von Anima Languente

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Weihnachtszeit - Familienzeit

Auch ich war bei meiner Familie und habe das Glück, dass meine Großeltern noch unter uns weilen. Beide über achtzig, beide mit müden Knochen, aber bei klarem Verstand.

Nachdem wir den Kaffee am ersten Weihnachtstag getrunken und die Tassen und Kuchenteller abgespült hatten, saßen wir noch gemütlich um eine Kerze. Im Hintergrund liefen leise ein paar Weihnachtslieder im Radio. In dieser gemütlichen Runde erinnerten wir uns an all die vergangenen Jahre – wie es wohl bei so vielen Familien üblich ist. Meine Großeltern erzählten von den Jahren, als sie den Hof von den Eltern meiner Großmutter übernommen hatten beziehungsweise meine Mutter und ihr Bruder noch kleine Kinder waren. Das Thema kam auf, weil in der heutigen Zeit alles immer so stressig ist und man kaum noch etwas schafft. Da wird geklagt, weil der eine oder andere am Heiligabend noch ein paar Stunden arbeiten muss, jemand muss das Mittagessen kochen, um drei soll der Kaffee auf dem Tisch stehen und zur Kirche, zum Krippenspiel, schafft man es schon gar nicht mehr, weil ja auch das Abendessen pünktlich auf dem Tisch stehen muss, damit gleich danach die Bescherung stattfinden kann. Ich erinnerte mich an meine Kindheit und daran, dass das doch damals auch alles unter einen Hut gebracht werden konnte. Tja, damals gab es eben auch eine klare Rollenverteilung (dieses Thema greife ich etwas später noch einmal auf).

Doch dann legten meine Großeltern los und erzählten von den Jahren, die historisch gesehen noch gar nicht so lange her sind. Es waren die Jahre zwischen 1960 und 1970, tiefste DDR-Zeiten und der Einzug der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) veränderte die gesamte Landwirtschaft. Nicht nur in den staatlichen Betrieben, sondern auch die privaten Bauernhöfe waren stark betroffen. Je mehr Land ein privater Hof hatte, umso mehr Abgaben musste er leisten. Es wurde – vieles davon geriet bei mir in Vergessenheit – sogar vorgeschrieben, WAS ein Hof abgeben musste, nicht nur die Menge. (Demzufolge verkam der Begriff „privat“ freilich zur Farce.) Denn meine Oma erzählte, dass sie mindestens fünf Schafe halten mussten, damit sie die geforderte Menge an Wolle abgeben konnten. Irgendwie erinnerte mich das an die Lehenszeiten im Mittelalter. Das muss man sich mal vorstellen: Da bestimmt der Staat, dass ein Bauernhof so und so viel Kilo Wolle abgeben muss, weil er so und so viel Hektar Land hat, ob er dabei überhaupt über Schafe verfügte, war uninteressant. Dann mussten eben welche angeschafft werden. Und DAS im 20. Jahrhundert! Ja, ich weiß, das war eben die DDR, aber das Ausmaß geriet mir in Vergessenheit, denn ich war noch ein kleines Kind, als die Wende kam. So viel habe ich also nicht mitbekommen, außer, dass wir in der Kinderkrippe und im Kindergarten ständig vor einem Bild eines alten Mannes mit Brille Aufstellung nehmen und Lieder singen mussten; was mir schon immer total komisch vorkam, denn dieser Mann konnte uns doch durch das Bild nicht hören. Diese und noch ein paar wenige Erinnerungen sind mir aus jener Zeit geblieben und das war es dann auch schon – zum Glück!

Wir hatten damals einen der größten Bauernhöfe in der Umgebung und einiges an Personal. Die Abgaben waren dadurch sehr hoch. Meine Großeltern arbeiteten zusätzlich in der staatlichen Landwirtschaft. Damit sie ihr Soll erreichen konnten, mussten sie stets und ständig arbeiten. Der Tag begann morgens um fünf mit dem Melken der Kühe und der Versorgung des Viehs, um sieben mussten sie in den Betrieb. Dort wurde in der Regel bis 16/17 Uhr gearbeitet und wenn man nach Hause kam, wurden wieder das dortige Vieh und die eigenen Felder versorgt. Je nach Jahreszeit und Witterungsverhältnissen konnte sich das schon mal bis in die tiefen Abendstunden ziehen. Natürlich macht die landwirtschaftliche Arbeit vor Sonn- und Feiertagen nicht halt. So kam es gerade in diesen Umbruchzeiten vor, dass mein Opa auch am Heiligabend noch die Felder umpflügen musste. Manchmal auch bis 16 Uhr. So blieb die Versorgung des eigenen Hofs und der Familie an meiner Oma hängen, die tagsüber auch noch im Betrieb arbeiten musste. Damals war es aber noch so, dass der Weihnachtsbaum erst am 24.12. in der großen Stube aufgestellt und geschmückt wurde. Meine Oma ging in den Wald und holte den Baum nach Hause – zu Fuß selbstverständlich, denn ein Auto hatten sie damals noch nicht und den Traktor hatte mein Opa auf dem Feld. Sie zerrte den Baum nach Hause, stellte ihn auf, schmückte ihn, kochte das Essen, versorgte die Kinder und das ganze Vieh. Als mein Opa vom Feld kam, ging es in die Kirche, danach wurde gegessen und anschließend gab es die Bescherung und niemand beschwerte sich. Allerdings erfuhr auch niemand für seine Leistung besondere Anerkennung oder gar großen Dank. Es war eben einfach so.

