In grauer Vorzeit lasen wir in der Schule eine Klassenlektüre über die systematische Umerziehung von indigenen Völkern in Amerika. Damals nannte man sie noch Indianer. Im Wesentlichen drehte sich die Geschichte um einen Jungen der von seinem Stamm weggerissen wurde und mit hunderten Anderen in Zügen in Umerziehungslagern geschickt wurde. Dort nahm man ihn seinen Namen und ersetze ihn durch einen zivilisierten Namen. Man lernte ihnen die Sprache des zivilisierten weißen Mannes und versuchte ihre schmutzigen heidnischen Gebräche durch sauberes Christentum zu ersetzen.

Das Buch war so geschrieben dass wenig Interpretationsspielraum da war. Wie auch? Die ganze Sache stank, egal wie man sie betrachtet.

Noch heute denke ich dass systematisch Umerziehung von Menschenmassen unsere Welt ärmer macht und ein Unrecht darstellt.

Jede Gruppe hat das Recht so zu leben wie sie will, solange sie andere Gruppen damit nicht übermäßig schädigt. Wenn das bedeutet primitiv zu leben, sei es eben so. Diese Menschen haben ein Recht auf ihr Land und sie haben ein Recht darauf nicht jeden auf dieses Land zu lassen.

Dieses Recht kommt aber mit Konsequenzen. Die Annahme dass die Zivilisation Medikamente schicken müsse die diese Völker selber nicht herstellen können folgt derselben Logik wie die Logik dass es den Leuten gut tun würde wenn sie aufhören würden an ihren Waldgott zu glauben. Es ist Bevormundung mit guter Absicht.

Es ist damit die „Bürde des weißen Mannes“ neu verpackt.

Interessant war aber eine Debatte die ich mit einer Freundin kürzlich hatte. Natürlich stimmte sie völlig darin überein dass die Urvölker ein Recht darauf hätten in Ruhe gelassen zu werden, dann aber fiel das Gespräch auf die Hinterwäldler. Die Hinterwäldler sind eine Gruppe die relativ primitiv leben, oftmals aus freien Stücken. Als klassisches Beispiel seien die Amish in den Raum geworfen. Diese Menschen müsste man aber sehr wohl von ihren rückständigen Ansichten befreien, schließlich ist es schon lächerlich dass sie 2019 noch in Kutschen herumfahren.

Warum ist es also ok Witze über Amish zu machen und ihre Umerziehung zu fordern, beim Indianer ist der Spaß aber sofort politisch nicht korrekt und damit eine Fahrkarte ins Gulag?

Die Antwort ist sanfter Rassismus, die Bigotterie der geringen Erwartungen. Die Idee folgt der Ideologie dass die Herrenrasse eine Verantwortung gegenüber den Untermenschen hätte, da diese ja, sich selbst überlassen, menschenunwürdig dahin vegetieren würden. Diese Völker auf unseren Stand zu heben wird gelegentlich versucht, oft aber weg gewunken, schließlich haben die „Primitiven“ ja ein Recht darauf primitiv zu leben. Sie haben aber gleichzeitig ein Recht auf moderne Medizin und Autos. Elektroautos, bevorzugter Weise die dann der Zivilisierte zur Verfügung zu stellen hat, da ja Elektroautos ein Menschenrecht darstellen.

Die Schizophrenie des Arguments wird einem relativ rasch bewusst. Um die pure Absurdität zu verstehen braucht es in Wirklichkeit nicht viel mehr.

Wer denkt dass Hautfarbe definiert wie jemand zu leben hat: zivilisiert oder primitiv, ist ein Rassist.

Wer denkt dass die Zivilisation die Urvölker umerziehen muss ist ein Chauvinist.

Wer von Verantwortung gegenüber der nicht entwickelten Welt spricht argumentiert aus dem gleichen Lager wie der Rassist und der Chauvinist, egal ob einem das gefällt oder nicht.

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Petra vom Frankenwald

Petra vom Frankenwald bewertete diesen Eintrag 02.04.2019 05:48:55

Margaretha G

Margaretha G bewertete diesen Eintrag 02.04.2019 01:49:17

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