Die absurdesten Ideen in unserer Gesellschaft entstammen nicht dem Wirtshaus, sondern kommen praktisch immer aus den Elfenbeintürmen. Das ist nichts Neues, sondern scheinbar eine Konstante. In der Studie „Ideology, motivated reasoning, and cognitive reflection“ demonstrierte Dan Kahan, dass unterschiedliche Weltbilder oftmals nicht entstehen, weil die die Ungebildeten und oder Dummen Vorurteile haben und die Klugen und oder Gebildeten nicht, sondern weil die intelligentesten Menschen die meisten Vorurteile haben und sich die Fakten so lange hindrehen, bis sie zu dem passen, was sie schon davor glaubten.

Eine der Ansätze um das Beobachtete zu erklären ist, dass es relativ einfach ist zu glauben, was man sieht. Das Wirtshaus leitet sein Weltbild davon ab, kommt gelegentlich zu falschen Schlüssen aber im Großen und Ganzen sind diese kleinweltlichen Ansichten praxistauglich und damit „richtig genug“, um sich zu halten.

Der Intellektuelle hingegen gibt sich damit nicht zufrieden und springt in die Komplexität und da einer der Eckpfeiler der intellektuellen Identität die Fähigkeit zu überzeugen ist, kommt es zu einer tragischen Rutsche hin zum Absurden. Das Problem hier ist wie einfach es ist, jemandem vom Offensichtlichen zu überzeugen.

Der Meister Debattierer hingegen kann Menschen auch von Dingen überzeugen, die nicht offensichtlich oder besser noch: völlig falsch sind.

Diesen Punkt gilt es heimzuhämmern: der beste Debattierer ist der, der Menschen von allen Dingen überzeugen kann. Ob diese Dinge richtig sind, ist nicht relevant für die Debatte an und für sich.

Ein Experte, der mit gesenkten Kopf Wahrheiten stottert, wird weniger geglaubt als jemandem der erhobenen Hauptes mit kräftiger Stimme etwas Unwahres erzählt.

Und es gilt ferner zu verstehen, dass die erste und schwierigste Person, die es zu überzeugen gilt, man selber ist.

Je stärker eine Gruppe Debatte über Logik stellt, desto eher beginnt diese Gruppe ins Absurde abzugleiten, weil die „Besten“ in dieser Gruppe jene sind, die besonders gut Dinge verkaufen können und diese halten ihre Stellung einfacher, wenn die Dinge, die sie vertreten, besonders schwierig zu verteidigen sind und nur sie wirklich verteidigen können. Ihr Anhänger, die diese Ansichten nicht verteidigen können, verweisen deswegen einfach auf diese Autoritäten „Du bist dumm, lies halt das Buch vom Professor Hochheilig!“

Was uns zur Schlussfolgerung führt, dass dumme Menschen sich tendenziell einfach von klugen Menschen überzeugen lassen, die Klugen aber nicht notwendigerweise von richtigen Dingen überzeugt sind oder eben richtige Dinge vertreten. Kluge Leute können also einen Haufen dummer Leute von dummen Dingen überzeugen. Was nicht selten passiert.

Was ist aber dann das Gegengift gegen den Unsinn, wenn es Intelligenz und Bildung offensichtlich nicht sind?

Eine Person in der Debatte warf ein, dass es die Neugier sei, weil neugierige Menschen immer versuchen hinter die Kulissen, in die Blackbox und in die Statistik zu schauen. Die Neugierigen klicken die verlinkte Studie an und beißen sich durch, kommen zu eigenen Schlussfolgerungen, lernen, kritisieren und passen ihr Weltbild bei Bedarf an. Ein neugieriger Mensch hat kein Problem damit falsch zu liegen, weil es ihm die Möglichkeit gibt, etwas Neues zu lernen.

Ein Problem mit dem Falschliegen haben vorwiegend jene denen das Debattieren wichtiger ist, denn da geht es ums gewinnen.

Das Problem ist, dass die Politik ein reiner Debattierklub ist und Vernunft und Logik förmlich belächelt wird. Deswegen ist die Politik voller absurder Ansichten, charismatischer Lügner und Massen an Menschen, die ihren Clubs zujubeln.

Die Wahl wird zum Derby, was zählt ist nicht die Sache, was zählt ist wer mehr Menschen überzeugen kann und die Wahrheit hat sich als nicht sonderlich attraktives Lockmittel herausgestellt, denn die Wahrheit kann jeder verkaufen, die besten der Besten aber verkaufen wohlklingende Lügen mit Eloquenz und Charisma die von ihren Anhängern vergöttert aber nicht verstanden werden, genauso wie der Fußballfan nicht tun kann was sein Liebslingsspieler auf der Mattscheibe tut.

Es geht nur ums gewinnen.

Solange die Politik von der Debatte und nicht von Fakten dominiert wird, und ich sehe keinen Grund warum sich das ändern sollte, werden Menschen ihre beeindruckende Intelligenz dafür benutzen die Masse von absurden Ideen zu überzeugen und die Masse wird diese Menschen für genau diesen Skill vergöttern und mit Macht belohnen.

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