Ein guter Tag beginnt mit einer Nachricht, die – vielleicht unbeabsichtigt, aber doch – die Fantasie anregt; die nicht von Sterben, Gewalt, Katastrophen berichtet. Nun, das mit den Katastrophen muss relativiert werden. Denn was für die Allgemeinheit oder den Gang der Welt ziemlich unerheblich ist, kann für betroffene Personen schon eine Katastrophe sein. Nun, auch das mit dem Gang der Welt muss relativiert werden.
Eine solche Nachricht wird jetzt von „POLITICO“ im Netz via "Wall Street Journal" verbreitet: Mark Mezvinsky, Schwiegersohn von Bill und Hillary Clinton und Mitbesitzer des Hedgefunds „Eaglevale“, ist in Schwierigkeiten. Das wäre wahrscheinlich gar keine Nachricht, wäre es nicht der Schwiegersohn. Der Fund hat für seine Investoren wegen der Krise in Griechenland Millionen verloren. Und wie wird das in der Nachricht begründet? „Durch unglückliche Wetten auf die griechische Wirtschaft.“ Nun, gut das Wort „unfortunate“ könnte man auch mit bedauerlich, glücklos, unselig übersetzen. Das würde die Sache aber auch nicht besser machen.
Das Bedauerliche an Spekulationen ist also nicht der Verlust für jene, die in den Fund investiert haben, sondern die Tatsache, dass sie eben glücklos waren. Das eröffnet für das heimische Hypo-Desaster ganz neue Möglichkeiten: Bedauerlich statt inkompetent; glücklos statt fahrlässig, unselig statt kriminell. Man kennt semantische Tricks ja schon seit langem aus der Wirtschaft: Schrumpfung der Wirtschaft wurde schon vor langer Zeit zum Minus-Wachstum, Arbeitsnehmer werden schon seit Jahrzehnten nicht gekündigt, entlassen oder arbeitslos, sondern freigesetzt. Aber diese Umschreibung von Wetten mit fremden Geld hat schon noch eine ganz andere Qualität.
Zurück zu den Katastrophen und dem Gang der Welt: Also das Verspekulieren des Schwiegersohns der Nation in den USA brachte dem Fund und somit seinen Investoren 2014 einen Verlust von 3,6 Prozent während andere Hedgefunds Gewinne machten, weil die US-Wirtschaft wieder in Schwung gekommen ist. Blöd gelaufen! Die Prognosen von „Eaglevale“ waren schlicht und einfach „unrichtig“, wie den Investoren mitgeteilt wurde. Für Mezvinsky also schon eine persönliche Katastrophe, vor allem auch, weil sie den „Gang der Welt“ beeinflussen könnte.
Nämlich so – und das ist ebenfalls faszinierend: Just jetzt, da Schwiegermutter Hilary ihre neue Kandidatur zur US-Präsidentschaft überlegt, ist die Nachricht, dass Chelseas Mann Geld der Investoren verwettet hat, nicht sonderlich hilfreich. Vor allem auch deshalb nicht, weil die Sache mit dem Geld im Wahlkampf zu einer offenen Flanke für die Clintons werden kann. Hilarys Gegner werden ihr sicher die exorbitanten Gagen für ihre öffentlichen Auftritte vorhalten – und ihre, sagen wir: „unfortunate“ Begründung, Bill und sie hätten schließlich Wohnungen und Häuser zu finanzieren gehabt, als sie das Weiße Haus 2009 mit Millionen-Schulden verlassen haben. Auch die Finanzgebarung der Clinton Foundation, der gemeinnützigen Stiftung also, wurde zuletzt bereits medial thematisiert und wird es noch stärker werden, sollte Hillary tatsächlich als Präsidentschaftkandidatin antreten.
Also da lacht das Journalisten-Herz, wenn man folgenden Bogen spannt: Die Entwicklung in Griechenland könnte ergo über Umwege der „unglücklichen Wetten“ des Hedgefunds „Eaglevale“ den Wahlkampf um die US-Präsidentschaft beeinflussen. Dann nämlich, wenn die Schwachstelle der Clintons, das Geld, Hilary in eine fortgesetzte Defensive treibt. Ihre Gegner werden diese Schwachstelle weidlich ausnützen. Und dann wird auch der Schwiegersohn herhalten müssen. Wer hätte den Griechen in ihrer selbstverschuldeten Misere eine solche globale Reichweite zugetraut?
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