Das ultimative Zumpferl-Messen

Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Titel verwenden soll. Einen weniger groben habe ich aber nicht gefunden für das, was sich da Donnerstag Abend in den USA und Donnerstag Nacht in Europa vor 24 Millionen Zusehern bei der ersten Runde der möglichen Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei abgespielt hat: Neun weiße Männer und ein Afro-Amerikaner sollten ihre Ideen, Vorschläge und Visionen für die Zukunft der USA vorstellen. Daraus wurde leider nichts.

Bei der Nachbetrachtung mit Hilfe der Videos, die von dieser Veranstaltung des ultrarechten TV-Senders Fox News zu haben waren, an den Tipp eines befreundeten Managers. Ich wollte mich schlau machen, warum es in jeder männerdominierten Sitzung ab einem gewissen Punkt immer weniger um Inhalte und immer mehr darum ging, wer diese Sitzung als Starker oder Schwacher verlassen würde. Sein Tipp damals: „Beobachte es, es gibt immer einen Punkt, an dem es nur mehr ums Zumpferl-Messen geht.“ Ich fand das damals eher erstaunlich grob, um nicht zu sagen unerwartet vulgär. Denn mein Freund, der Manager, ist ein feinsinniger Mann.

Jetzt muss ich ihm aber Abbitte leisten, denn treffender kann man diese männlichen Schaukämpfe nicht beschreiben. Bei der ersten von vielen solcher Konfrontationen im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft 2016 war der Punkt sehr schnell erreicht. Das lag zum einen an der „Inszenierung“, die sich Fox News ausgedacht hat, indem man den Immobilien-Erben Donald Trump genau in die Mitte platzierte, von wo aus er nach rechts und links seine Verachtung auf die anderen Kandidaten versprühen konnte. Und das lag zum anderen an Trump selbst, der von sich und seinen Provokationen, von seiner Rüpelhaftigkeit und Frauenfeindlichkeit so begeistert war und ist, dass er allen anderen signalisierte: Lasst Euch erst gar nicht auf einen Vergleich mit mir ein!

Nichts bewies die Inhaltsleere der Kandidaten-Aufstellung besser als die Tatsache, dass nicht politische Aussagen die Reaktionen dominierten, sondern der hysterische Streit via Twitter zwischen Trump und der ultrakonservativen TV-Moderatorin Megyn Kelly.

Die ganze mediale Hysterie um Trump zur Zeit wirft eine Reihe von politischen Fragen auf, die auch uns in Europa während des Präsidenten-Rennens noch oft beschäftigen werden.

1.     Genügt heute wirklich schon jeder grobe Verstoß gegen das vermeintlich politisch Korrekte, um flächendeckend mediale Aufmerksamkeit zu erzielen und Bewunderer auch in den Medien um sich zu scharren? Je krasser, desto größer die Chance, dass die Medien in diese Falle tappen. Diese Provokationen sind meist kalkuliert. Bei Trump hatte man den Eindruck, dass zwar anfangs Kalkül dahinter steckte, er am Ende den Unsinn aber wirklich glaubt.

2.     Wann ist der Punkt erreicht, an dem der Provokante sich als Clown erweist. Trump ist sicher nicht der erste in US-Wahlauseinandersetzungen, aber der bisher schrillste.

3.     Fühlt sich das männliche weiße und das reiche Amerika nach sieben Jahren des ersten afro-amerikanischen Präsidenten wirklich so bedroht,  dass jede Person recht ist,  die gegen Linke, Latinos, Afro-Amerikaner und Frauen zu Felde zieht?

4.     Kann die Sehnsucht nach Unverblümtheit und Fanatismus unter gewissen Rahmenbedingungen wirklich die Vernunft aus der Politik zu Gänze vertreiben?

5.     Treibt die Angst vieler vor den rasanten Veränderungen tatsächlich in das Lager von Außenseitern, die sich – wie Trump – oft nur als solche ausgeben, in Wahrheit aber sehr wohl das System, das sie angeblich bekämpfen, zu ihrem Vorteil nutzen. Jede Ähnlichkeit mit österreichischen Vertretern dieser Gattung Politiker ist durchaus beabsichtigt.

Antwort auf diese Fragen werden wir erst im Sommer 2016 und endgültig im November 2016 erhalten – und bis dahin noch von etlichen Vergleichsveranstaltungen dieser Art hören.

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