Ein ganz besonderer Frauentag in der kleinen Welt

Es gibt viele gute Gründe, warum man wie Susanne Scholl den Internationalen Frauentag nicht leiden kann. Mehr Scheinheiligkeit seit Jahrzehnten geht nicht. Dennoch könnte man der Ansicht sein, dass der diesjährige Frauentag ein ganz besonderer in der kleinen österreichischen Politik-Welt war. Er provozierte nämlich die Erkenntnis, dass sich Männer meist ganz anders verhalten, wenn sie die Spitzenpolitik verlassen müssen, als Frauen.

Und das kam so: Österreichs ehemaliger ÖVP-Chef, Vizekanzler, Außenminister, Finanzminister gab an diesem Frauentag am Wiener Boulevard ein großes Interview zu seinem neuen Job als Direktor einer Modernisierungsagentur für die Unkraine (es gilt der journalistische Vorbehalt). Abgesehen davon, dass er in diesem Interview so tut, als wäre er 2009 nicht Vizekanzler und überhaupt bei dem ganzen Hypo-Desaster bist 2013 nicht dabei gewesen, verteidigt er seine neue Arbeit mit und für den ukrainischen Oligarchen Dimitro Firtasch, dem Erfinder und Hauptfinancier der Agentur. Warum dann in der Ukraine selbst, in der Firtasch trotz „Exil“ in Österreich und trotz Auslieferungsantrag der USA Präsident des Arbeitgeberverbandes ist, das Ganze skeptisch bis höhnisch kommentiert wird, sei dahingestellt: Die von Spindelegger geleitete „Agentur zur Moderniesierung der Ukraine“ sei nur der Versuch Firtasch, seine Reputation wiederherzustellen, Wohlgefallen und Loyalität in Europa und besonders in Österreich erkaufen, um die Auslieferung an die USA zu verhindern, zitiert „Die Presse“ verschiedene Quellen in Kiew.

Dass das Ganze einen eigenartigen Beigeschmack hat, war von Anfang an klar. Dieser hat sich aber noch verstärkt, als der Bürgermeister von Purkersdorf, Ex-Minister Karl Schlögl von der SPÖ, ins Spiel gebracht wurde – von Spindelegger selbst. Was genau hat der Bürgermeister mit der Ukraine im Kriegszustand oder Wirtschaft zu tun? Schlögl ist sein 14 Jahren nicht mehr in der Spitzenpolitik und seine Erfahrung mit der Privatwirtschaft beschränken sich – vielleicht ganz beziehungsvoll – auf die Glücksspiel AG Novomatic und die Hypo Niederösterreich. Ob Schlögl den Firtasch-Job nun nimmt oder nicht, ist unerheblich. Das Ganze riecht derart nach schwarz-roter Absicherung, dass man sich nur über Spindeleggers politischen Instinkt wundern kann.

Achtung und Respekt hätte Spindelegger verdient, hätte er seine Karenz als Landesbeamter in Niederösterreich beendet und wäre zu Erwin Pröll als Arbeitgeber zurückgekehrt statt zu Firtasch gegangen.

Salzburgs über den Finanzskandal gestürzte Landeshauptfrau Gabi Burgstaller hingegen hat die Rückkehr auf den ursprünglichen Arbeitsplatz in der Arbeiterkammer auch bewältigt – ihr Parteifreund Alfred Gusenbauer 2008 nur für ein paar Monate bevor er sich in ein lukratives Beratungs- und Beteiligungsgeschäft stürzte und nun so wirklich ordentlich verdient  Die ehemalige Vizekanzlerin der FPÖ, Susanne Riess, hatte nach dem von Jörg Haider verursachten Regierungscrash ein geradezu finanziell unsittlich gutes Angebot eines Unternehmers erhalten. Unsittlich deshalb, weil ihr nicht klar gewesen sei, was sie für die exorbitante Gage im Unternehmen überhaupt hätte leisten können, erzählte sie. Sie hat abgelehnt.

Der Vergleich drängt sich auch deshalb gerade jetzt auf, weil mit Spindelegger noch eine Reihe anderer europäischer Ex-Politiker bei Firtasch angeheuert haben: Ein ehemaliger französischer Außenminister, ein ehemaliger deutscher Finanzminister, ein ehemaliger EU-Kommissar.

Warum haben sie das notwendig? Das ist eine Frage, die sich bei Männern viel öfter stellt als bei Frauen.

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