Trumps Zölle sind eine Rückkehr zur Normalität

Was passiert, wenn man in einer abnormalen Zeit und Gesellschaft lebt und sich plötzlich wieder Normalität einstellt? Ich befürchte wir erleben gerade die Antwort.

Vorweggeschickt, als einer der gut 450 verbliebenen Anhänger des freien Marktes in Mitteleuropa, sind Zölle natürlich ein rotes Tuch für mich. Ich werde sie nicht verteidigen, aber ich möchte helfen zu verstehen, warum es sie gibt.

Auf Trumps Politik gibt es zwei Reaktionen: die einen sagen er ist irre, die anderen sagen seine Politik ist wie ein David Lynch Film: Bei erster Betrachtung schaut man verwirrt, beim zweiten Mal bekommt man Kopfschmerzen und nach gut 10 Jahren und drei weiteren Sessions ergibt die Sache langsam Sinn. Der Grund dafür ist bei beiden gleich: sie wollen nicht transparent sein und lieben es ihr Gegenüber zu verwirren. Trump macht das weil das seine Verhandlungsposition stärkt, und Lynch macht das weil er ein sadis … ich meine, weil er ein Maler ist, der gerne seine Zuseher herausfordert.

Als Nächstes muss man sich klar machen, dass „Normalität“ kein monolithischer Begriff ist. Was „normal ist“, ist alle 100km und alle 20 Jahre was völlig anderes. Zölle sind seit 2 - 4 Generationen etwas das tendenziell reduziert wurde und damit ist das Abbauen für Handelsschranken für uns „normal“. Globalisierung ist für uns normal. Eine Supermacht ist für uns normal und es ist für uns normal, dass diese Supermacht Weltpolizist spielt und die internationale Schifffahrt schützt.

Nichts davon ist historisch normal.

Es gab immer mehrere Großmächte und keine hat jemals die Schiffe der anderen geschützt. Vor 200 Jahren sah ein Handelsschiff aus wie ein Kriegsschiff, weil es sich selber verteidigen musste. Nationen gaben Piraten ihrerseits Kriegsschiffe, um die Schiffe der anderen zu bekämpfen. Das wäre, wie wenn die USA Piraten nicht nur alle versenken würde, sondern ihnen alte Kriegschiffe geben würde und sagt „Lasst unsere Schiffe in Ruhe, klaut alle anderen und wenn ihr Ersatzteile wollt, bekommt ihr sie bei uns günstig“ Würden sie das tun, würden sie sich historisch normal verhalten, denn genau das war im Grunde immer normal, man finanzierte „unabhängige“ Problemmacher wenn man gerade keine Lust auf echten Krieg hatte.

Aber warum taten die USA was sie taten? Warum förderten sie den internationalen Handel?

Weil es eine Waffe gegen den Kommunismus war.

Europa zu gestatten ihre Waren in den USA zu verkaufen stärkte die Kräfte des freien Marktes. Menschen wollten lieber reich als gleich sein. Das Problem ist aber, dass vor allem China einen Modus gefunden hat diese Waffe umzudrehen. Wenn man die eigene Industrie benutzt, indem man strategische Produkte subventioniert, kann man viel billiger sein und die Industrie der anderen zerstören. Das zahlt man mit Lebensqualität der eigenen Bürger, das Resultat ist aber, dass man alle Industrie in den freieren Märkten zerstört.

Und das war das Ziel. Und es funktionierte.

Sprich die Nachkriegsweltordnung war designend, um Amerika und seinem System Vorteile zu verschaffen. Einer dieser Effekte ist, dass es uns reich gemacht hat, und wir haben uns an diesen Reichtum gewöhnt. Die Wahrheit ist aber eben, dass diese Politik auch den Amerikanern etwas gekostet hat und auch sie das mit dem Wohlstand ihrer Bürger finanziert haben und jetzt hat Amerika das Gefühl, dass diese Ordnung ihnen nicht nur nichts mehr bringt, sondern für sie Probleme schafft.

Sprich sie finanzieren ein System das ihnen gut 3 Generationen lang Nutzen gebracht hat und jetzt seit gut einer Generation weniger nutzt und stattdessen massiv schadet und dieser Schaden ist in erster Linie nicht wirtschaftlich per se sondern geostrategisch.

Die Welt wird multipolarer.

Europa zum Beispiel hat wieder Ambitionen eine Großmacht zu sein und aus seinem Vasalen Verhältnis mit den USA zu brechen. Das ist legitim. Wenn man sich aber selbstständig macht, fällt das subventionierte Essen in der Konzernkantine weg.

Das ist nicht unfair, das ist eine Konsequenz der eigenen Emanzipation.

Das Wegfallen der Zölle ist ein Indiz, dass die USA sich von der alten Ordnung verabschiedet und die Globalisierung stirbt. Welche Blöcke werden sich herausbilden? Keine Ahnung. Ich denke nur, dass die Grenzen, die wir kennen sich ändern werden, Taiwan, Ukraine und Grönland sind unterschiedliche Herangehensweise des gleichen Problems und sie sind erst der Anfang von dem was noch kommen wird.

Was wir sehen, ist das Ende einer Weltordnung und damit eine Rückkehr zu einer multipolaren Welt, einer Welt der Blöcke, die an den Grenzen ihrer Einflusssphären miteinander kämpfen. Die Atombombe wird auch weiterhin verhindern, dass dieser Kampf zu heiß wird, aber an den Rändern wird gekämpft werden. Kinetisch, ideologisch, kulturell und wirtschaftlich.

Die Zölle kommen nicht weil Trump an der Macht ist, Trump ist an der Macht, weil das kollektive Bewusstsein der Amerikaner ein System, das ihnen mehr schadet als nutzt, nicht mehr finanzieren wollen.

Wird ihnen das schaden? Natürlich. Je freier der Markt ist, desto reicher werden wir alle und Zölle machen dem Markt weniger frei. Aber das ist nicht die Frage. Die Frage ist ob die strategischen Gewinne die wirtschaftlichen Verluste die Sache wert machen oder noch einfacher gesagt: ob es den anderen Blöcken mehr weh tun wird als ihnen und ich bin geneigt das anzunehmen, insbesondere wenn sie es schaffen ihren eigenen Markt wieder zu deregulieren und zu einem System zurückzukehren die sie so dominant gemacht hat.

Der Umstand, dass die ganze Welt Gift und Galle spuckt und sagt, dass das gemein und fies und fürchterlich ist, gibt ein gutes Indiz, dass der Schuss gesessen hat.

Finde ich das gut? Nochmal: Nicht wirklich.

International wird es den freien Markt schwächen, insbesondere Europa wird noch stärker regulieren, zentralisieren, planen und uns damit alle ärmer machen. Europa wird sich vom freien Markt entfernen, aber wir hatten eben scheinbar nur annähernd einen weil die Amerikaner ihn uns subventioniert haben. Traurig, aber auch das ist wie es ist.

Aber ich verstehe warum die USA tut was sie tut, oder denke es jedenfalls. Ist ja erst der erste Durchlauf des Lynch Films und warum die Gartenzwerge an der Decke Karten spielen habe ich noch nicht verstanden, aber ich denke auch die absurdesten Dinge die gerade passieren folgen einem Plan.

Die Zölle aber sind erschreckend einfach zu verstehen: wir bewegen uns wieder auf eine Weltordnung zu die historisch normal ist und dieser Normalität werden viele andere Dinge folgen die uns sehnsüchtig auf die Pax americana zurückblicken wird lassen, denn die Normalität der letzten gut 80 Jahre war, historisch gesehen, eine, für uns alle auf der Welt, sehr angenehme Zeit.

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