General a.D. Harald Kujat war Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzender des NATO Militärausschusses. In anderen Worten: er war der ultimative Militärexperte Deutschlands. Als man ihn im Februar fragte welche Chancen die Ukraine gegen Russland hatte sagte er einfach nur „Keine“.
Und das spiegelte die allgemeine Ansicht der meisten Menschen mit einem gewissen Interesse in militärischen Konflikten wider. Die Erwartungshaltung war simpel: die Russen würden ihre strategischen Ziele in einer Woche erreicht haben, dann weiter vorrücken, zu verhandeln beginnen und das behalten was sie haben wollen, vorwiegend die Regionen des Ostens und die Küste im Süden, und die zusätzlich besetzten Gebiete wieder räumen.
Das ist nicht passiert.
Russland kämpft seit über 100 Tagen und die Sache sieht nicht rosig für sie aus. Das Eintreffen neuer Waffensysteme, vor allem der m777 Howitzer, dürfte den Russen massive Kopfzerbrechen bereiten.
Aber wie konnte das passieren?
Laut Stanimir Dobrev, einem bulgarischen Analysten der so ein Versagen der Russen vorhersagte, liegt es in erster Linie an Korruption. Putin hatte eine phantastische Armee die gut trainiert und in Schuss war.
Am Papier.
Die Personen die diese Papiere ausstellten schrieben darin aber nicht auf was passiert ist, sondern was passieren hätte sollen. Der Staat etwa schickte Geld für eine Übung, die Übung passierte aber nicht in dem Umfang in dem sie hätte passieren sollen und das Geld das übrig blieb verschwand in den Taschen der Personen die die Formulare ausfüllten. Zusätzlich sind in gehobenen Positionen eben nicht die qualifiziertesten Soldaten, sondern Freunde der Generäle.
Die russische Armee war also ein gigantischer Selbstbedienungsladen voller Personen die sich eifrig selbst bedienten. Und das ging durch, weil niemand jemals erkannte in welchem Zustand die Truppen wirklich waren. Bis jetzt.
China dürfte genau das gleiche Problem haben, zumal die kommunistische Partei Chinas die Korruption zu einer Kunstform erhöht hat und vor allem Korruption als Zugpferd für Wirtschaftswachstum genutzt hat, etwas das niemand sonst auf der Welt geschafft hat. Der Schlüssel hierbei war es die Bürokraten zu belohnen, wenn das Wirtschaftswachstum stimmte, was diese dazu brachte die Korruption nicht auf kurzfristigen Gewinn auszurichten, sondern auf Wachstum. Ein kluger Schachzug der sich aber im Militär nicht abbilden lässt.
Es gilt also anzunehmen, dass auch in China viele Übungen nur am Papier passieren. Wie eben in Russland.
Putin dachte also er hätte ein glänzendes Breitschwert in der Scheide und als er die Waffe zog musste er erkennen dass das Schwert zu zweidrittel fehlte und das was noch da war vom Rost zerfressen war.
Der Westen hat Russland aus dem gleichen Grund überschätzt aus dem Russland sich selber überschätzt hat: falsch ausgefüllte Papiere.
Das bedeutet aber auch dass Russland, wenn es die Korruption gnadenlos ausmerzt, und es darf kein Zweifel daran bestehen dass nun viele Köpfe rollen werden, durchaus die Kapazitäten hat in 10 bis 20 Jahren wieder dort sein kann wo es am Papier ist.
Für den Moment aber sieht es bitter für Russland aus, der Westen aber muss aus diesem Versagen die richtigen Schlüsse ziehen, wo es doch aber gerade verflixt verlockend wäre die falschen zu ziehen.