Immer wieder hört man davon, der Kapitalismus sei am Ende. Spätestens seit Ernest Mandel muss der Begriff für praktisch alles das auf der Welt schief läuft herhalten. Was genau ist aber dieser Spätkapitalismus? Sehr grob umfasst beschreibt es eine Phase in der es „nur noch um Gewinn geht“ und der Kapitalismus damit an die Wand fährt weil er am Menschen vorbeiarbeitet. Wie so oft beginnt die Theorie mit einem Körnchen Wahrheit und endet in einem Meer aus Unsinn.
Die Theorie selber zeigt wie wenig der Marxist von Wirtschaft versteht. Im Kapitalismus geht es immer um Gewinn, denn ein Geschäft das Verlust macht, egal wie leidenschaftlich es betreiben wird, wird nicht bestehen weil es eben sein eigenes Gewicht nicht halten kann.
Ein wunderbares Beispiel ist die Evolution des Limonade Standes.
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In der Frühphase gründet jemand einen kleinen Limonadestand. Im Wesentlichen weil er von seinem Produkt überzeugt ist und denkt dass andere Menschen seine Limonade auch mögen würden. Hier spielt noch recht viel Idealismus rein und Gewinn ist nicht wirklich sonderlich bedeutsam. Endet die Saison mit Verlusten wird der Betreiber den Stand wohl nicht nochmal aufbauen, aber im Falle von Gewinn tritt er die nächste Saison an.
Im nächsten Schritt kann organisches Wachstum beobachtet werden. Das Gerücht über die Qualität der Limonade macht die Runde und mehr Kunden trudeln ein. Das Geschäft wächst.
Bald übersteigt die Nachfrage das Angebot und der Laden expandiert, Menschen werden eingestellt, der Laden wird zum Geschäft und der Gründer wird zu Chef und Manager, der eigentliche Betrieb rückt in seiner Bedeutung zurück.
Im wiederrum nächsten Schritt verebbt das organische Wachstum weil eben die Werbung durch Geplaudere an ein natürliches Limit kommt. Hier kommt dann künstliche Werbung ins Spiel. Zusätzlich ist das der Punkt an dem Innovation zu einem wesentlichen Thema wird. Die ursprüngliche Limonade reicht nicht, man braucht nun fünf unterschiedliche Geschmacksrichtungen die in den 10 Niederlassungen verkauft werden.
Nach weiteren 10 Niederlassungen etabliert sich ein Management das mit dem Produkt kaum mehr etwas am Hut hat. Was zählt sind Verkaufszahlen. Hier kommen wir in die Region die Menschen wie Mandel kritisierten. Der stets wachsende Konzern beginnt den Kunden als etwas zu sehen das ausgebeutet werden muss, als eine Ressource die erschlossen werden kann.
Hier beginnen dann Projekte wie das beimengen von Nikotin in die Limonade um die Menschen süchtig zu machen. Das Marketing wird aggressiver, Kundenwünsche werden ignoriert und es kommt zu einer Entfremdung zwischen Firma und Kundschaft, aber hauptsache die Wachstumszahlen stimmen und der Aktionär ist zufrieden.
Hier fährt dann der Konzern langsam aber stetig gegen die Wand. Was der Marxist nicht versteht ist, dass genau in dieser Situation irgendwo hundert neue Limonadestände das erste Mal eröffnet werden und die Kunden die Limonade wechseln.
Firmen folgen einem Lebenszyklus. Kaum eine Firma überdauert ihren Erfolg. Nur Firmen die sich standhaft weigern die Tansformation von der kleinen Firma zum Konzern zu vollziehen, überdauern die Zeit und mit etwas Glück.
Der Kapitalismus ist, im Gegensatz zur Planwirtschaft, kein monolithischer Block. Er ist ein Flickwerk aus jungen und alten Firmen. Alte sterben, junge streben auf, oder auch nicht.
Das Problem der sozialen Marktwirtschaft ist der Drang des Staates bedeutende Firmen vor ihrem Ende zu bewahren. Weder GM noch Siemens würden noch in ihrer aktuellen Form existieren, würde der Staat nicht ständig eingreifen. Auf Kosten der kleinen Bastelbuden mit besserer Kundenbindung und besseren Produkten die eben einen Wettbewerbsnachteil haben weil man sie nicht ständig rettet.
Damit fördert der Staat eben genau die Problemkinder des Kapitalismus, Probleme die der Markt längst zu Fall gebracht hätte und durch kleine Firmen die im Kunden einen Partner sehen, keine Ressource, würden sich aus der Asche der Giganten erheben. Dort gibt’s aber keine gemütlichen Versorgungsposten für Altpolitiker. So: who cares?
Die Wirtschaft wird von Klein und Mittelbetrieben getragen, der "Konzern" würde ohne all den Goodies, die der Staat ihm ständig zuwirft, nicht so mächtigen werden wie stets behauptet. Nicht weil irgendwer was dagegen tun würde, sondern weil Konzerne über ihre eigenen Füße stolpern und fallen. Der Megakonzern ist Realität eben weil der Staat ihnen hilft, nicht etwas das trotz dem Staat existiert.
Der echte Kapitalismus ist also ständig in einer Jung- und Altphase. Ständig sterben Firmen, ständig kommen Neue dazu, Erfolg und Scheitern passiert zeitgleich, aber nur der Erfolg schafft es in die nächste Runde.
Wir leben nicht im Spätkapitalismus. Den Spätkapitalismus gibt es nicht. Wir leben in einer Zeit in der Megakonzerne durch die Infusion von Steuergeldern weit über ihr natürliches Potential hinaus wachsen und dabei die kleinen, kundenorientierten Firmen, erdrücken.
Das Resultat ist ein Zustand den Mandel kritisierte, ausgelöst durch Methoden die seinesgleichen befürworten.
Welch eine Ironie.