Beim Zuhören schämte ich mich zutiefst. Ich schämte und schäme mich noch immer für mich selbst und für meine gesamte Generation, die nach ihren acht Stunden Arbeit „halbtot“ vor dem Fernseher zusammenbricht und nichts weiter kann, als sich über alles und jeden zu beklagen und besonders laut, wenn einem nicht von allen Seiten auf die Schulter geklopft wird. Und das sagte ich auch. Manch einer von uns schafft es nicht einmal mehr, acht Stunden zu arbeiten, und ist trotzdem am Ende seiner Kräfte. Ja, wir haben jetzt „andere“ Zeiten und ja, es gibt die verschiedensten Gründe dafür. Das weiß ich alles und ich verurteile niemanden, außer mich selbst vielleicht. Dennoch schäme ich mich.

Bei dieser Erzählung fielen mir zwei Schwerpunkte auf, die mich zu diesem Text veranlasst haben:

- Zum einen der Wandel der Gesellschaft und somit der Wandel in der Familie.

- Zum anderen der Staat.

Seit geraumer Zeit beschäftigen mich schon unzählige Gedanken. Besonders rund um die Themen Familie, Gesellschaft und Staat.

Allein in dieser kleinen Geschichte meiner Großeltern werden der Wandel der Gesellschaft und der Einfluss des Staates sichtbar. Inzwischen haben wir den Sozialismus, genau wie wir ihn bereits schon zweimal hatten. Auf das Thema Meinungsfreiheit will ich jetzt gar nicht zusätzlich eingehen. Mir geht es hier und jetzt vorrangig um das Thema Familie. Dieses Thema habe ich bereits mit einigen Freunden und Facebook-Bekannten in letzter Zeit immer wieder aufgegriffen und jedes Mal könnte ich mich in ein stundenlanges Gespräch verstricken. Ich beobachte die Gesellschaft und besonders meine Generation und sehe viele kaputte Seelen. Zerstört unter anderem vom destruktiven (nicht produktiven) Egoismus der Eltern, von Familienstreitigkeiten, durch den gesellschaftlichen Druck und die sich rapide verändernden Werte. Immer auf der Suche nach sicherem Halt, nach Beständigkeit, aber auch nach Freiheit. Verwahrlost und gelangweilt durch den Noch-Wohlstand der heutigen Zeit. Und so gut wie niemand ist gewillt, etwas ändern. Familie zählt heute nichts mehr. Familienfeste sind lästige Pflichten, die man zu erfüllen hat, stressig, und jeder ist froh, wenn die Zeit wieder vorüber ist und man sich endlich wieder sich selbst widmen kann. Wie konnte es dazu kommen? Und was sind die Folgen?

Blicken wir zurück in die Vergangenheit. Wie sah die Familie denn früher so aus?

