme die wir in der Wirtschaft haben nicht aus dem kapitalistischen Element kommen. Regulationen die den Großen helfen, Rettungspakete für die „to big to fail“ Konzerne, absurde Staatsaufträge, Patentrecht, Förderungen, Korruption und eine Finanzaufsicht die lieber Schuster im Waldviertel als Banken unter die Lupe nimmt, all diese Dinge sind nicht Probleme die aus dem Kapitalismus stammen, denn im reinen Kapitalismus gäbe es all diese Dinge eben nicht, weil im Kapitalismus das Kollektiv weder Recht noch Mittel hat.

Ja, es stimmt, die Konzerne missbrauchen Dinge um Geld zu machen aber genau diese Dinge die sie da missbrauchen sind ihrer Natur nach oftmals nicht kapitalistisch. Der Umstand, dass Konzerne keine Steuern zahlen ist etwa kein Problem des Kapitalismus, denn Steuern sind nicht Bestandteil des Kapitalismus.

Die meisten Probleme die wir haben liegen nicht dort wo Menschen mit ihrem Geld Dinge kaufen die sie kaufen wollen. Die erheblichen Probleme liegen fast durch die Bank dort wo Minister, Beamte und dergleichen das Äquivalent von hunderten Lebenseinkünften für Dinge verschleudern die das Volk nicht haben will, aus Gründen die sie keinem nennen müssen.

Das Kernproblem des Sozialismus ist, dass das Kollektiv nicht jede Entscheidung treffen kann und daher irgendwer diese Entscheidungen „für das Kollektiv“ treffen muss und genau diese enorme Macht, die Macht mehr Geld auszugeben als man selber jemals verdienen könnte, führt zu Korruption, Abgehoben- und Überheblichkeit.

Zusammenfassend sei festgehalten, dass wir recht genau zwischen den Extremen stehen und das bedeutet in einem demokratischen System nichts anderes als dass die eine Hälfte der Bevölkerung in die eine Richtung will und die andere Hälft in die andere. Deswegen stehen wir wo wir sind.

Und das ist auch in Ordnung so.

Jeder sollte sich aber die Frage stellen welcher der beiden Elemente mit den Problemen, die wir zweifelsohne haben, besser klarkommt: sollen wir den Ministern mehr Macht geben oder dem Volk?

Wer kanns besser? Du oder der Anführer?

Und ich denke, dass ich lieber die Macht in deinen privaten Händen sehe, anstatt in den Händen eines Führers. Wie siehst du das?

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