Warum Science-Fiction oftmals so religiös wirkt

Religiöse Themen sind in der moderner Science Fiction so fest verankert wie Raumschiffe und Roboter, aber warum? Ist das nicht ein Widerspruch?

Menschen kommunizieren ihre Weltsicht in Geschichten. Für die meisten von uns bedeutet das aber nicht das Schreiben von Büchern sondern das erzählen von Anekdoten: „Jener habe jenes gemacht“ und daraus könne man Dinge ableiten und diese Dinge sind eben genau das was der Erzähler für richtig oder eben falsch hält. Jemand der meint, dass Menschen die violette Kleidung tragen schlechte Menschen wären, wird in seinen Geschichten die Farbe der Kleidung von Menschen erwähnen.

Jeder Geschichteerzähler vermittelt also seine Weltsicht und neben der Sicht auch die ungeklärten Fragen.

Die frühe moderne Science Fiction malte aber ein Bild einer säkularen Welt, einer Welt in der religiöse Fragen völlig unbedeutend oder aber geklärt waren. Im Himmel gab es Sterne aber keinen Gott. Punkt. Ende. Das wollte man vermitteln.

Im folgenden Jahrhundert entwickelten sich die religiösen Fragen aber über diese gewohnte Primitivität der alten Religionen hinweg und wuchsen zu komplexeren Fragen heran:

Was wenn wir einen Planeten mit Leben erschaffen, sind wir dann Götter?

Was wenn wir in einer Simulation leben?

Würden uns Wesen die steinzeitlich leben unsere Technologie sehen würden, würden sie uns für Götter halten?

Welche Verantwortung hat man als jemand der so viel mehr Macht hat?

Und so weiter.

Mehr oder weniger jede erfolgreiche zeitgenössische Science Fiction stellt diese Frage in irgendeiner Weise, entweder sehr offen wie in Dune, Star Wars oder Matrix, verdeckter in Star Trek und Avatar oder abstrahiert wie in Asimovs Werken.

Hier gilt es zu verstehen was Science Fiction am Ende des Tages ist: Science Fiction ist in ihrem Kern Spekulation und kein Thema ist spekulativer als Religion.

In der Science Fiction können wir uns fragen was wir mit gottgleichen Kräften tun würden, wie wir reagieren würden wenn wir Wesen begegnen würden die uns mit einem Wimpernschlag vernichten könnten und so weiter und so fort.

Wir verfrachteten diese nicht gerade neue Fragen also literarisch aus der grauen Vorzeit in die ferne Zukunft, wo sie genauso gut, wenn nicht besser, zu behandeln sind. Der Konsens ist heute, dass die Frage der (scheinbaren) Allmacht kniffliger ist als gedacht und reale Applikationen hat.

Zwischen den reichsten Menschen der Welt und den ärmsten steckt in etwa so viel Machtunterschied wie zwischen den alten Griechen und ihren Göttern. Tendenz steigend.

Wie geht man damit um?

Welche Verantwortung hätten die Götter, müssen sie einer anderen Moral folgen?

Wie sehen Götter Menschen, wie Menschen Götter?

Ist Koexistenz möglich?

Science Fiction begnügt sich nicht mit dem „Weils so ist“ auf dem die klassische Religion aufbaut, ist dem religiösen Text aber dennoch ähnlich indem es Dinge als gegeben annimmt die keiner direkt erfahren hat und leitet dann aus genau diesen Dingen abstrakte, spekulative Fragen die aber bedeutend sind (oder zumindest so wirken).

Die alten Religionen haben viel ihrer Attraktivität eingebüßt aber es scheint so als wäre der Grund für ihre Existenz, die Spekulation rund um das Nichtsichtbare, so beliebt wie es immer war, wenn nicht noch mehr.

Das Thema „Religion“ ist damit nicht vom Tisch und abgehandelt sondern ist metastasiert und wuselt jetzt in allen möglichen Bereichen unseres Lebens herum und zeichnet dort Utopien und Dystopien, Himmel und Hölle also, und mahnt, warnt und fordert in mehr oder weniger bestimmter Sprache.

Science Fiction wirkt also oftmals so religiös weil beides Pflanzen sind die aus dem selben Wurzelstock wachsen: die Spekulation um das was nicht da ist aber kommen mag. Eine Zukunft ohne Spekulation ist also recht unwahrscheindlich und es scheint als wären die alten Götter in neuem Gewand zurück und lächeln über ihre erneuerte Unsterblichkeit.

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