Wie funktioniert eine Wirtschaft ohne Geld?

Wenn wir etwas tun dann entweder weil uns die Handlung Freude bereitet (intrinsische Motivation) oder aber weil wir den damit verbundenen Lohn haben wollen (extrinsische Motivation). Natürlich ist mit Lohn auch die Vermeidung einer Bestrafung gemeint. Oftmals ist es eine Kombination aus beiden.

Computerspieledesign etwa fokussierte all seine Designentscheidungen früher nahezu ausschließlich auf die intrinsische Motivation: man versuchte den Spieler zu motivieren weiterzumachen indem man ihm unterhielt. Mit dem Aufstieg des Handyspiels änderte sich das. Spiele versuchen die Menschen durch extrinsische Dinge wie Lootboxes zu binden. Hierzu kultiviert man das Gefühl das sehr bald wieder eine Belohnung fällig ist, der Spieler müsse nur noch eine Runde spielen.

Und hier finden wir uns dann in der wirtschaftlichen und politischen Theorie. Menschen die eine Wirtschaft ohne Geld (bzw. ohne Unterschiede in der Bezahlung), also ohne extrinsische Motivation, postulieren implizieren damit, dass jeder Job so strukturiert sein kann, dass ausreichend viele Menschen ihn freiwillig tun würden, obwohl sie alles andre genauso gut tun könnten.

Sprich die Idee ist, dass man selbst den Job des Kanalräumers so gestalten kann, dass es für ausreichend viele Personen interessanter ist das zu tun anstatt sich mit einem Bier aufs Sofa zu legen und fernzusehen.

Die Frage ist ob das stimmt und ich denke die Antwort liegt auf der Hand: Natürlich nicht.

Manche Jobs produzieren nicht einen Funken Freude, müssen aber dennoch getan werden. Das Resultat ist, dass solche Jobs üblicherweise vergleichsweise gut entlohnt werden. Sprich wenn zwei Menschen mit gleicher Qualifikation (und sich beiden in relativer Nähe befinden) betrachtet, wobei einer einen Job macht der eher mehr Freude generiert und der andere einen Job macht der gar keine Freude erzeugt, erhält der mit dem fürchterlichen Job üblicherweise mehr Geld als jemand der sich im Job selbstverwirklicht.

Der Grund dahinter hat nichts mit Kompensation oder Fairness zu tun, sondern mit dem Umstand, dass wir hochintrinische Tätigkeiten, wie Artikel auf Fisch und Fleisch lesen oder schreiben, tun ohne dass uns jemand dafür entlohnt.

Unsre Klos putzen die meisten von uns aber nicht, weil es uns Freude macht, sondern weil wir ein sauberes Klo haben wollen und Menschen die fremde Klos putzen tun das praktisch nur wenn man ihnen Geld dafür gibt, weil so gut wie niemand Freude aus dieser Tätigkeit schöpft.

Entsprechend viele Menschen wollen die Selbstverwirklichungsjobs tun und entsprechend einfach ist es den Lohn zu drücken, wohingegen die Nachfrage nach fürchterlichen Jobs nur dann ansteigt, wenn man mit Geldscheinen wedelt.

Das Problem an der Debatte ist, dass sie vorwiegend von Menschen angestoßen wird die Jobs haben die hochintrinisch sind, vom Steuerzahler querfinanziert werden und oftmals kaum Nutzen stiften.

Oftmals ist die soziale Infrastruktur solcher Menschen auch in so einem Umfeld eingebettet und entsprechend entsteht ein gewisses Unverständnis gegenüber Menschen die „fürs Geld arbeiten“, der Kanalräumer müsse sich einfach nur an ihnen ein Beispiel nehmen und sich besser motivieren.

Der Knackpunkt ist nur eben das Missverständnis im Bezug auf die unterschiedlichen intrinsischen Potentiale unterschiedlicher Jobs.

Die Ironie an der Sache ist, dass diese ganze Debatte für einen Arbeiter lächerlich ist. Die einzige Antwort die man von einem Arbeiter in der Sache bekommt ist ein „Ja, eh, was sonst?“ wohingegen man in akademischen Kreisen ellenlange Gegenthesen entgegengeschossen bekommt die absolut nichts mit dem Problem zu tun haben und auf „aber wärs nicht für alle besser wenn jeder Job Selbstverwirklichung gestatten und fördern würde“ hinauslauft. Ja. Eh. Es wäre auch super, wenn wir alle fliegen oder zaubern können.

Solange es Jobs mit unterschiedlichen Qualifikationsanforderungen und unterschiedlichem intrinsischen Potential gibt muss es zwingend unterschiedliche Belohungsstrukturen geben und Geld hat sich als das mit Abstand beste Werkzeug beweisen.

Eine Wirtschaft ohne Geld, ohne unterschiedliche Stundensätze, nutzt primär jenen die schon jetzt ein gemütliches Leben haben und geht auf Kosten jener die hart arbeiten um unsere Gesellschaft am laufen zu halten. Und das wäre alles andere als fair.

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Matt Elger

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