Die schöne neue Welt des Karl Heinz Grasser

Eines muss man dem Ex-Politiker Grasser lassen: Diese Chuzpe muss man einmal an den Tag legen können, völlig ungerührt von den Fakten, völlig ungerührt von der eigenen Ankündigung am Mittwoch, im Hypo-Untersuchungsausschuss für Transparenz sorgen zu wollen; bar jeder Selbstreflexion und bar jeder Einsicht, dass es bei der parlamentarischen Klärung der politischen Verantwortung für die größte Steuergeldvernichtungsmaschine der Zweiten Republik vielleicht nicht um seine gesammelten Weisheiten und Ratschläge, sondern um seine Amtszeit als Finanzminister und seine privaten Geschäfte mit der Hypo Alpe Adria gehen könnte.

Grasser vermittelte um U-Ausschuss von Anfang an den Eindruck, als hätte er die Jahre 2003 bis 2007 auf Capri oder sonst wo verbracht, nicht aber als Minister in der Wiener Himmelpfortgasse und sei jetzt gerufen worden, den Hypo-Skandal mitsamt seinen Milliardenschaden für die Steuerzahler zu evaluieren und Leistungsnoten für die Zeit nach 2007 zu vergeben. Wobei, das stimmt nicht ganz. Denn für diesen Zeitraum las Grasser den Abgeordneten die einschlägigen Zitate aus dem Bericht von Irmgard Griss vor und lieh sich auch die Phrase vom „multiplen Organversagen“ aus – das der anderen, wohlgemerkt.

Schon seine Eingangserklärung geriet Grasser zur Belehrung der anderen über die „Fehler“ – der anderen. Der Staat und das Land Kärnten seien eben schlechte Eigentümer, dem Ganzen nicht gewachsen, die Eigenkapitalvorschreibung für Banken müssten eben verdoppelt werden, die beste Finanzmarktaufsicht hätte das Debakel nicht verhindern können.

Zur Entwicklung der Hypo Alpe Adria will er keine „ besondere Wahrnehmung“ gehabt haben, nie über deren kritischen Zustand informiert gewesen sein. Grassers Pech im Nachhinein: Am Donnerstag wies Rechnungshof-Präsident Josef Moser darauf hin, dass schon 2002 in einer Prüfung auf die Risken und die Vorgänge in der Hypo Alpe Adria hingewiesen worden sei, dies aber niemanden interessiert habe. Also 2002 hätten schon die Alarmglocken gehört werden können. Ab 2003 muss sich die damalige schwarz-blaue Regierung überhaupt taub gestellt haben, denn da pfiffen die Spatzen den unrealistischen Expansionskurs der Hypo Alpe Adria schon von den Kärntner und Wiener Dächern. Aber Grasser will von der „Schieflage“ der Bank nie etwas gehört haben.

Nur dort, wo er etwas gehört hat, verweigerte er laufend der Aussage und verweist auf Privatsphäre und Staatsanwalt.

Im Untersuchungsausschuss kommt Grasser offenbar gar nicht auf die Idee, dass er sich damit selbst schadet: Wenn er als Finanzminister nicht informiert war worüber in einschlägigen Kreisen spätestens ab 2003 diskutiert worden ist und was dann auch noch in seiner Amtszeit bis 2006 voll aufgebrochen ist (Stichwort: Wechsel Wolfgang Kulterer vom Vorstand in den Aufsichtsrat), war er vielleicht „so reich und so schön“, aber sicher kein so kompetenter Finanzminister.

Weil er aber am Mittwoch gar nicht auf diese Idee kam, fühlte er sich berufen, Ratschläge zu erteilen, mit einem Verweis auf das Wahldebakel von SPÖ und ÖVP in Oberösterreich den früheren FPÖ-Politiker heraushängen zu lassen und zu behaupten: „Die Hypo wäre uns nicht passiert!“ Ist sie aber.

Strafrechtlich wird weder Grasser noch irgendein anderer Politiker für das Hypo-Desaster, das jeden Steuerzahler Tausende Euro kostet, belangt werden. Politisch kann ihm auch nichts mehr passieren. Wie schön könnte Karl Heinz Grassers Welt daher sein, hätte er im U-Ausschuss einfach gesagt: „Es tut mir Leid. Wir haben versagt.“

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fischundfleisch

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