Der typische Mitteleuropäer mag den Markt nicht weil der Markt recht unmenschlich ist. Er ist hart, wirkt ungerecht, kalt und ist immer auf der Seite der Sieger. Wäre der Markt ein Schulkind dann wäre es dieses reiche dicke Kind den sich viele anbiedern damit sie mit seinen Spielsachen spielen können aber das keiner wirklich mag, oder?

So sehen die meisten Menschen den Markt und es ist bis zu einem gewissen Grad verständlich warum das so ist. Aber ist der Markt wirklich so ein unsympathisches Wesen?

Die Antwort beginnt mit der Realisierung dass der Markt (oder die „Wirtschaft“) mal überhaupt nichts ist. Ganz sicher kein Wesen. Man kann die Wirtschaft nicht einfangen und in einen Käfig sperren. Wirtschaft ist etwas das zwischen Menschen ist. Wirtschaft und der Markt ist Information.

Genauso wie ein Lied.

Aber was genau sind diese Marktmechanismen? Ist das nicht alles fürchterlich kompliziert?

Die Antwort ist auch hier: eher nein. Wirtschaft ist nichts kompliziertes. Wirtschaft ist sogar ein sehr simples Ding. Das Problem ist das Wirtschaft auch unheimlich chaotisch ist. Dieses Chaos macht sie unberechenbar und das führt dazu dass sie kompliziert erscheint, schlicht weil Vorhersagen zu treffen recht knifflig ist.

Um Wirtschaft zu verstehen muss man aber im Grunde nur die erste Regel der Wirtschaft verstehen: Knappheit. In der Welt gibt es sehr viele Dinge die knapp sind und es gibt einige Dinge die im Überschuss vorliegen und diese Dinge sind oft örtlich getrennt.

Der Eine hat zu viel Salz und zu wenig Brot, der Andere hat zu viel Brot und zu wenig Salz.

Die Lösung ist das eine gegen das andere zu tauschen. In diesem einfachen Fall macht es Sinn einfach beides 50:50 auszutauschen. Der eine tauscht die Hälfte seines Brotes gegen die Hälfte des Salzes des Anderen. Warum? Weil das fair klingt.

Sobald eine dritte Person den Raum betritt wird die Sache aber kniffliger (wir nennen das "Wettbewerb" ). Wenn diese andere Person auch Brot haben will und Salz bietet, aber mehr Salz hat als der andere dann kann er mehr Salz zahlen. Entsprechend hat er nun bessere Chancen darauf das Brot zu ertauschen als der andere. Will nun aber derjenige mit dem Brot mit beiden Tauschen wirft das die Frage auf wie viel Salz für wie viel Brot ein gerechter Tausch wäre?

Die Lösung die die Menschheit, unabhängig überall auf der Welt, gefunden hat ist das Geld. Geld ist ein Ding das jeder haben will aber das nicht konsumiert werden kann. Es ist also etwas das jeder als Ware akzeptiert aber das keiner wirklich brauchen kann. Der einzige Nutzen von Geld ist Dinge herumzutauschen. Geld ermöglicht allerlei Dinge, etwa die etwas gestern zu verkaufen und erst übermorgen etwas mit diesem Geld zu kaufen, oder eben die eigenen Waren an Hans zu verkaufen aber dann bei Susi einzukaufen die ihrerseits bei Hans kauft. Das ermöglicht Spezialisierung.

Aber was ist nun der gerechte Preis? Marx, und seine Schüler, pocht darauf dass es die Arbeit sie die in das Produkt geflossen ist. Ein Ding in das 10 Stunden Arbeit geflossen ist sei wertvoller als eines in das nur eine Stunde investiert wurde.

Das ist aber nicht richtig. Wenn jemand an einem Papierflieger 1 Jahr lang baut macht das dieses Ding nicht automatisch gleich wertvoll wie ein Auto. Wert ergibt sich aus der Nachfrage. Ein Ding ist immer das Wert was der Käufer zu zahlen bereit ist. Und das ist ein interessanter Mechanismus, vor allem wenn wir uns nicht den Endkunden ansehen sondern den Prozess davor. Etwas das Marxisten niemals betrachten, nebenher bemerkt.

