Der Schelm denkt wie er ist“ ist eine vereinfachte Darstellung von dem was wir heute als „Projektion“ kennen. Die eigentliche Projektion ist, laut Lehrmeinung, primär ein psychologischer Abwehreffekt. Man sieht Verhaltensmuster die man an sich selber nicht mag in anderen und akzeptiert dann diese Dinge als etwas das sich nunmal nicht ändern lässt, als etwas das eben „eh alle tun“.

Wenn man selber faul ist und die Idee aufkommt dass man daran etwas ändern könnte erinnert uns unser Unterbewusstsein daran dass die Arbeitskollegen noch viel fauler sind als man selber und es absolut keinen Grund gibt etwas zu ändern. Ob das nun stimmt oder nur Einbildung ist steht dabei im Raum.

Diese Form der Projektion ist die häufigste und auch die deutlich ungefährlichste Variante, führt sie ja nur zu einer gewissen Trägheit im System, zu einer geringen Bereitschaft des Einzelnen anders zu sein als alle anderen rund um einen.

Gefährlicher ist die sogenannte Übertragung, welche eine Sonderform der Projektion darstellt. In der Übertragung werden eigene Wesenszüge, vor allem jene die man selber im Grunde ablehnt, auf andere Menschen übertragen.

Man sieht etwa die eigene Faulheit und schließt daraus dass alle anderen Menschen auch faul sein müssten und behandelt Menschen dann entsprechend. Der Fleißigste etwa wird auch kritisch betrachtet und ihm unterstellt dass er noch mehr tun könne, selbst wenn das objektiv nicht mehr wirklich möglich ist. Die Faulsten unterstellen am schnellsten Faulheit, die Lügner halten alle für Lügner und die wahrhaftig Guten halten alle für gut während die tatsächlich Bösen in allen das Böse sehen.

Wirklich prekär wird die Situation aber wenn sich die Übertragung mit der Arroganz paart. Wenn jemand eine negative Charaktereigenschaft in sich sieht, sich selber aber als besonders klug, gebildet oder erleuchtet einschätzt liegt die Schlussfolgerung „Wenn selbst ich diese negative Charaktereigenschaft habe, dann müssen Menschen die weniger klug/gebildet/erleuchtet sind noch schlechter sein als ich“

Es ist nun eine Tatsache dass der gesunde Mensch sich überschätzt. Eine akkurate Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Bedeutung in der Welt führt in vielen Menschen zu Depressionen. Wir glauben also dass wir besser und bedeutsamer als wir eben tatsächlich sind. Und das dürfte sogar gesund und gut sein. Das Problem ist aber eben dass wir vielen Personen auf die wir herabblicken, wenigstens in Teilbereichen, unterlegen sind. Diese Erkenntnis bezeichnen wir als „Demut“. Und diese fehlt in den meisten Menschen.

Die meisten Menschen sehen was sie an sich hassen in anderen und vermuten, weil sie sich ja als „besser als den Rest“ sehen dass diese Dinge in anderen Menschen noch stärker ausgeprägt sind als in ihnen selbst und der Umstand dass man diese Dinge nicht sehen kann läge nur daran dass andere diese Charakterschwächen, genau wie man selber, gut verstecken.

Aus genau dieser Überlegung entstehen Konzepte wie Intersektionalität die postuliert dass wir ständig sexistisch, rassistisch und allesmöglicheandereistisch reagieren und diese Dinge nur gut versteckt sind weil Menschen sich dafür schämen. Trotzdem wäre es immer da und das sei auch nicht wirklich zu überwinden.

Debatten mit solchen Personen enttarnen recht rasch dass sie selber basierend auf solchen Ideen ihre Entscheidungen treffen. Der typische Baizuo etwa wird zwar niemals offen behaupten dass er „seine Rasse“ als überlegen betrachtet, impliziert das aber in allen seinen Lösungsvorschlägen oder Problembeschreibungen indem er immer auf den Standpunkt zurückfallen muss dass „die seinigen“ Dinge können die andere nicht konnten und sei das „die Welt zu erobern“.

Vor allem im geisteswissenschaftlichen Umfeld muss man nicht einmal lange bohren bis man auf „wenn sogar die Gebildeten (Code für: „ich“) so denken, dann muss das Fußvolk ja schlimmer sein und muss umerzogen werden (so wie ich umerzogen/gerettet/aufgeweckt wurde)“

Die Wahrheit ist aber eben dass Menschen nicht so sind wie wir.

Wir teilen mit Sicherheit viele Ansichten, etwa dass in Lava schwimmen keine gute Idee ist, aber in unseren Weltbildern driften wir weit auseinander. Für den einen ist der Gedanke dass im Himmel ein Gott sitzt tröstend und für Personen wie mich stellt das eine Horrorvorstellung dar.

Für den Gläubigen ist klar dass jeder Gott in seinem Herzen finden kann, für den Ungläubigen hingegen ist es klar dass jeder sich von diesem Wahn lösen könnte.

Des einen Himmel ist des anderen Hölle.

Entsprechend divergieren unsere Weltwilder und mit unseren Weltbildern auch unsere Einschätzungen, Ängste und Ziele. Zu glauben dass die ganze Welt unsere Schwächen teilt ist genauso falsch wie zu glauben dass jeder tun kann was wir tun können.

Wir sind eben nicht gleich und wir sehen die Welt nicht alle auf die gleiche Weise. Wenn wir die Welt zu einem besseren Ort machen wollen dann gilt es zuerst unsere eigenen Charakterschwächen durch Stärken zu ersetzen und auch zu akzeptieren dass andere Menschen, aufgrund ihrer Lebensumstände, gelebten Erfahrungen und Eigenheiten, Dinge die wir in ihnen als Schwäche sehen als Stärke verstehen und daher keinen Grund haben diese Eigenschaft zu ändern.

Es gilt daher in so einer Welt voller widersprüchlicher Weltsicht zu bestehen und andere möglichst wenig zu lädieren. Der Schlüssel dazu ist in sich zu gehen und zu akzeptieren dass unsere dunkle Seite nicht die dunkle Seite der Menschheit ist sondern eben nur unsere eigene.

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Matt Elger

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