Popmusik kennt jeder. Popmusik ist nicht eindeutig zu identifizieren aber üblicherweise werden als Merkmale ihre Kurzlebigkeit und einfache Zugänglichkeit herangezogen.

In einfachen Worten: Popmusik erreicht viele Menschen, weil sie einfach und modern ist, 10 Jahre später kann sich aber keiner mehr an sie erinnern. Sie hat aber eine vereinende Funktion: Mehr oder weniger jeder kennt die populären Lieder, schlicht weil man ihnen so gut wie nicht entkommen kann, aus irgendeinem Radio trällert sie einem entgegen und weil sie so einfach zugänglich ist, summt man ab und an mit.

Poppolitik ist genauso.

Sie ist einfach zugänglich, platt und 10 Jahre später kann sich keiner an die existenzbedrohlichen Probleme erinnern, die damals durch die News flatterten. Die großen Hits der 80iger und 90iger wie „Rettet die Delphine aus den Schleppnetzen“ „Das Ozonloch wird uns alle grillen“ und „Jeder der mir widerspricht ist ein Satanistensektenmitglied“ hört man heute in etwa so selten wie „Saturday Night“ von Whigfield.

Poppolitik ist einfach. Um Poppolitik zu mögen und darin zu partizipieren, braucht es ein politisches Vokabular von 10 Vokabeln. Selbst die Personen, die nur „rechts“ und „links“ kennen, können munter mitsummen.

Das Problem ist, dass echte Politik sehr viel komplexer ist und sehr viel stärkere Auswirkungen auf unser Leben hat als das gerade moderne Gedudel aus dem Radio.

Politik im Fernsehen ist praktisch nur Poppolitik. Die Nachrichten, die Zeitungen, das alles ist Poppolitik. Echte Politik findet sich zwischen den Büchern „Basic Economics“ (T. Sowell) und „Leviatan“ (Hobbes), „das Kapital“ (K. Marx) und „Politeia“ (Platon), „Die Discorsi“ (N. Machiavelli), „Discours sur l'origine et les fondements de l'inégalité parmi les hommes“ (J.J. Rousseau), „Der Einzige und sein Eigentum“ (M.Stirner) und so weiter und so weiter und so weiter.

Echte Politik ist, herauszufinden wie die Welt ist, zu philosophieren wie sie sein sollte, mögliche Zustände von Anfang bis zum Ende durchzudenken und dann Vor- und Nachteile zu bilanzieren, zu bewerten und dann auf Durchführbarkeit zu überprüfen und schlussendlich zu sagen „um A zu erreichen wäre es vermutlich am besten B zu tun, aber das wird uns C kosten“.

Zentral dabei ist zu verstehen, dass nicht jeder die gleichen Zielsetzungen hat, nicht jeder bereit ist die gleichen Dinge zu opfern und vor allem: des einen Himmel des anderen Hölle ist. Echte Politik besteht darin abzuschätzen wohin die Reise geht wenn wir bei der nächsten Weiche den Weg J statt den Weg A.B,C,D,E,F,G oder H nahmen.

Poppolitik hingegen tut so als wäre es immer eine Frage zwischen „richtig“ und „falsch“.

Für echte Poltik sind hunderte, wenn nicht tausende von Worten nötig, die der Poppolitiker Fan nicht nur nicht kennt, sondern als unnötig ablehnt.

Die Poppolitik reicht den meisten als Politik, genau wie ihnen Popmusik als Musik reicht. Man holt sich in der Zeitung seine Meinung ab und summt sie dann, mit den Gleichgesinnten, in der Mittagspause. Und man ist zufrieden. Man ist ja der Gute. Man sei politisch gebildet. Man lese ja Zeitung. Mit etwas Distanz ist das aber eben genauso wie der Typ der glaubt dass "P!nk" hohe Kunst und "Tschaikowski" Krach wäre.

Wird sich das je ändern? Unwahrscheinlich, aber es hilft die Welt zu verstehen.

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Kai-Uwe Lensky

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