Seit 1917 sind die gekreuzten Hämmer und Sichel das Symbol des Kommunismus und auch der weitere Sozialismus bedient sich dieser Symbolik, so fanden die beiden Werkzeuge auch 1919 unter Renner Eingang in das Staatswappen Österreichs.

Die Idee ist, dass die Bauern und die Arbeiter das Fundament einer Gesellschaft bilden, auf der alles andere erreichtet, ist und entsprechend sollte man ihnen sowohl die Wertschätzung wie auch die Kompensation geben, die sie verdienen. Die Linke war die Partei des Fundaments, der Basis, der Praxis, der harten und schmutzigen Arbeit und der robusten und oftmals groben und ungeschliffenen Menschen, die diese nötigen Arbeiten erledigten.

Links war die Seite der Schmutzigen, die gegen die Paläste Gift und Galle spuckten.

Seither hat sich einiges geändert.

In einer Debatte hier zeichnete sich kürzlich eine interessante Tendenz ab: der linke Flügel pochte darauf, dass Arbeit Spaß machen muss und wer keinen Spaß hat, der habe den falschen Job.

Die Gegenseite aber argumentierte, dass nicht jeder Job Spaß macht und sehr viele der Jobs die wir als Gesellschaft brauchen keinem der sie erledigt wirklich Spaß machen können und die Reaktion darauf war ein völliges Verwerfen dieses Arguments.

Ich pochte darauf, dass wir den Leuten, die die Zähne zusammenkneifen und einen fürchterlichen Job machen zu mindestens Wertschätzung schulden. Im Laufe der Debatte war ich dann polemisch ein, dass ich meine rechten Hämmer und Sicheln schwinge, denn scheinbar hat die Linke keinen Gebrauch mehr für diese Symbole.

Es erinnerte mich auch einige frühere Gespräche.

Vor einigen Jahre, als mal wieder irgendwo eine rechte Partei eine Wahl gewann, sagte ein Freund, seines Zeichens bekennender Kommunist, dass er das fürchterlich findet, dass die „Anti-elitären“ gewonnen hätten. Ich entgegnete kurz und knapp, dass in einer Demokratie auch die Arbeiter ein Recht haben ihre Stimmen durchzusetzen. Ich erwartete einen „Wir sind die Arbeiterfraktion“ Aufschrei, er aber entgegnete, entgegen meiner Erwartung, aber mit den Worten „Ich will aber nicht, dass die Arbeiter bekommen, was sie wollen“.

Jahre zuvor sagte ein damaliger Freund zu mir, damals aktiver Kommunalpolitiker, dass wir „Fabrikjobs und andere menschenunwürdige Arbeit verbieten sollten“. Ich fragte, wer seine Dinge dann bauen würde und er meinte salopp, dass wir das „einfach automatisieren sollen“. Ich fragte wie er einen Installateur, eine Krankenschwester oder einen Bauarbeiter im Detail verautomatisieren würde und er verwarf das als „Detail“.

Eine Bekannte benutzte vor gut 10 Jahren einen Begriff, der für mich diese Denkweise beschrieb, sie meinte damals dass sie erst durch ihren aktuellen Freund sah dass es „in den Niederungen der Praxis auch interessante Dinge gibt“.

Die Rechte war, als der Begriff geboren wurde, die Partei der Elite und die Linke die Partei der ungewaschenen Masse.

Irgendwann hat sich das gedreht und diese Drehung hat sich zu unserer Lebzeit vollständig vollzogen.

Die Linke wurde zur Partei der Elite, der Universitäten, der abstrakten Ideen, der Champagnerparties und der Damen mittleren Alters die sich gegenseitig darin zu übertrumpfen suchten wer moralischer und edler wäre.

Die Menschen die aber in der „Niederung der Praxis“ schuften, wurden als etwas gesehen das weg muss, das man durch Roboter ersetzen müsse, etwas an das man nicht anstreift etwas das im Idealfall verboten gehört. Wiens Industrie war so lange so unterentwickelt, weil der Kaiser keine Arbeiter in „seiner Stadt“ wollte. Die Linke sieht das heute wie der Kaiser: der Arbeiter muss weg. Nach Linz damals, nach China heute, hauptsache weg.

Der Grund warum Arbeiter von sozialistischen Ländern in kapitalistische gehen ist einfach: im Kapitalismus, wo man sein Gehalt verhandeln kann, hat derjenige den die Gesellschaft braucht verflixt gute Karten, wohingegen er in jedem anderen System, wo die Führung ihm gibt was sie meint dass er wert ist, immer schlechter aussteigt und das inkludiert sozialistische Regierungen.

Totalitäre Systeme beuten den Arbeiter schlicht mehr aus als der Kapitalist und wenn man die Wahl zwischen einem Pferdetritt und einem Blutegelbiss hat, wählen eben die meisten den Blutegelbiss.

Die Rechte ist jetzt die Partei jener die den Stein der Arbeit auf den Berg der Entropie schieben.

Angus keine

Es ist die Arbeit derjenigen die die Arbeit machen, die gemacht werden muss, die schmutzig und undankbar ist und auf der Seite dieser Schmutzigen zu stehen gilt als unziemlich, als unsophisticated, man möchte fast sagen: als unstandesgemäß wenn man im Job ein Hemd trägt oder man vor dem Gespräch im Theater war.

Das war nicht immer so. Es ist aber jetzt so.

Die Arbeiterbewegung ist jetzt rechts.

Die Elite ist jetzt links.

Für den Moment.

Aber auch das wird nicht so bleiben. Wenn der Wind sich dreht, sind jene mit den besten Informationen die ersten die das Schiff wechseln und das sind immer die Reichen. Deswegen waren alle Milliardäre vor 10 Jahren links und jetzt gerade laufen sie in den USA in Scharen über und werden mit der neuen Rechten das gleiche machen wie in den Linken.

Die „Niederung der Praxis“ aber wird immer um die Anerkennung schreien die ihr eigentlich zusteht und die Elite wird sie ihnen nie geben sondern den Arbeitern Geld wegnehmen und mit dem Geld wohlklingende Jobs bezahlen, die keinen Nutzen stiften aber ein bequemes Plätzchen für die Nichte und Freunde darstellt.

Die Linke ist die Seite des Kaisers.

Die Rechte die Seite jener die dafür sorgen, dass das Licht nicht ausgeht, die Partei jener die schuften und die stöhnen, die ungehobelt und grob sind und etwas tun das sie nicht tun weil sie darin Erfüllung suchen oder finden können, sondern weil sie dafür Geld bekommen und das Geld bekommen sie von uns deswegen weil sie etwas tun das getan werden muss, weil sie das Fundament bilden auf dem Alles, inklusive der Elfenbeintürme, errichtet ist.

Etwas Demut, etwas Anerkennung, etwas weniger Verachtung, viel mehr braucht es in Wirklichkeit nicht. Eventuell die Erkenntnis, dass wenn man jemanden als "rechts" bezeichnet weil er Dinge sagt die vor 50 Jahre die Linke sagte, irgendwas gründlich schiefgelaufen ist.

Eventuell bringt uns das zurück an einen Ort an dem man vernünftig miteinander reden kann und wir sparen uns die rechte Revolution der Arbeiter und Bauern.

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Aron Sperber

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Kai-Uwe Lensky

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