Wenn etwa jemand Eisen zu verkaufen hat und zwei Firmen möchten dieses Eisen kaufen, der eine ist aber bereit das doppelte zu bezahlen, dann wir derjenige das Eisen bekommen. Wie aber kann er das doppelte bezahlen? Im Grunde deswegen weil er denkt dass er ein Produkt damit schaffen kann das den Preis rechtfertigt. Eventuell wollten beide Messer herstellen, der zweite Schmied ist aber fähig aus dem Eisen doppelt so viele Messer herzustellen wie der Erste. Das führt dazu dass immer derjenige die knappen Ressourcen erhält der damit den größten Nutzen stiftet (oder denkt stiften zu können). Es ist genau dieser Mechanismus der den freien Markt so erstaunlich effizient macht, denn die die sich irren verschwinden vom Markt.

Der Markt ist also nicht viel mehr als die Information welches Gut wie viel Wert ist und dieser Wert richtet sich nach der aktuellen Situation. Überlebende von 2020 etwa werden sich erinnern dass Desinfektionsmittel 2019 keinen besonderen Wert hatte und 2020 plötzlich, aufgrund von Knappheit, in den Geschäften entweder verfügbar aber teuer war oder so billig wie davor und dafür ausverkauft. Der Markt passt Preise an weil sich Angebot und Nachfrage ständig ändern.

Was ist die Alternative?

Im Wesentlichen ist die Alternative eine geplante Wirtschaft die so tut als wäre die Welt immer gleich. Das führt dazu dass alle Dinge zu jeder Zeit entweder zu teuer oder ausverkauft sind. Wer auch immer zentral den Preis regelt kann mit der Realität schlicht nicht mithalten, dazu ist die Realität eben zu chaotisch.

Die andere Alternative ist Solidarität und teilen. Hier kommt aber zu tragen dass Menschen manche Menschen lieber haben als andere und wir mit manchen Menschen nicht teilen wollen. Solidaritätsgemeinschaften über 150 Personen brechen in Gruppen zwischen 50 und 150 Personen auseinander. Innerhalb dieser Gruppen wird geteilt, aber mit „den anderen“ eher nicht. Das bedeutet dass knappe Resourcen nicht bei denen landen die vie daraus machen sondern bei jenen die beim Lieferanten beliebt sind. Das führt zu Ineffizienz.

Die Lösung dafür ist Umverteilung mittels Autorität und oder Gewalt: man nimmt allen alles weg und verteilt es dann neu. Vom offensichtlichen Problem dass der Mann mit der größten Waffe sagt wer wie viel bekommt mal abgesehen, führt das dazu dass Menschen keine wirkliche Motivation haben mehr als das absolute Minimum zu tun, weil ihre Arbeit keinen nennenswerten Einfluss auf ihre Einkünfte hat. Auch hier dreht sich die Spirale nach unten.

Der freie Markt ist daher nicht etwas das „im Moment“ funktioniert und das man durch etwas besseres ersetzen könnte.

Der Markt ist die Manifestation einer einfachen Wahrheit: Wir alle von irgendwas zu wenig und von irgendwas zu viel und diese beiden Dinge ändern sich ständig. Genau das macht den Markt so chaotisch.

In Wirklichkeit ist es aber nicht viel mehr als diese simple Wahrheit die es hier zu wiederholen gilt: wir brauchen uns gegenseitig und der Markt gibt uns eine Information wie die Verteilung am fairsten ist.

Die Betonung liegt auf: "Am fairsten". Nicht auf "perfekt". Die Information sagt uns nur wie gut es eben im Moment geht.

Der Kapitalismus ist sich seiner Schwächen bewusst und steht zu ihnen. Die Alternativen hingegen versprechen das Blaue vom Himmel und liefern nur Katastrophen. Das liegt nicht daran dass die Menschen die diese Umsetzungen überwacht haben in der Vergangenheit schlechte Menschen waren. Es liegt an den Mechanismen die wir gerade besprochen habe. Egal wie edel der nächste ist der die Alternative umsetzen will: er muss zwangsläufig an diesen Mechanismen scheitern, es sei denn die Welt ändert sich drastisch. So eine Änderung mag irgendwann kommen, ist aber im Moment nicht realisierbar und daher für die Welt "wie sie ist" unbedeutend.

Der Markt ist daher eben nicht das dicke reiche Kind mit den Spielsachen denen wir uns anbiedern. Er ist vielmehr der Klugscheißer der uns ständig unsere Schwächen vorhält und kaltblütig darüber lacht. Auch den mag keiner aber am Ende des Tages sagt er uns wenigstens in klaren Worten was wir tun müssen damit wir uns verbessern können und wer auf ihn hört wird besser.

Man muss nur hinhören und lernen, statt beleidigt in der Ecke zu stehen und zu fordern dass ihn irgendein Bully endlich das Maul stopft, denn so gemein er auch ist: er ist eventuell nützlicher als alle anderen rund um uns.

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Matt Elger

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