Jeder von uns kann in die Zukunft sehen, aber nicht jeder kann das gleich gut. Egal wie man die Natur der Zeit versteht, egal ob man glaubt, dass unsere Handlungen die Zukunft beeinflussen („growing block universe theory“) oder ob die Zukunft genauso festliegt wie die Vergangenheit und wir nur beobachten was ist aber das was da ist nicht beeinflussen („Eternalism“) ist dabei unerheblich.

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Wenn wir einen Apfel fallen sehen können wir vorhersagen wie und wo er aufschlagen wird. Praktisch jeder kann das. Je näher der Zeitpunkt der Beobachtung mit dem Zeitpunkt der Vorhersage zusammenhängt, desto leichter ist so eine Vorhersage. Wenn der Apfel mal am Fallen ist, wird es also einfach.

Jeder versteht das: jeder von uns kann wenige Momente in die Zukunft blicken.

Die interessante Frage ist ob die Fähigkeit in die Zukunft zu blicken bei allen Personen gleich stark ausgeprägt ist und der Schlüssel hier ist in Wahrscheinlichkeiten zu denken um dann in letzter Konsequenz zu verstehen warum manche Menschen von Situationen überrascht sind die andere nicht überraschen.

Um bei unserem Apfel zu bleiben, wenn ein Apfel genau an der Tischkante liegt kann man das grob auf zwei Arten sehen: entweder man sieht einen Apfel der am Tisch liegt oder man sieht einen Apfel der zwar am Tisch liegt aber bei der kleinsten Erschütterung fallen könnte und vermutlich fallen wird und dann kein Apfel mehr ist, sondern Apfelmatsch. Der eine sieht den Apfel in der Zukunft als Apfel, der andre als Matsch. Der eine wird überrascht sein wenn der Apfel kein Apfel mehr ist, der andere aber nicht. Mehr noch: die erstgenannte Person wird sich fragen warum der andere das vorhersehen konnte. Hier gilt es eben die unterschiedlichen Sichtweisen zu verstehen.

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Die erste Sichtweise ist eine einfache Beobachtung des Status Quo und diese geht davon aus, dass alles das ist im Wesentlichen so bleiben wird wie es ist. Ein Apfel bleibt ein Apfel, weil der Apfel jetzt ein Apfel ist.

Die zweite Weltsicht zieht in Betracht, dass Situationen sich ändern können und vergleicht vergangene Ereignisse mit dem was ist um abzuschätzen was sein könnte. So jemand wird darauf hinweisen, dass ein Apfel vom Tisch fällt, wenn man ihn an die Kante legt. Das Problem ist, dass der Apfel manchmal aber liegen bleibt und nicht fällt. Wenn er aber plötzlich zu kippen beginnt wird es wieder recht einfach vorherzusagen was passiert. Dann ist es aber meistens zu spät, die Hand fährt Richtung Apfel aber das Resultat ist Apfelmatsch am Boden.

Was aber passiert, wenn die Person mit Weitsicht den Apfel an eine andere Stelle stellt, an eine Stelle an der die Wahrscheinlichkeit, dass der Apfel ein Apfel bleibt höher ist. Hat die Person das nicht getan, weil sie einen Blick in eine mögliche Zukunft geworfen hat? Und wichtiger: Hat derjenige der den Apfel dort hingelegt, weil er zwar den möglichen Ausgang verstand aber sich nicht darum kümmerte oder weil seine Fähigkeit in die Zukunft zu blicken weniger ausgeprägt ist?

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Beobachtungen in der realen Welt legen nahe, dass die besagte Fähigkeit nicht in allen Menschen gleich gut ausgeprägt ist. Manche Menschen können Jahrzehnte in die Zukunft blicken wohingegen andere schon mit dem nächsten Tag erhebliche Probleme haben. Die einen investieren jetzt in etwas das ihnen morgen viel bringen wird, die anderen tun Dinge die ihnen drei Momente später mit Zinseszinsen auf den Kopf fallen. Wir nehmen das als Dummheit und Klugheit wahr, als Weitsichtigkeit und Kurzsichtigkeit und dergleichen aber tatsächlich handelt es sich um unterschiedliche Fähigkeiten des Abschätzens der Zukunft.

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Als Beispiel:

Ein Teil der Leser konnten beim ersten Bild zwar noch nicht erraten, dass die da einen Frosch vor sich hatten, aber sie haben verstanden warum das Bild da ist und vor allem auf was die Sache rausläuft. Ein anderer Teil versteht es erst wenn man ihnen erklärt, dass die Schärfe des Bildes eine Analogie der Zeit darstellt, dass mit zunehmender Schärfe Dinge klarer werden. Es zeigt uns, dass es Menschen gibt die schon beim zweiten Bild wissen dass sie es mit einem Frosch auf einem Ast zu tun haben, andere beim vierten Bild aber noch rätzeln was sie mit dem Farbkleks vor ihnen anfangen sollen. Nicht jeder kann mit Unklarheit und Unschärfe gleich gut umgehen.

Die Fähigkeit mit den aktuell zur Verfügung stehenden Informationen auf zukünftige Ereignisse vorzubereiten ist nicht in allen Menschen gleich stark ausgeprägt. Nicht jeder kann das.

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Deswegen sind jene die überrascht waren als Russland in die Ukraine einmarschierten so oft verblüfft was in der Welt passiert und jene die das nicht wunderte wundern auch andere Dinge nicht und sind oftmals besser gerüstet und überstehen Krisen erfolgreicher. Was sich in Wohlstand übersetzt.

Unsere Fähigkeit die Zukunft vorherzusagen ist unmittelbar mit unserem Lebenserfolg verknüpft. Menschen die Erfolg haben, haben praktisch immer eine ganz gute Vorstellung was die Zukunft bringen wird, wohingegen die Erfolglosen sich entweder nicht mit der Zukunft beschäftigen oder mit ihren Vorhersagen falsch liegen.

Egal ob Zeit echt ist oder eine Illusion: Die Zukunft ist bedeutungsvoll. Jene die nur hoffen werden immer enttäuscht sein. Jene die die Zeichen früher deuten und sich besser auf das was kommt vorbereiten können werden hingegen fast immer erfolgreich sein.

Es gilt diese Fähigkeit daher zu fördern wo auch immer das möglich ist.

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