Das Aufräumen der Freundesliste ist ein beliebtes Spiel in den sozialen Medien. Man trennt sich von Menschen die „nicht gut für einen sind“. Wer das ist findet man selber raus, häufiger aber wird es einem vom Mob gesagt.
Das ist nichts Neues und sicher nicht etwas, das die sozialen Medien benötigte. Die Praxis des Exils ist so alt wie die Zivilisation. Die Idee ist es, Menschen in die Wildnis zu schicken, wo sie von Säbelzahneichhörnchen gefressen werden oder aber einzulenken, die Meinung der Gruppe anzunehmen und Konformität wenigstens zu heucheln. Im Idealfall ist immer nur eine Person im Exil.
Diese Taktik funktioniert solange ausgezeichnet bis die Anzahl der Exilanten überkritisch wird und sie fähig sind eine eigene Zivilisation zu bilden, die dann natürlich im Wettbewerb mit der Mutterzivilisation steht. Ein modernes Beispiel ist die USA. Im Wesentlichen haben wir Europäer eine Gruppe religiöser Fanatiker so lange gemobbt bis sie sich einen Flecken Erde gesucht haben an dem sie eine neue Zivilisation gründeten.
Wie sich herausstellte ist der calvinistische Zugang des Christentums recht erfolgreich im Schaffen weltlicher Werte. Der Rest ist Geschichte, die Nachkommen dieser Exilanten beherrschen die Welt und Europa spielt den Juniorpartner.
Im politischen Diskurs war es nun seit einigen Jahrzehnten einfach Menschen ins Exil zu schicken. Man gibt ihnen einfach Namen von Gruppen die historisch negativ besetzt sind. Auf Platz Nummer1 der Hitliste steht natürlich der „Nazi“. Jemanden als Nazi zu beschimpfen funktioniert, wohlgemerkt nur bei Menschen die selber Nazi Gedankengut ablehnen. Dem echten Nazi ist es egal. Der hat sein entsprechendes Netzwerk sowieso und pfeift auf den Mainstream.
Das Alles klappte gut, bis das Internet aufkam. Plötzlich war es für die Exilanten möglich sich extrem einfach zu finden und eine Gegenkultur zu gründen. Die Gruppe der fälschlich bezeichneten Nazis wuchs und sie versuchte dem Mainstream nicht wieder beizutreten. Der Mainstream, der stets überheblich ist, änderte an der Taktik nichts. Im Gegenteil, er intensivierte sie („Du bist ein Nazi wenn du Nazis sagst dass sie Deppen sind! Weil dann redest du mit Nazis! Du Nazi!“).
Irgendwann erreichte das Ausmaß der Exilgemeinde aber auch hier überkritische Größen. Resultate wie Trump waren die Folge. Es ist nicht so dass jeder Trump Anhänger Mr. Orange mag es ist vielmehr so dass damit „nicht Ihr!“ kommuniziert wird. Der paradigmatische Wechsel ist nichts anders als dass das Exil so groß geworden ist dass es der neue Mainstream wird. Schuld daran hat die Exilkultur des alten Mainstreams.
Wenn man Menschen ändern möchte ist Exil ein bequemer Weg. Das Risiko dieses Weges und vor allem seine Konsequenzen sind erheblich bis Existenzbedrohend für den herrschenden Mainstream.
Die offene Debatte ist klüger. Sich seine Freunde nah zu halten ist einfach, sich seine Feinde näher zu halten ist aber wichtiger. Möchte der Mainstream überlegen muss er dringend damit beginnen Exilanten zurückzugewinnen, nicht aber den verbleibenden Mainstream weiter zu bereinigen.
Ist das jetzt überhaupt noch möglich oder ist das 68iger Establishment nicht mehr der stetig schrumpfende Mainstream sondern viel mehr die stetig schrumpfende, wenn auch laute und mächtige, Minderheit?