Warum ist es so schwierig einem Kind das Handy abzunehmen, wenn es Tik Tok ansieht?

Die Frage beschäftigt nicht nur genervte Angehörige, sondern auch Verhaltensforscher.

Studien wie “The addiction behavior of short-form video app TikTok: The information quality and system quality perspective” kommen zu dem Schluss, dass die Sache, obgleich Thematisch komplex, im Grunde nicht schwierig zu verstehen ist, wenn man verstanden hat warum wir so eine Art von Inhalt überhaupt konsumieren. Menschen konsumieren Unterhaltungsmedien, weil diese unser Belohungszentrum in unserem Gehirn kitzeln. Sprich wir sehen uns Unterhaltung an, weil es dazu führt, dass wir uns hinterher gut fühlen und da jeden etwas anderes ein gutes Gefühl gibt, schauen wir uns unterschiedliche Dinge an.

Kurzformatige Videos, wie auf Tik Tok, erhalten mehr Zulauf, wenn sie sehr rasch zum Höhepunkt kommen, sprich User von Tik Tok neigen dazu über einen gegebenen Zeitraum von Hoch zu Hoch zu springen wohingegen User von Langformaten länger auf ein intensiveres High hinarbeiten.

Es ist wenig verwunderlich, dass vor allem Kinder und Jugendliche eher auf das erstgenannte Format reagieren, das Problem ist die damit verbundene Konditionierung. Umfragen zeigen, dass Kinder die vorwiegend Kurzformate konsumieren eine geringere Aufmerksamkeitsspanne zeigen und Informationen die länger als eine Minute Konzentration in Anspruch nehmen Stress verursachen.

In anderen Worten: Tik Tok ist so süchtig machend, weil es dem Nutzer im Sekundentakt von (mini) Höhepunkt zu Höhepunkt jagt und konditioniert seine Nutzer darauf, dass jede andere Art von Unterhaltung „zu langweilig“ ist. Fünf Minuten auf die Pointe zu warten ist zu lang, selbst wenn sie um Welten besser ist als der platte Unsinn den man in 10 Sekunden aufbauen kann.

Der Kollateralschaden, insbesondere für Kinder, ist dramatisch.

Spiele und Unterhaltung rund um Skinnerboxen zu bauen ist keine neue Sache. Süchtig machende Beschäftigungen gab es schon vor dem digitalen Zeitalter, aber das Smartphone eskaliert das Problem weit über alles das wir aus der Vergangenheit kennen.

Tik Tok ist digitales Rauschgift und die Idee, dass irgendeine Regulation hier Abhilfe schaffen kann halte ich für naiv. Es liegt bei den Erwachsenen Kindern beizubringen mit was sie es hier zu tun haben, wo die Gefahren liegen und warum das Zeug so sexy auf ein junges Gehirn wirkt. Die vernünftige Herangehensweise ist also Tik Tok ähnlich wie Alkohol zu sehen: nicht jeder Konsum ist sofort ein Problem aber zu viel ist fast immer eines und ständige Konsumation verändert Menschen und zwar nicht zum Besseren.

Das Kernproblem ist aber am Ende des Tages vermutlich ein kulturelles: in einer Kultur die nach „Glück“ strebt und Konzepte wie „Erfüllung“ als altmodisch betrachtet ist es verflixt schwierig gegen den Rausch zu argumentieren. Er bringt zwar keine Erfüllung, keinen Sinn und keine Entwicklung mit sich aber eben doch eine Form von momentanem Glück.

Eventuell gilt es also dieses Streben nach Glück(sgefühl) zu hinterfragen und der jungen Generation wieder Konzepte wie Erfüllung und Entwicklung, Verantwortung und Vision ans Herz zu legen.

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