Und Justizminister Wolfgang Brandstetter ist ein sympathischer Mann. So etwas wie das freundliche Gesicht der österreichischen Justiz. Der Opa der Nation? Oder der Kumpel wie für „profil“-Herausgeber Christian Rainer? Der Minister von Michael Spindeleggers Gnaden scheint sich in einer weitgehend kritikfreien Zone bewegen zu können.
Nur so ist es zu erklären, dass seine Rolle beim Zustandekommen des jetzt vom Verfassungsgerichtshof in der Luft zerrissenem Hypo-Gesetz so gut wie gar nicht zur Sprache kommt. Übrigens so „zur Gänze“ in der Luft zerrissen, dass nicht einmal Teile davon verwendbar sind und das Höchstgericht deshalb keine Reparaturfrist eingeräumt, sondern angeordnet hat: Das Gesetz ist nicht mehr anzuwenden.
Das heißt, Österreich hat jetzt einen Justizminister, der einen „unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf Schutz des Eigentums“ nicht nur nicht verhindert, sondern daran auch noch mitgewirkt hat.
Schnell wurde nach dem Spruch der Höchstrichter der damalige Finanzminister Michael Spindelegger als Alleinschuldiger am Hypo-Gesetz-Pfusch ausgemacht. Es darf schon daran erinnert werden, dass die Mitwirkung des Justizministeriums und Spindeleggers CV-Freundes Brandstetter 2014 immer als Beweis dafür herangezogen worden war – übrigens auch von Bundeskanzler Werner Faymann -, dass das Hypo-Gesetz von unbestreitbarer juristischer Qualität sei.
Im Juni 2014 wurde Brandstetter im „Kurier“ gefragt, ob er der „Mastermind“ hinter dem Hypo-Gesetz war und damit zufrieden sei.
Brandstetter: „Mastermind wäre zu viel der Ehre. Richtig ist: Wir haben im Justizressort die Arbeit an Teilen des Gesetzes koordiniert und dabei viele, auch externe Berater aus international erfahrenen Anwaltskanzleien mit eingebunden.“ Herausgekommen ist offenbar ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen ein Grundrecht.
Damals war Brandstetter noch „ fest überzeugt, dieses Gesetz ist die bestmögliche juristische Lösung“.
Ob er glaube, dass das Gesetz vor dem Verfassungsgericht halten werde?
Brandstetter: "Ein Gesetz dieser Komplexität ist immer mit Unsicherheiten behaftet, das kann man nicht ausschließen. Der Vorschlag, den wir erarbeitet haben, bietet aber die größtmögliche Sicherheit, die man haben kann. 100 Prozent Sicherheit gibt es aber nie“.
Dem könnte man nicht einmal widersprechen, wenn das Höchstgerichts Teile dieser Komplexität aufgehoben hätte, aber ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz des Eigentums ist sicher nicht so komplex, dass ihn ein Justizminister nicht erkennen kann.
Und wie sehr muss sich ein Justizminister blamieren, um die Konsequenzen zu ziehen? Wie viel Vertrauen in die Justiz rechtfertigt er, wenn sein Ministerium nicht einmal ein Grundrecht schützen kann? Noch dazu, wie Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk am Dienstag im ORF sagte, bei einem „absehbaren hohem Risiko“, für alle „erkennbar“ . Wenn tatsächlich nach dem Prinzip „Probier ma’s halt“ vorgegangen wurde, dann ist die Frage schon erlaubt: Was kann man noch alles „probieren“?
Eine solche Abfuhr vor einem Höchstgericht für ein Gesetz, an dem er maßgeblich beteiligt war, kann sich ein Justizminister eigentlich nicht leisten – außer, wie es scheint, in Österreich.