Die Babyboomer schoben die Katastrophe des zweiten Weltkrieges bekanntlich auf den Nationalismus und ihre Mission als Generation war das Zerstören des Nationalismus. Jetzt wo der Nationalismus schwer torpediert, und am Sinken ist gilt es zu prüfen, wie erfolgreich sie waren und was als nächstes kommt.
Eine gute Casestudy ist Kanada. Kanada definierte in der Moderne sein kanadisch-sein als „nicht Amerikaner sein“, ähnlich wie der Katalonier, Tibeter oder Österreicher oder jede andere kleine Nation, frei oder nicht, darauf pocht anders zu sein als der große Bruder nebenan.
Kanada ging aber weiter in dieser Emanzipation und deklarierte in der Regierung Trudeau dass Kanada ein postnationaler Staat wäre. Die Regierung postulierte das vorwiegend, wenn Menschen in Kanada darüber jammerten, dass die Regierung von den Migranten keine Anpassung forderten, die Regierung beantwortete das mit dem Hinweis darauf dass es in einem postnationalen Staat nichts zum Anpassen gäbe, weil es keine kanadische Identität gäbe. Kanada ist nicht viel mehr als eine Wirtschaftszone ohne spezifische Kultur, sprich das Model, das man sich in den 60igern ausdachte, um den Nationalismus auszurotten.
Das Problem an der Sache ist, dass Menschen sich aus einem guten Grund um Flaggen scharren. Menschen mögen Gruppenidentitäten. Selbst wenn die Gruppenidentität ein Sportclub ist, fuchteln sie mit Flaggen. Was aber tun Menschen, wenn man ihnen die Flaggen wegnimmt? Sie schauen sich nach anderen Flaggen um.
Und dann kommt Trump und schlägt vor Kanada an die USA anzuschließen und genau wie mit der Geschichte des kleinen Dorfs in Gallien gibt es da unterschiedliche Grade an Widerstand. Kanada in Summe ist zu 70% – 90% dagegen, aber Alberta liebäugelt mit der Idee zum großen Bruder zu wechseln seit 1930 unter William Aberhart und generell ist der Widerstand in Kanda, insbesondere bei den Jungen, eher fallend als steigend.
Sollte die USA wirklich beginnen wirtschaftlichen Krieg zu führen, zerbröselt der Widerstand weiter.
Das Problem das Kanada nun hat, ist dass die einzige Waffe gegen die Annexion der eigene Nationalstolz wäre und genau der ist in Kanada systematisch zerstört worden ist. „Nicht Amerika zu sein“ macht keinen Sinn, wenn man gleichzeitig deklariert, dass es zwischen einem und der restlichen Welt (inklusive der USA), absolut keinen Unterschied gäbe.
Die Babyboomer dachten sie könnten in den nachfolgenden Generationen den Wunsch unter einer Flagge zu stehen ausmerzenden und verstanden nicht, woher dieser Wunsch kommt, warum Menschen Hymnen singen und Flaggen zujubeln und alles was sie erreichten war dass junge Menschen nun anderen Flaggen zujubeln, den Flaggen der Ideen, was uns zu völlig zerrissenen Gesellschaften machte und nicht zu einer Weltgemeinschaft, wie man sich das damals beim Bong rauchen in Institütchen so vorstellte.
Wer auch immer den Menschen eine Flagge bietet, wird mehr Anhänger haben als jene die versuchen den Menschen die Flaggen wegzunehmen.
Was also kommt jetzt, als der nächste Fehlschlag der Boomerideologie sichtbar wird?
Flaggen.
Entweder erstarkt der Nationalismus in klassischer oder einer reformierten Version, denn die „Nation der Sprache“, also Nationalisimus 1.0, ist vermutlich wirklich zerstört.
Denkbar ist aber, dass die Nation der Idee, Nationen rund um Verfassungen, Nationen rund um Identitäten und so weiter entstehen werden oder vorhandene Nationen sich entsprechend umformen.
Norwegen ist dann nicht mehr das Land der Norweger (die norwegisch sprechen), sondern das Land wo man sich norwegisch verhält, Amerika das Land der amerikanischen Verfassung und Deutschland das Land wo man idiotische deutsche Ideen ausprobiert und an manchen Plätzen der Welt werden die Nationalen Flaggen verschwinden und eben durch Ideologische Flaggen ersetzt, der Islamic State war hier ein Vorbote der Dinge die wohl kommen.
Der Kernpunkt ist, und das gilt es eben zu akzeptieren, auch wenns „schön wäre wenn es anders wäre“ dass Menschen nicht „Teil der Menschheit“ sein wollen sondern Teil von irgendwas - das etwas anders - nicht ist.
"Wir Menschen auf der Erde" klappt nur wenn Marsianer am Mars leben in deren Richtung man ätzen kann.
Der Kanadier war verflixt glücklich damit sich darüber zu definieren, dass er kein Ami ist aber wenn man ihm das wegnimmt dann ist sich als Ami zu definieren noch immer besser als einfach nur ein Weltbürger zu sein.
Und das ist die Pradoxie der Identität, die es zu verstehen gilt.
Die Nation war nie das Problem, das Problem waren immer Menschen die es geschafft haben diesen Wunsch „zu etwas großem zu gehören“ in destruktive Bahnen zu lenken.
Und diese Menschen verschwinden nicht mit den Nationen, im Gegenteil: durch das zerstören der nationalen Idee und dem systematischen unterminieren der Basis der klassischen Nation, also die sprachlichen Unterschiede, entstehen für diesen Menschenschlag nicht weniger sondern mehr Möglichkeiten Gruppen gegeneinander zu bringen und so dafür zu sorgen dass sich Menschen wieder, unter Flaggen, die Köpfe einschlagen.
Und deswegen sind wir so zerstritten wie noch nie.
Danke lieber Boomer.