Sie bestand aus Vater, Mutter, Kindern, Großeltern – meistens alle unter einem Dach. Die Männer des Hauses gingen arbeiten. Mit dem Geld konnten sie die Familie ernähren – wohlgemerkt als Alleinverdiener, was heutzutage so gut wie unmöglich wurde, allerdings niemanden stutzig machen lässt. Die Frauen führten den Haushalt. Sie sorgten dafür, dass es dem Mann, wenn er abends geschafft von der Arbeit heimkehrte, an nichts fehlte und er ein liebevolles Zuhause hatte. Besonders wichtig hierbei aber, die Frauen waren hauptverantwortlich für die Erziehung der Kinder. Über Jahrtausende (!) hat dieses System funktioniert. Natürlich nicht genau so, sondern abhängig vom Entwicklungsstand der entsprechenden Zeit. Dennoch war es schon immer Aufgabe des Mannes, die Familie zu ernähren und die Aufgabe der Frau, den Haushalt, den Rückzugshort, das Heim zu pflegen und die Kinder zu erziehen. Lebten die Großeltern und vielleicht sogar noch Onkel und Tante mit ihren Kindern im selben Haushalt, war es eine Bereicherung für jeden. Man konnte voneinander lernen. Ein sehr wichtiger Punkt, der heute nicht mehr zu funktionieren scheint. Mein Freundes- und Bekanntenkreis besteht hauptsächlich aus Männern. Unter Freunden ist es üblich, dass man sich auch über Privates und Intimes austauscht. Deshalb erschrecke ich immer wieder, wenn ich erfahre, wie viele Frauen weder kochen noch bügeln können. Auch das scheint besonders so ein Generationsding zu sein. Viele Frauen meiner Generation können keinen Haushalt mehr ordentlich führen. Das erklärt mir auch, weshalb so viele Männer kochen und überhaupt ihren Haushalt selbst führen (müssen), obwohl sie sich in einer festen Partnerschaft befinden. Ihnen bleibt ja nichts weiter übrig. Selbstverständlich ist das nicht verwerflich und ich verurteile niemanden. Ich stelle lediglich fest, wie sich die Gesellschaft gewandelt hat. Ich weiß auch sehr wohl, dass viele Männer wahnsinnigen Spaß daran haben und das gar nicht schlimm finden. Ich weiß genau, dass viele von ihnen, wenn sie diese Sätze hier lesen, lautstark protestieren werden. Das ist auch okay. Das darf auch jeder. Doch wird es einige geben, die mir zustimmen werden. Wenn auch nur still und heimlich.

Im klassischen Familienmodell hat man sich gegenseitig unterstützen können – man war eine Einheit, unabhängig! Sicher gab es auch da familiäre Zwistigkeiten, aber wenn es ernst wurde, wenn es darauf ankam, hielt die Familie zusammen. Kranke und Alte wurden Zuhause gepflegt. Und heute?

Ich bin ganz sicher NICHT der Meinung, dass ausnahmslos jede Frau an den Herd gehört und dass Ehen von den Eltern arrangiert werden sollen. Ganz sicher nicht. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Gesellschaft einst besser funktioniert hatte. Nicht umsonst hielt dieses Modell Jahrtausende an. Wenn ich mich mit meinem besten Freund über dieses Thema unterhalte, sagt er immer wieder: „Wie sahen die Gesellschaft und die Familie aus zu den Zeiten, in denen die großen Dichter und Denker, Erfinder und Wissenschaftler, Musiker und Philosophen wie Pilze aus der Erde schossen?“ Und er hat recht.

Nicht jede Frau ist so leistungsfähig, wie es die heutige Gesellschaft fordert. Haushalt, Kinder und berufliche Karriere überfordern so manche. Besonders, wenn sie noch dazu geschieden und alleinerziehend sind (in der Regel übrigens als Folge des „progressiven“ Familienverständnisses). Ich sage NICHT, dass es eine solche Frau nicht schafft. Ich sehe aber, wie viele völlig überfordert sind und besonders sehe ich die Kinder, die darunter zu leiden haben. Ich sage NICHT, dass das auf jedes Kind zutrifft, aber ich sehe, dass es viele sind und stetig mehr werden. Bevor ich jetzt gleich als „homophob“ beschimpft werde, nehme ich nun dieses Thema hinzu.

Ich habe NICHTS gegen Homosexuelle, nichts gegen ihre Ehen und auch nichts dagegen, dass sie Kinder adoptieren oder in Pflege nehmen. Ganz und gar nicht. Denn auch hier besteht die Möglichkeit, das klassische Familienmodell zu übernehmen. Was spricht dagegen, dass ein Elternteil zumindest in der Prägephase des Kindes, also zumindest in den ersten drei Lebensjahren zuhause bleibt und die Rolle der „Hausfrau“ übernimmt? Ich weiß, es gibt Paare, die das so machen. Ich spreche hier von der Allgemeinheit, nicht von „Ich kenne da aber welche...“. Was ich damit sagen will, ist, dass wir vergessen haben, darauf zu achten, was das Wichtigste und Beste für unsere Kinder ist. Wir unterschätzen die Auswirkung unserer Lebensweisen auf die Kinder. Ich will auch nicht sagen, dass unbedingt die Frau für den Haushalt verantwortlich sein muss. Natürlich kann das auch ein Mann. Es geht mir darum, dass Kinder am besten von den Eltern betreut werden. Besonders in den ersten Lebensjahren. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass besonders Frauen anfällig für Überlastung sind. Das hat ganz biologische, natürliche Gründe. Alleine anhand meiner Beobachtungen konnte ich feststellen, dass in unserer heutigen Zeit auch immer mehr Männer überfordert sind. Da fängt es doch an, spannend zu werden. Weshalb wandelt sich das so? Natürlich mag es viele Ursachen geben. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass der familiäre Wandel einen erheblichen Einfluss darauf hat, dass beide Geschlechter zunehmend überfordert mit dem Alltag sind.

