Im Fahrwasser der Impfverschwörungstheorien kommt wieder etwas hoch das sonst auf latent kleiner Flamme köchelt: die Frage wie man etwas gegen Überbevölkerung tut und welche düsteren Gestalten gerade in ihren unterirdischen Bunkern geheime Pläne schmieden die Bevölkerung zu reduzieren.

Diese Frage beginnt aber bei einer fundamentaleren (und langweiligeren, dafür aber wichtigeren) Frage die da lautet: ab wann sind wir überhaupt überbevölkert?

Die Grenzen der Überbevölkerung gegen gigantisch auseinander. Klassisch definieren wir Überbevölkerung als den Punkt wo die Tragfähigkeit der Natur überschritten ist.

Nach dieser Definition sind wir aber seit Jahrtausenden in diesem Bereich. Die Tragfähigkeit der Natur bedeutet, dass wir Samen von Gräsern, Beeren von Büschen und Karnickel aus dem Wald leben. Es bedeutet nicht Felder anzulegen. Wenn man Felder anlegt erhöht man die Tragfähigkeit des Systems. Künstlich, wohlgemerkt. Baut man die Felder in Hochhäusern ein und regelt die Beleuchtung künstlich, vermillionenfacht man die natürliche Tragfähigkeit.

Wie viele Menschen verträgt also die Welt? Eine Million? Eine Milliarde? Zehn Milliarden? Hundert? Für jede der Zahlen gibt es eine Argumentation. Immer wieder taucht aber die Zahl 500 Millionen auf. Warum ist nicht ganz klar, sie ist aber sehr nahe an der natürlichen Tragfähigkeit.

Das Problem an so einer relativ kleinen Zahl ist, dass diese mit einer anderen Tragfähigkeit zusammenprallt: der der Zivilisation.

Um eine Zivilisation am laufen zu halten braucht man etwa Kraftwerke. Um die Kraftwerke am laufen zu halten braucht man Computer und Elektronik und um dieses Zeug zu bekommen braucht man Rohstoffe die aus dem Berg gebaggert werden. Für jeden Softwareingenieur der an einem Programm schreibt brauchen wir hunderte Menschen die „niedrigere“ Arbeit leisten damit er überhaupt seine Arbeit tun kann. Die „hochwertige“ Arbeit baut auf „niederwertiger“ auf.

500 Millionen Menschen bedeutet, dass eine hochtechnologische Gesellschaft eher nicht machbar ist, es sei denn wir schaffen es vorher den Großteil der „niederen Arbeiten“ vollständig zu automatisieren, wozu wir aber eine Art von künstlicher Intelligenz benötigen die dann in letzter Konsequenz auch die höherwertige Arbeit erledigen könnte. Hat man aber so eine künstliche Intelligenz und vollständige Automatisierung, ist das hundert stöckige Feld wieder sehr realistisch und die Tragfähigkeit des Systems schießt in gigantische Höhen.

Die Version mit 500 Millionen ist damit mit der Idee einer technologischen Welt nicht logisch kompatibel. Wir sprechen hier eher von einer Welt die im Idealfall aussieht wie Europa vor der Industriellen Revolution. Und hier kommt dann die Ironie ins Spiel.

Die Idee, dass eine kleine Elite die restliche Menschheit auslöscht ist literarisch so oft verarbeitet worden, dass sie zum Klischee geworden ist. Nehmen wir aber so einen James Bond Bösewicht her und überlegen uns was passieren würde, wenn dieser die „klügsten und Besten“ der Welt versammeln würde und dann den Rest umbringen würde. Die Antwort ist, dass diese Besten und Klügsten dann im Dreck wühlen müssten, denn wer pflanzt sonst ihr Essen an?

Genau daran scheitern alle Geschichten in denen die Elite die Masse abmurkst: würden sie es tun, wären 95% der Überlebenden plötzlich die neue Unterschicht mit einem absurd reduzierten Lebensstandard. Das kann nicht sonderlich attraktiv wirken. Auch nicht für die Echsenhohlweltalienilluminaten.

Der Beste Weg etwas gegen die Überbevölkerung zu tun ist also was wir schon seit Anbeginn der Zeit tun: die Tragfähigkeit des Systems zu erhöhen. Die Alternative wäre zurück in die Steinzeit zu gehen um mit 40 an Karies zu sterben.

Und wer will das schon?