Österreich hat nicht nur politisch ein Führungsproblem, es hat vor allem auch ein veritables Kontrollproblem. Dieses durch eine „innere“ Reform zu beseitigen, verursacht Null Kosten, wie anhand von zwei Beispielen exemplarisch zu beweisen ist. Zum einen an der Arbeit des laufenden Untersuchungsausschusses zum Hypo-Desaster. Zum anderen an der Arbeit von uns Journalisten. Rosemarie Schwaiger hat dazu im „profil“ einen bemerkenswerten Artikel geschrieben.
Zum Untersuchungsausschuss: Nach jahrelangem Gezerre wurde er endlich als Recht der Minderheit im Nationalrat installiert und auch im Verfahren da und dort geändert. Wie der Verlauf der Sitzungen jetzt – so auch wieder am Mittwoch – aber zeigt, hat das wenig bis gar nichts gebracht, weil die Fraktionen ihn entweder mit wenig kenntnisreichen und noch weniger engagierten Mandataren besetzt haben. Und weil jene, die sich wie Werner Kogler (Grüne) wirklich auskennen, offenbar das Wort Hypo nicht mehr hören können oder jede Verve bei der Klärung der politischen Verantwortung in dieser endlos Causa verloren haben. Es wurden die lustlosen Befragungen, die immer gleichen Fragen in jeder Fraktion und die schlechte Vorbereitung an dieser Stelle schon einmal kritisiert. Daher keine Details mehr. Nur so viel: Eine derart zahnlose und desinteressierte parlamentarische Kontrolle schadet dem Instrument und der Demokratie.
Mit anderen Worten: Die Besetzung des U-Ausschusses ist vom Personal her unzureichend. Das vermittelt nicht nur so manchen „Zeugen“, sondern auch der Öffentlichkeit den Eindruck, man sei an der Kontrolle in Wahrheit gar nicht interessiert. Dass die beiden Regierungsfraktionen SPÖ und ÖVP ihre zweite und vielleicht auch dritte Garnitur entsenden, ist wahrscheinlich ein beabsichtigter Affront. Warum aber für die SPÖ Finanzsprecher Jan Krainer, der es eigentlich besser wissen müsste, sich für derart schwache Auftritte hergibt und sich noch dazu – wie am Mittwoch – sinnlose Gefechte mit Mandataren der Opposition liefert und den Verlauf der Sitzung mit ebenso sinnlosen Bemerkungen zur Geschäftsordnung zur Farce macht, ist mehr als seltsam.
Um U-Ausschüsse wirklich zur stärksten Kontrollwaffe des Parlaments zu machen, müssten lediglich die besten, in der jeweiligen Materie wirklich firmen, Abgeordneten entsendet werden – auf Regierungs- und Oppositionsseite. Diese hätten dann wenigstens vielleicht den nötigen Biss – in der Aufklärung und, soll sein, in der Verteidigung. Das würde genau Null Kosten verursachen, der Öffentlichkeit aber signalisieren, dass die parlamentarische Kontrolle ernst genommen wird. Das heißt: Die Auswahl der Mandatare muss dringend reformiert werden. Das verursacht keine Kosten und ist demokratiepolitisch dringend erforderlich.
Zu den Medien: Auch hier geht es um den Einsatz des vorhandenen Personals. Parallel zur zunehmenden Auskunftsverweigerung von Politikern, vornehmlich der jeweiligen Regierungsmitgliedern, hat sich in den letzten zehn oder mehr Jahren die Praxis entwickelt, zu öffentlichen Auftritten wie Ministerrat, Pressekonferenzen etc meist nur mehr jene Redaktionsmitglieder zu entsenden, die mangels Kenntnis und Erfahrung gar nicht die entscheidenden Fragen stellen können. Das ist nicht ihre Schuld. Wichtig aber ist die Konfrontation unwilliger Politiker mit Journalisten, die von ihrer Sachkenntnis her, nachhaltig auf Antworten drängen können. Mit anderen Worten: Ein Finanzminister muss vom jeweils besten Wirtschaftsredakteur befragt werden, ein Umweltminister vom jeweiligen Spezialisten einer Redaktion. Das leichte Spiel, das Politiker seit Jahren mit Journalisten bei diesen Medienauftritten spielen, schwächt die Kontrollkapazität der Medien selbst und zerstört langfristig ihr Kerngeschäft: Die Kontrolle der Mächtigen. Auch diese Änderung würde keine zusätzlichen Kosten verursachen.
Das Versagen beider Kontrollmechanismen, der parlamentarischen und der medialen, hält eine Demokratie, die so wenig gefestigt ist wie die österreichische, auf Dauer nicht aus. Was wenn in einer wirklichen politischen Krisensituation dann einfach beide abgeschafft werden?