Wir definieren die Grenze zwischen Erwachsenen und Kindern über das Alter. Das ist ein absurdes Konzept und jeder weiß das. 16 Jährige können reifer sein als 40igjährige. Aber was ist dann der Maßstab? Ich war lange ein Anhänger der Idee dass man erwachsen ist wenn man beginnt Verantwortung über eine Person zu übernehmen die das nicht selber kann. In 9 von 10 Fällen bedeutet das ein Elternteil zu werden und sich um das Kind zu kümmern, „Verantwortung zu übernehmen“ eben.
Aber eventuell ist diese Sicht zu spezifisch. Ein allgemeinerer Zugang ist die Idee, dass Verantwortungen in Schichten kommt.
Das Beispiel um den Gedanken zu illustrieren wäre ein Hausbrand. Als Hausbesitzer hat man die Pflicht sich zu retten, die Feuerwehr zu rufen und eventuell, wenn irgendwie möglich, andere zu retten. Erst die Feuerwehr hat die Pflicht das Feuer zu löschen. Wenn das Nachbarhaus abbrennt hat die Feuerwehr daher mehr Schuld als derjenige der theoretisch etwas tun hätte können.
Es gibt daher eine einfache grundlegende Verantwortung und eine endgültige Verantwortung, so die Theorie.
Der grundlegend Verantwortliche kann immer auf die Hilfe einer höheren Autorität zurückgreifen, der endgültig Verantwortlich kann das aber nicht.
Es ist eine andere Ebene der Verantwortung. Nur der endgültig Verantwortliche muss das Problem lösen oder die Entscheidung treffen, der grundlegend Verantwortliche aber nicht, der kann eine höhere Macht anrufen und wenn die das Problem nicht löst trifft ihn dennoch keine Schuld.
Als Kind ist man niemals endgültig verantwortlich, praktisch alle Verantwortung trifft erstmal die Eltern und geht dann eventuell eine höhere Instanz. Ein Kind muss nicht die Feuerwehr rufen.
Es kann, muss aber nicht.
Der Erwachsene muss, dafür muss er das Feuer nicht löschen.
Er kann, muss aber nicht.
Die Feuerwehr aber muss dann.
Das ist ihr Job. Sie ist die Autorität. Sie ist endgültig verantwortlich, im Gegensatz zu Kind und Hausbesitzer.
Wenn die Feuerwehr nicht kommt, ist der Hausbesitzer noch immer nicht schuld. Und genau das wird weiter unten sich als ein gewaltiges Problem herausstellen.
Blicken wir zu den Tieren im Wald so erkennen wir, dass jedes Tier für alles endgültige Verantwortung trägt. Betrachten wir die Geschichte so erkennen wir, dass für die meisten Dinge der einzelne die endgültige Verantwortung trug. Heute sieht die Sache anders aus. Es ist heute möglich ein Leben zu leben ohne jemals endgültige Verantwortung zu übernehmen. Man leistet Lohnarbeit, mietet seine Wohnung, least sein Auto, geht zur Paarberatung, Psychotherapie oder in die Kirche. Die endgültige Verantwortung liegt immer bei anderen: beim Chef, bei Gott, der Therapie, dem Staat, dem Partner oder sonst jemandem.
Und das ist bequem. Endgültige Verantwortung ist eine harte Nuss und keiner sehnt sich nach dieser Form der Verantwortung. Die Entscheidung aber dann doch diese endgültige Verantwortung wahr zu nehmen kommt meistens aus der Erkenntnis, dass es keiner macht, wenn man es nicht selber macht oder schlimmer noch: Menschen übernehmen den Job die deutlich unfähiger sind als man selber. Und das tun diese Leute nicht, weil sie denken sie könnten es, sondern weil sie die Macht die damit verbunden ist attraktiv finden. Diese Leute sind sollten aber keine Macht haben.
Das Problem ist, dass Menschen gut darin sind ihre Schwächen und Nöte zu Tugenden umzudichten und so entstand eine ganze Bewegung die das Ablehnen von endgültiger Verantwortung zur höchsten Tugend erhoben: die Religiösen.
Nichts war ihre Verantwortung, alles hängt an Gott. Auch wenn er nichts tut.
Dieses Konzept entwickelte sich weiter zur Idee, dass alles am Häuptling, dann Richter, dann König und dann Ministerium hängen würde. Der Grundtenor ist aber immer der Gleiche: die Idee, dass man selber nicht der Endgültig verantwortliche sein sollte, ja könne! Und zwar nie!
Es ist das feiern des Infantilen, des Kindlichen, des Abhängigen und das gleichzeitige Verdammen und anbeten der Autorität: Strebe nicht nach Autorität, sondern folge der Autorität!
Die daraus entstehenden Probleme sind mannigfaltig, lassen sich aber mit einer einfachen Beobachtung zusammenfassen: die endgültig Verantwortlichen bauen Mist am laufenden Band (oder tun gar nichts) und die Menschen die sich weigern endgültige Verantwortung zu übernehmen jammern darüber, tun aber Nichts.
Betrachtet man den Trend gibt es nicht viel Grund für Optimismus. Es ist absehbar dass es bald möglich sein wird nicht nur niemals endgültige Verantwortung mehr zu übernehmenden sondern sogar die allgemeine, grundlegende Verantwortung delegierbar sein wird. Aber was sind wir dann noch?