Norah Vincent war Journalistin und wurde bekannt durch ihr Projekt in dem sie in etwa ein Jahr „männliche Domänen“ unterwanderte. Sie verkleidete sich entsprechend und untersuchte die Welt der Männer: Bowlingvereine, Gruppentherapie, Stripclubs und dergleichen. Aufmerksam wurde ich auf sie vor ein paar Jahren durch ihr Interview bei ABC wo sie ihre Schlussfolgerungen schilderte und obgleich ich ihr nicht vollständig zustimme, gab es vor allem einen ganz guten Einblick über die Vorurteile die Frauen gegenüber diesen „männlichen Domänen“ haben und vor allem ihre Erkenntnis, dass besagte Vorurteile nicht stimmen.
Das ist ihr hoch anzurechnen: wenn die Findings praktisch genau das Gegenteil von dem zeigen was man erwartet hätte, zu diesen zu stehen und sich damit massiver Kritik der „eigenen Seite“ einzuhandeln zeugt von Charakter und genau das machte Norah für mich immer zu einer Person die ich respektieren konnte. Ihre Schlussfolgerund in „a self made man“ war, dass sie nach dieser Erfahrung es noch mehr schätzt eine Frau zu sein, weil sie "jetzt all die Privilegien sieht die Frauen haben“ steht zwar im Einklang des linken Mantras wonach man für die Privilegien die man selber hat blind ist, steht aber im krassen Gegensatz zur feministischen Idee, dass es die Männer sind die ein so viel einfacheres Leben hätten, einer Ansicht der Norah nach ihren Erfahrungen widersprach. Eine Erfahrung die viele Frau-Mann Transsexuelle teilen, bei denen das aber als jammern abgetan wird. Norah, als Frau, konnte hier sehr viel mehr Nachdruck verleihen. Was sie auch tat.
Im Sommer diesen Jahres nahm sie sich im Alter von 53 das Leben.
Die Welt verlor damit einen neugierigen Geist der bereit war sich weit aus ihrer eigenen Konfortzone zu wagen, ihre Meinung an ihre Erfahrungen anzupassen und dann zu diesen Meinungen, auch wenn sie nicht zum Zeitgeist passten, zu äußern.
Warum sie starb ist unbekannt, die Thematiken die sie in den vergangenen Jahren analysierte wurden aber zunehmend gefährlicher. Für ihr Buch „volentary madness“ lies sie sich in eine Psychiatrie einweisen und beschrieb die Tragödien dort. Bei ihrer Arbeit am Buch „Adeline“ dürfte sie aber eine Obsession für Virginia Woolf entwickelt haben und folgte scheinbar ihrem Beispiel in den Freitod.
Norah hinterlässt für die Nachwelt eine Dokumentation von Vorurteilen gegenüber Männer sowie deren sorgfältige Analyse und liefert der Hand voll Frauen die wirklich an der Welt der Männer interessiert sind zumindest einen Ansatzpunkt um diese, im Grunde sehr einfach zu verstehende Welt, funktioniert und dass viele der komplexen Verschwörungen die Frauen im Hintergrund vermuten, eben nicht existieren.
Ihre Analyse ist, wie schon erwähnt, nicht ohne Fehler und Missverständnisse. Ihr großer Verdienst war es aber eine Brücke zu bauen, obwohl sie vor hatte einen Graben zu ziehen.
Wie viele Menschen finden in sich die Stärke so etwas zu tun?
Wir alle, Männer und Frauen, verlieren eine Brückenbauerin, eine Person die versuchte die Welt zu verstehen und ihr Verständnis zu teilen und dabei weiter ging als es die meisten jemals wagen würden. Eventuell zu weit für ihr eigenes Wohl.
Ruhe in Frieden, Norah.
wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Norah_Vincent