Im Übrigen ist durch psychologische Studien inzwischen erwiesen, dass ein Kind, egal ob Mädchen oder Junge, beide Geschlechter als Bezugspersonen braucht. Es ist ein Trugschluss, dass eine einzige Bezugsperson oder ein einziges Geschlecht für ein Kind ausreichen. Die Beweise hierfür sehe ich fast täglich. Natürlich will ich niemandem vorschreiben, wie jemand zu leben hat. Keinesfalls. Jeder soll/muss die Freiheit haben, das für sich selbst zu entscheiden und das befürworte ich natürlich. Jeder kann tun, was er will, solange kein anderer darunter leidet oder es irgendwelche negativen Auswirkungen hat.

Ich möchte lediglich zum Nachdenken anregen und appelliere nur an unser aller Vernunft und daran zu denken, ob das wirklich spurlos an den Jüngsten vorbei geht.

Wir leben in einer Spaßgesellschaft und der Staat fördert diese Neuerung, denn sie dient seinem Zweck. Ich habe überhaupt nichts gegen Fortschritt und moderne Technik. Im Gegenteil – ohne sie möchte ich gar nicht mehr leben. Ich habe auch nichts gegen einen gesunden Egoismus. Doch wo befindet sich unsere Gesellschaft? Wir schicken unsere Kinder bereits mit einem Jahr in eine Kindertagesstätte, also überlassen wir ihre Erziehung dem Staat mit all seiner Propaganda. Manche Eltern suchen noch nach Ausweichmöglichkeiten. Dann kommen die Kinder in einen „alternativen“ Kindergarten. Dort mag das Kind vielleicht nicht ganz so stark dem staatlichen Einfluss und seinen ganzen Folgen ausgeliefert sein. Doch was wird dort weitergegeben? Dass es keine Geschlechter mehr gibt und dass der beste Mensch der Veganer ist. Oh, ich muss mich korrigieren. Denn vor Kurzem wurde ich darüber belehrt, dass wir mittlerweile sogar über dreißig (!) Geschlechter unterscheiden. Tja, es ist ja auch um so vieles bequemer, die nervigen Plagen zumindest für ein paar Stunden am Tag los zu sein.

Das ist nicht der Grund? Okay, dann lasst mich euch zwei andere Beispiele nennen, die mir Eltern gaben. „Wir müssen das Kind schon so früh in die Kita stecken, weil wir arbeiten müssen. Netflix muss ja auch bezahlt werden.“ Das ist KEIN Witz! Das wurde als Grund angegeben. „Wir müssen so schnell es geht wieder beide arbeiten, weil wir unseren Lebensstandard sonst nicht halten können. Wir gehen nun mal gerne essen.“ Auch das ist kein Witz! Also schieben wir lieber unsere Kinder, unsere Liebsten, ab in fremde Hände, weil wir lieber essen gehen und Netflix schauen, als uns um das Wertvollste selbst zu kümmern. Lieber hauen wir uns auf die Couch, lassen uns bespaßen, als uns um unsere Familie zu kümmern. Unsere Gesellschaft will keinerlei Abstriche machen. Wir wollen Netflix, Amazon Prime, Sky etc., Urlaub machen und chic essen gehen. Um auf diesen Luxus nicht verzichten zu müssen, verzichten wir lieber auf unsere eigenen Kinder.

Bravo!

Im Grunde würde ich das nicht verwerflich finden, wenn es nicht zu Lasten der Kinder ginge. Mich wundert es überhaupt nicht, dass die Psychiatrien und Praxen niedergelassener Therapeuten aus allen Nähten platzen. Die Familie hat sich gewandelt und die Einstellung zur Familie auch. Deshalb ist es auch ein Leichtes für die Politik respektive den Staat, Familien zu spalten und stattdessen immer mehr staatlichen Einfluss geltend machen zu können. Die stärkste Gemeinschaft war einst die Familie und somit stets der natürliche Dorn im Auge des immerzu wachsenden Wohlfahrtsstaates.

Wir haben es geschafft, diese Einheit zu zersetzen und dem Staat somit in die Hände zu spielen. Wir haben gelernt, Beziehungen zu trennen, Verbindungen zu kappen, alleinerziehend zu sein, Eltern beziehungsweise Großeltern in Altersheime abzuschieben, denn Familie ist überflüssig geworden.

Unsere Gesellschaft ist der Spiegel unseres eigenen Versagens und unserer Angst vor Verantwortung.

In diesem Sinne

Ein gesundes, neues Jahr!

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