Cancle Culture beschreibt eine Methode in der gewisse Ansichten nicht geduldet werden. Vertreter der Ansicht werden durch sozialen Druck oder Gesetze zum Schweigen gebracht. War das im Mittelalter etwa ein Privileg und bevorzugte Taktik der Kirche ist es nun ein Privileg und die bevorzugte Taktik des linken Flügels.

Aber wie kam es dazu?

Eines der wunderbarsten Dinge des Internets ist das Spionieren verhältnismäßig einfach geworden ist. Man geht einfach an einen Ort an dem man glaubt dass man eine gewisse Konzentration an Leuten findet die man besser verstehen möchte, registriert sich und verhält sich eher ruhig. Irgendwann tauchen dann Links zu Orten auf wo man spezifischere Gruppen finden kann. Dann geht man dort hin und liest dort mit.

So kommt man in die heiligen Hallen. Man kommt nicht ins Innere Sanktum mit dieser Methode, aber man kommt verflixt nahe ran.

Man lernt dort drei Dinge:

a) Dass alle zu einem weitgehend ähnlichen Ziel wollen,

b) Niemand versteht dass der Mitbewerb dieses Ziel nicht wirklich ablehnt und

c) Insbesondere der linke Flügel sich nicht im Kampf mit dem Mitbewerb übt

Gehen wir zuerst das, durchaus provokante, Statement durch das alle das Gleiche wollen. Jede Bewegung hat als Erstes eines gemeinsam: sie gehen davon aus dass das aktuelle System nicht funktioniert und Verbesserungen, bzw. Neuformation des Systems, eine notwendige Sache ist. Würden sie das nicht glauben, wären sie nicht Teil irgendeiner Bewegung sondern würden einfach vor sich hinleben.

Jede Gruppe hat natürlich unterschiedliche Vorstellungen was sie nun ändern wollen. Es gibt üblicherweise klar formulierte Ziele, die zum Teil absurd detailliert sind.

Schlägt man aber jeder dieser Gruppen ein Szenario vor das als „post scarcity anarchism“ (grob: „jenseits der Knappheit leben“) bezeichnet wird, gibt es praktisch in keiner Gruppe wirkliche Widerrede. Solange man das Wort nicht benutzt, wohlgemerkt.

Worum handelt es sich hierbei? Es handelt sich um ein hypothetisches System in dem jeder alles Materielle besitzen kann das er besitzen will und es keine herrschende Klasse gibt die ihm sagt was der Bürger zu tun oder zu lassen hat. Man folgt den Regeln die die Gemeinschaft aufstellt und lebt somit weitgehend wie man möchte.

Der Schlüssel zu so einem Szenario ist Technologie und Automation: wenn die Roboter die ganze Arbeit tun, dann sind wir plötzlich weitgehend frei und in dieser Freiheit macht es keinen Sinn sich Goldbarren unters Bett zu legen.

Wichtig ist zu erwähnen, dass wir dieses Szenario nicht revolutionär umsetzen können sondern es einem evolutionärem Prozess folgt. Dieser Prozess kann begünstigt werden oder aber ausgebremst. Die Amish etwa können dieses Szenario nicht erreichen, weil sie Technologie ablehnen.

In anderen Worten: in einem Post scarcity Gesellschaft hätten wir keine linken und rechten Gruppen, da der Grund warum sie existieren (wahrgenommen ungerechte Verteilung von Gütern) nicht existiert.

Weder Linken noch Rechten ist das klar.

Punkt c) hat aber, im Gegensatz zu den ersten beiden, eine praktisch bedeutende Komponente: Es erklärt warum Linke den Mitbewerb verbieten wollen.

Geht man etwa in ein antikapitalistisches Forum so wird man nonstop antikapitalistische Propaganda vorfinden und jede Menge Menschen die „Ja! Genau!“ brüllen. Geht man in ein kapitalistisches Forum findet man exakt die gleiche Propaganda mit der Aufforderung „Kritisiert das“.

Übt sich die Linke also nur darin „Ja! Genau!“ zu brüllen, ist das zerstören des Arguments des Gegenübers in wenigen Worten und entsprechender Verständlichkeit, ein regelrechter Sport bei den Neokonservativen.

