Warhammer 40k ist den meisten Personen kein Begriff.

Könnte er aber bald werden.

War etwa Herr der Ringe in der Geekculture schon seit mindestens 3 Generationen ein wichtiger Bestandteil, erreichte es den Mainstream eben erst nach der Verfilmung durch Peter Jackson und ist seither ein fixer Bestandteil der westlichen Kultur.

Im Falle von Herr der Ringe war das aber ein relativ einfaches Unterfangen, folgt es doch bekannten Strickmustern: die Heldenreise und klare Grenzen zwischen Gut und Böse. Jedenfalls wenn man es, wie im Film, oberflächlich genug betrachtet.

Warhammer 40k ist anders. Der zentrale Witz lautet etwa so:

Starwarsfans wollen im Starwars universum leben.

Startreckfans wollen im Startreckuniversum leben.

Warhammerfans möchte aber keinesfalls im Warhammeruniversum leben!

Warhammer 40k ist kein Setting dass der Fan liebevoll träumen lässt, es ist ein Setting das ihn fasziniert, gerade weil es grim dark und verwirrend ist.

Und diese Faszination übersetzt sich in rund 200 Millionen Euro jedes Jahr: Modell, Brettspiele, Bücher, Minigames: 40k kommt in vielen Gestalten.

Bisher scheiterten alle Versuche diese Welt dem Mainstream näher zu bringen aber die kommende TV Serie rund um Gregor Eisenhorn könnte das ändern.

Fans sehen das kritisch: Wenn die Serie Erfolg hat kommen die Moralapostel und werden aufzeigen dass das 40k Universum böse, verwerflich, politisch nicht korrekt und überhaupt und außerdem viel zu verwirrend sei. Die Medien werden zustimmen und der Rechtehalter wird einknicken.

Grim Dark folgen dann rosa Kätzchen.

Oder aber 40k bleibt sich treu und hält den Moralisten stand.

Was aber ist dieses 40k?

Warhammer 40k zeichnet einen niemals endenden Alptraum und stellt die Frage wie man in so einem Setting überleben könnte. Keine der Fraktionen ist wirklich gut, keine ist böse. Jede hat spezifische Motivationen und tut was sie tun muss um zu überleben.

Die Menschheit etwa ist über den Zenit ihrer Macht gewandert und nach 10 000 Jahren Bürgerkrieg nur noch ein Schatten ihrer selbst, ein Gigant auf tönernen Beinen. Das sterbende Volk versucht zur längst vergangenen Macht zurück, uralte Metallskelette schlummern und erwarten den Befehl die Galaxie ein weiteres Mal vom Leben zu reinigen. Raumfahrende Dinoinsekten verschlingen alles Leben, Gefühle manifestieren sich als Götter: Verfall und Wandel, Wut und Lust in form von Chaosgöttern bekämpfen sich gegenseitig und versuchen nebenher die Galaxie zu übernehmen.

Verrat ist überall, Kooperation zwischen den Völkern ist die absolute Ausnahme. Xenophobie, religiöser Fanatismus (gefördert durch den Umstand dass die Götter messbar real sind), gefeierter Irrsinn und die Frage „Was würde ich in dieser Situation tun“ dominieren das Hobby.

Im Fahrwasser von Game of Thrones, wo die Frage „Wer ist denn nun der Gute?“ bereits nicht mehr ganz so einfach zu beantworten war, kann 40k nun eventuell in die Mainstreamculture einbrechen.

Wo Game of Thrones aber wenigstens eine objektiv Böse Seite hatte, ist hier 40k definitiv anders. Es gibt keine Bösen, es gibt keine Guten. Jede Seite hat ihre Gründe, Motivationen und Rechtfertigungen.

Jeder tut was er tun muss und jeder sieht das was er tut als gut oder aber als ein notwendiges Übel.

Kein Wunder dass nun die ersten Artikel aufkommen die die Unvorbereiteten warnt: „Vorsicht! 40k ist gefährlich!“

Warum ist 40k aber so gefährlich? Weil es eben nicht wie in Starwars ein böses Imperium und eine edle Rebellion gibt. Das impliziert aber eine überaus gefährliche Wahrheit die da lautet: „es gibt den einen korrekten Weg für alle nicht!

In Startreck etwa wird vermittelt dass die Sternenflotte die beste Lösung ist; alle andren Seiten seien moralisch unterlegen. Daher unterwerfen sie sich auch früher oder später den Idealen: Klingonen werden friedlich und Ferengi bilden plötzlich Gewerkschaften. Jeder der sich der Förderation unterwirft wird glücklicher. Juchu.

Nicht so in 40k. Die kulturellen Unterschiede sind hier unüberbrückbar. 40k ist nicht kritisch gegenüber der Idee einer multikulturellen Gesellschaft, es zeigt ungeschminkt auf, dass das in diesem Setting schlicht und ergreifen völlig unmöglich ist. Obgleich etwa die T’au, das jüngste der Völker, genau dieses Ideal verfolgt haben auch sie gelernt dass man mit Space Orks nicht friedlich zusammenleben kann, egal wie weit man ihnen entgegenkommt.

Die absolut grundlegende Message von 40k ist, dass unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Ziele haben und daher unterschiedliche Dinge als gut, schlecht, richtig, falsch, vertretbar, moralisch und so weiter ansehen.

Keiner ist wirklich gut, keiner ist wirklich böse und jeder tut was er tun muss.

Das aber ist eine gefährlich Wahrheit, stellt sie doch das Narrative „wir sind so super und alle andren sind nur 200 Jahre hinter uns, und ihr werdet schon sehen, in 200 Jahren sind die genau wie wir“ in Frage.

Was wenn nicht?

Was wenn andere Kulturen eben nicht einfach nur hinten nach sind sondern anders sind und anders bleiben wollen? Was wenn Multikultur eben nur zu mehr Möglichkeiten führen uns gegenseitig an die Kehle zu gehen?

Was wenn wir nicht die Guten sind oder schlimmer aus Sicht der Neomoralisten: was wenn wir im Westen nicht die Bösen sind?

40k ist verrückt, überzeichnet und absurd aber in sich in einem Ausmaß konsistent auf einem Niveau seines Gleichen sucht.

Es gibt kaum Widersprüche, praktisch jede Handlung macht Sinn. Es ist egal ob man ein Buch über einen Lord der Dark Eldar liest, eines über einen Kommissar oder Inquisitor, Alien oder sonst etwas, man findet immer Verständnis für den Hauptdarsteller.

Eine Welt, in der einem der Erzähler nicht sagt was gut oder Böse ist, ist eine Welt die zum denken anregt und das ist der Grund warum Warhammer 40k den Moralisten panische Angst bereitet. In den 80igern waren es die Christen, jetzt die Church of Woke.

Aber ist der Otto Normalverbraucher überhaupt bereit für eine Fernsehsendung die ihn zum denken anregt? Vermutlich nicht.

40k ist nicht ein Produkt das seiner Zeit voraus ist, 40k ist ein Nischenprodukt. Nicht jeder kann mit einem Universum umgehen in dem einem nicht gesagt wird wer der Gute ist. Diese Fähigkeit ist mit einer echten Weltoffenheit verbunden die kaum im Mainstream zu finden ist.

Warhammer 40k, in seiner eigentlichen Form, ist daher dazu verdammt bis in alle Ewigkeiten von der breiten Masse unverstanden und gefürchtet zu bleiben, oder aber seine Herkunft zu verleugnen und einfach ein langweiliges „Gut gegen Böse“ Setting zu werden um den niedrigen Ansprüchen des Mainstreams zu genügen.

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