Wann, wenn nicht jetzt? Hier und jetzt ist die Zeit, in der sich die Medien wieder und endlich auf ihre Kernaufgabe besinnen müssen: Die Kontrolle der Mächtigen und die Suche nach der Wahrheit.
Denn wir leben in Zeiten des „Vielleicht“ und das ist gefährlich:
Vielleicht war das Massaker von Nizza gar kein Terroranschlag, sondern die Amokfahrt eines Gestörten.
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Vielleicht hat Präsident Recep Tayyip Erdogan den Putsch in der Türkei selbst inszeniert.
Vielleicht könnte Norbert Hofer „innerhalb von 14 Tagen das Parlament beseitigen“, sollte er Bundespräsident werden (© Alfred Noll).
In allen drei – wahllos herausgegriffenen - Fällen kann die Medienarbeit, also jene der Journalisten, darin bestehen, Fakten zusammen zu tragen. In den beiden erst genannten sind die internationalen Medien gefordert, im Fall des „Vielleicht-Staatsstreichs“ die österreichischen. Die Verfassung gibt da genug her. Was aber passiert in den meisten Fällen? Vermutungen werden geäußert, offizielle Versionen übernommen, Nachforschen und Fragen vermieden.
In ihrer Panik, ein Geschäftsmodell zu betreiben, das so in Zeiten von Twitter, Facebool, Instragam und wie die Plattformen alle heißen, nicht mehr tragfähig sein wird, haben Verleger und (wir) Journalisten den eigentlichen Sinn der Medienarbeit irgendwie aus den Augen verloren. Kein Wunder, denn der Tunnelblick ist auf das gerichtet, was sich immer schneller, immer oberflächlicher, immer offizieller verbreiten lässt. Es ist kein Zufall, dass immer mehr von „absetzen“ von Meldungen und nicht von „verfassen“ gesprochen wird.
Absetzen kann man schnell etwas. Es spielt dabei keine Rolle, ob es gut oder schlecht ist, ob es der Wahrheit nahe kommt oder sie gar nicht aufspüren will.
Alles andere sei „zu teuer“, heißt es. Natürlich ist es teuer. Recherche, Nachforschung, Nachhaltigkeit erfordert Geld. Und zwar auf allen Kanälen, denn wo guter Journalismus, der seinem ursprünglichen Auftrag gerecht wird, stattfindet, ist sekundär geworden – ob in den konventionellen Medien oder im Internet. Er muss nur stattfinden.
Jetzt ist die Zeit, in der Medieninhaber und (wir) Journalisten nach Maßgabe der eigenen Möglichkeiten zu den ursprünglichen Aufgaben – Kontrolle und Wahrheit – zurückkehren sollten. Was ist mit „Maßgabe der eigenen Möglichkeiten“ gemeint? Österreichische Verlagshäuser haben nicht die wirtschaftliche Kraft und daher auch nicht die Chance, globale Fragen stichhaltig mit Fakten zu beantworten. Internationale Agenturen schon.
Wenn wir schon in Zeiten des „Vielleicht“ leben, dann ist hier eine Liste, die man vielleicht in Österreich abarbeiten könnte.
Vielleicht sollten Medieninhaber ihre Ressourcen neu verteilen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass mit dem Umschichten von finanziellen und human ressources zum online affinen Journalismus das gefährdete Geschäftsmodell auch nicht zu retten ist. Billigere, schnellere, gleichgeschaltete, uninteressante Meldungen machen die Produkte nicht attraktiver und daher wirtschaftlich nicht stabiler. Statt gebannt auf die mediale Online-Welt zu starren wäre der Blick wieder auf die Wirklichkeit zu richten. Nicht in einem Entweder-Oder-Verfahren, denn dafür ist es zu spät, sondern in einem Sowohl-Als auch- Akt mit einer Verlagerung der Gewichte – von der Technologie zur Geschichte, die es zu so zu erzählen gibt, dass sie Konsumenten auch wirklich interessieren. Mit Uniformität ist da nichts zu erreichen.
Vielleicht sollten Medieninhaber einsehen, dass sie wieder in Humankapital, also in gute Journalisten investieren müssen; dass Recherchezeit ohne sofortigen Output an Zeilen und Zeichen produktive Zeit und daher zu entgelten ist.
Vielleicht sollten Medieninhaber verstehen, dass nichtssagende Interviews, mit wem auch immer, zwar Seiten füllen, aber in den seltensten Fällen einen Mehrwert an Kontrolle und Wahrheit bringen; dass die Zeit, die darauf verwendet wird, besser genutzt werden kann.
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