Treffen die beiden Seiten dann aufeinander läuft es immer auf exakt den gleichen Ablauf hinaus: der Kapitalist zerpflügt jedes Argument wohingegen der Sozialist eifrig versucht Strohmänner zu bauen und dem Gegenüber Dinge in den Mund zu legen die irgendwie zur Propaganda passt die er kennt um dann auf die ihm gewohnte weise zu reagieren: herablassend darauf zu verweisen dass das Gegenüber dumm, ungebildet und irgendwasoistisch sei.

Fragen werden nicht beantwortet sondern mit absurden Gegenfragen gekontert, meistens in dem Kaliber „Aber wäre es nicht schön, wenn“ und „Aber ist das nicht eine rechte Position?“ oder „aber Marx (sein Reich komme sein Wille geschehe) hat gesagt“ und zu guter Letzt wird dann noch irgendeine stattliche Autorität heraufbeschworen, etwas das Staatsfernsehen oder irgendein staatlich anerkannter Experte.

Die zentralen Fragen kann der Sozialist aber nicht beantworten, etwa was man nach der Weltrevolution mit den Leuten tut die nicht mitmachen wollen oder wie das System ohne einer Körperschaft funktioniert die weiterhin umverteilt, wer was braucht und wer was tun kann, wer das misst, wer das festlegt, wer dafür sorgt dass jeder nur nimmt was er braucht und tut was er kann, was die Konsequenzen für Verfehlungen sind, ob es nicht humaner ist Menschen die nicht mitmachen wollen in einem eigenen System leben zu lassen, anstatt sie umzubringen oder aber ob Che recht hatte Homosexuelle umzubringen weil es im öffentlichen Interesse ist das Menschen Nachkommen haben sollten und so weiter und so fort.

Der Linke kann das nicht tun, da er es nicht in einem sicheren Umfeld üben konnte. Vertritt man in der linken Szene eine nicht linke Ansicht ist man verbannt und verstoßen. Es ist nicht einmal möglich des Teufels Advokat zu spielen oder aber Übungsgefechte auszutragen. Der Defaultmodus ist „Die andren sind dumm, unmenschlich und wir überzeugen sie dass wir recht haben und wer nicht überzeigt werden kann ist ein unmenschliches Monster“

Versagt aber das Überzeugen mittels „Aber wäre es nicht schön, wenn“ Phrasen, gibt es keinen Plan B.

Beziehungsweise gibt es den schon: Man bringt sie alle um, aber dazu will natürlich keiner öffentlich stehen, ehe man die Macht übernommen hat.

Der Neokonservative hingegen hat ein volles Arsenal. Er kennt seine Theorien und die des Gegenübers. Er kennt seine Schwachstellen und schützt sie entsprechend und kennt die Schwachstellen des Gegenübers auf die er dann einschlägt.

Die Konsequenz ist die Cancle Culture des linken Flügels: Man versucht das Gegenüber einfach zu entmenschlichen, versucht dafür zu sorgen dass er seinen Job verliert um ihm die Lebensgrundlage zu entziehen (auch das ist eine Form des Mordes, nebenher erwähnt).

Alternativ überfährt man ihn mit dem Auto oder schlägt ihn den Kopf ein („bash the fash“). Zusätzlich verbietet man gewisse Ansichten, verbietet das Äußern von Ansichten und was man nicht verbieten kann versucht man mit Shaming zu unterbinden.

Die Cancle Culture ist die Bankrott Erklärung des linken Flügels, genauso wie sie es für die Kirche war.

Idiotischen Ansichten muss man nicht verbieten, man muss diese Ansichten öffentlich lächerlich machen.

Sei das das Konzept des Übermenschen der Braunen oder das Konzept von „jeder macht was er kann und nimmt was er braucht“ der Linken, die im Himmel wartenden Jungfrauen der Religiösen und so weiter und so fort.

Eine Seite die andere Ansichten verbieten will gibt damit zu dass sie keine Antworten auf deren Fragen hat.

Eine Bewegung die aber keine Antworten hat, sondern nur Visionen und einen Plan der auf „Hoffen wir mal auf das Beste“ basiert ist aber keine Bewegung der man Problemlösungskompetenz zutrauen kann und entsprechend kann man Menschen die keine funktionierenden Lösungen (denn „Das wird schon werden, ich glaube ganz fest daran“ ist keine praktikable Lösung) für sehr realistische Probleme zur Hand haben sollte man niemals mit Macht über die Bevölkerung ausstatten.

So schwindet also langsam aber sicher die Macht, denn wer sich von der Logik abwendet und dann versucht besagte Logik zu verbieten, hat bereits verloren.

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Frank und frei

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