Tim Pool, ein Mitte linker freier US-amerikanischer Journalist, bat vor kurzem seine Zuseher einen politischen Kompasstest zu machen. Wer den Test nicht kennt: der politische Kompass zeigt dem Getesteten, wo er in einer spezifischen politischen Landschaft liegt. Diese Landschaft liegt zwischen vier Polen (was für den typischen Radikalen "links" oder "rechts" schon deutlich zu komplex ist. Radikale denken lieber in "gut vs böse" )
Die vier Pole bilden zwei Spektren. Das eine Spektrum befasst sich mit Besitz, das andere mit der Gesellschaft.
Im wirtschaftlichen Spektrum sind die Pole <Kollektivismus> und <Individualismus>. Der radikale Kollektivist will, dass alles Allen gehört ("Verstaatlichung / Steuern" ). Der Individualist will alles in der Hand von einzelnen Privatmenschen ("freier Markt / Liberalismus" ). Jemand der eine vernünftige Balance zwischen Privatbesitz und Allgemeingut haben möchte ist in der Mitte.
Zum anderen geht es um soziale Verantwortung. Hier befindet sich das Spektrum zwischen Autorität und Individualismus. Der Autoritäre will Regeln für Alles und strikte Strafen für Abweichler. Der Individualist hält sich an das Nichtagressionsprinzip: jede Handlung ist zulässig, sofern niemand dazu gezwungen wird. Jede Einschränkung von Meinung und Sprache ist autoritär. Je mehr man Menschen sagen möchte, was sie tun und lassen können, desto eher ist man ein Autoritärer. Ja: das Verbotsgesetz ist nach dieser Definition autoritär, so ironisch das auch klingt.
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Der Test ist rasch gemacht und das Ergebnis war für viele Teilnehmer schockierend: Vorwiegend junge Menschen, die sich selber als konservativ einschätzen, erhielten ein Mitte linkes Resultat.
Wie kann das sein?
Im Wesentlichen ist eingetroffen, was viele in der Mitte schon seit Jahrzehnten vorhergesagt haben: die Linke ist so weit ins linksautoritäre Spektrum gerutscht, dass die Mitte nun als konservativ gilt, zum Leidwesen der Mitte und sehr zur Freude der Konservativen.
Der libertäre Ansatz, dass meine schwulen Freunde ihr Marihuana mit Waffen verteidigen dürfen sollten, gilt jetzt als konservativ, ebenso wie die Aussage „was interessiert mich deine Rasse oder wen du gern vögelst?“
Als Zentrist ein „pöser Räächter“ genannt zu werden, ist nun schon seit Jahren gelebte Normalität. Man möge man das nicht falsch verstehen, weder Linke noch Rechte mögen Zentristen (und wir sie nicht). Galten in den 90igern die Linken noch als geringeres Übel, hat sich diese Ansicht nun nachhaltig geändert.
War die Grüne Bewegung etwa noch vor 30 Jahren ein Aushängeschild des Individualismus' (und damit ein Liebkind der Zentristen) ist sie nun ein Bollwerk der Autoritären. Der individualistisch linke Flügel wurde systematisch von Autoritären unterwandert, die Konservativen besetzten, zögerlich aber doch, nun diesen frei gewordenen Platz.
Wenn die Linke nicht bald zurück in die Mitte rutscht (und das bedeutet einen Rechtsruck zu vollziehen und die radikale Linke ins gleiche Exil zu verbannen, in der die radikale Rechte sitzt) wird die Mitte sich zunehmend mit Rechts identifizieren.
Das Resultat ist dann eine rechte Normalität in der „links“ das Schimpfwort ist, wie es "rechts" bis vor kurzem noch für den Mainstream war.