Bis vor einigen Jahren dachten wir, das Fernsehen im Großen und Ganzen bleibt wie es ist: Studios machen Serien und wir schauen sie, nur eben nicht mehr in vorgefertigten Time Slots, sondern wann wir wollen über Streaming Services.

Die letzten Jahre zeigen aber einen anderen Trend. Aktuell scheint es so zu sein, dass mehr Menschen Videos über die aktuelle „Herr der Ringe – die Ringe der Macht“ Serie schauen als die Serie selber. Dieser Trend ist vor allem interessant, wenn man bedenkt, dass die Serie Milliarden kostet, die Analysten die die Serie gerade zerfetzen aber um Welten günstiger produziert werden kann. Der Return of Investment ist also für die Analysten viel besser.

Paul Chato, ehemals Chef der Comedy Abteilung von CBC Television, meinte kürzlich, dass das eben die Zukunft ist: nicht teuer produzierte Serien voller CGI und Superstars, sondern Personen mit scharfer Zunge die teure Produktionen zerfetzen. Schlicht und ergreifend, weil das unterhaltsamer ist als die Serien selber. Youtuber wie „just some guy“ erheben dieses Zerfetzen gerade zu einer eigenen Kunstform die mit klassischer Kritik oder Analyse nicht mehr vergleichbar ist.

Nebenher blühen Youtuber die ihre Spiele aufzeichnen und online stellen. Aber warum ist das spannend? Im Wesentlichen aus dem gleichen Grund warum Sportübertragungen so erfolgreich sind: der Ausgang ist unklar, scheitern ist eine Option.

Chato bezeichnet das als eine „Economy of Nothing“ also eine „Wirtschaft des Nichts“ Weil nicht wirklich etwas Substanzielles erschaffen wird das dann Menschen unterhält, sondern das was produziert wird tatsächlich eher ein Nebenprodukt von etwas ist das Menschen auch so getan hätten. Der Gipfel dieser Wirtschaft des Nichts sind Videos in denen Menschen Dinge auspacken.

Und die Zuseher mögen das, der Autor inklusive. Keine Serie konnte jemals die Spannung aufrecht halten die in diversen Streams herrscht. 60+ Stunden Laufzeit (das entspricht etwa der Laufzeit der originalen Star Trek Serie) und spannend bis zur letzten Sekunde, Entwicklungen von Situationen und Personen die sich echt anfühlten, weil sie echt waren. Die Realität schreibt eben die besten Geschichten, vor allem weil das Happy End nicht garantiert ist.

Die Ironie an der Geschichte ist, dass unser Leben immer virtueller und künstlicher wird und wir daher mehr „Echtes“ in unserer Unterhaltung haben wollen. Batman in den 80igern konnte überzeichnet sein, heute muss er real wirken. Damals hatte man noch den ganzen Tag Realität und wollte Abends unrealistische Zerstreuung, heute scheint es anders herum zu sein.

Die Zukunft der Unterhaltung liegt in dieser seltsamen Wirtschaft des Nichts, das in vielen Bereichen im Grunde am Voyeurismus grenzt.

Wir wollen echte Menschen sehen die echte Dinge machen. Ohne Script, ohne Drehbuch und mit unsicherem Ausgang, vermutlich weil unsere Welt zu berechenbar und zu sicher geworden ist.

Scheitern ist ein wesentlicher Teil der menschlichen Natur uns integraler Bestandteil unserer Entwicklung und vor allem den Jungen, denen Scheitern nicht mehr zugemutet wird, sehnen sich scheinbar nach genau diesem Scheitern, nach den Niederlagen an denen man wächst.

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Hybridathlet

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BlackView

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