Geschmacklos, einfältig, dumm – Was ist schlimmer?

In der vergangenen Woche kam es in der bundespolitischen Blase in Wien zu drei Auftritten, bei denen die Entscheidung schwer fällt. Was ist schlimmer: Geschmacklos, einfältig oder einfach dumm?

Drei Szenen einer Polit-Woche:

1.     Neos-Abgeordneter Sepp Schellhorn, vormals Chef der Hoteliersvereinigung, hielt zur Zwangsmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer eine Rede, die ihm einen Ordnungsruf und post festum massenweise Vorwürfe der Frauenfeindlichkeit und des Sexismus eintrug. Opfer seines verbalen Angriffs: Ex-Finanzministerin Maria Fekter, heute Kultursprecherin der ÖVP. Die TV-Kameras schwenkten immer wieder zu Fekter. Schellhorn redete sich in einem Wirbel über Jugend und Altern bei Frauen, über Bikinimaße und Aussehen.Beobachter, die Schellhorn näher kennen, glauben, er habe das auch noch humorvoll gemeint. Er habe eben eine ganz eigenartige Auffassung von Witz. Wie auch immer, das Traurige daran ist, dass hier offenbar eine Kombination von geschmacklos und einfältig vorliegt. Denn wie sonst würde sich ein Politiker freiwillig mit solchen Sprüchen um den eigenen Erfolg bringen? Und den hatte Schellhorn bundesweit, indem er ohne viel Aufhebens ein Mitarbeitquartier für 40 Flüchtlinge bereit stellte. Vor Wochen eine vorbildhafte Aktion, mit der jeder vernünftige Mensch jede Menge politisches Kapital anhäufen hätte können – persönlich und für die Neos.

2.  Donnerstag letzter Woche gaben die beiden Ministerinnen Karmasin (ÖVP, Familie) und Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ, Unterricht) gemeinsam eine Pressekonferenz zum Thema „Digitale Schulbücher“, die zum reinsten Kabarett entglitt. Karmasin sprach vom Übergang aus der „Kreidezeit“ ins digitale Zeitalter etc, worauf Heinisch-Hosek bald einwarf „Na, jetzt nicht“, es folgte Unverständliches, dann wieder Heinisch-Hosek „Jetzt nicht“, dann Karmasin „Wir arbeiten“ daran, dann Heinisch-Hosek : „Nicht nur“, dann Karmasin: „Aber auch“. Am Ende wusste der Zuseher überhaupt nicht mehr worum es den beiden Damen eigentlich ging. Wie einfältig muss man als Regierungsmitglieder und Koalitionspartner sein, um so unvorbereitet und unabgesprochen in einen öffentlichen Auftritt zu gehen und dann nicht in Sekundenschnelle zu merken, wie unpassend dieses Hick-Hack zweier Politikerinnen ist. Eine von den beiden hätte das sofort stoppen müssen. Hier liegt also eine Kombination von einfältig und nicht vif genug vor.

3.     Zurück ins Parlament: Bei der Debatte um die Asylpolitik glaubte die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Berlakowitsch-Jenewein einen besonders kreativen Vorschlag zur Problematik der Rückführung jener Asylwerber, deren Antrag abgelehnt worden war, zu machen: Man möge doch bitte das Militärflugzeug Herkules einsetzen, denn dort könnten die Abgeschobenen noch so viel schreien, es würde sie eh niemand hören. Daraufhin brach in den sozialen Medien ein sogenannter Shitstorm über die FPÖ-Politikerin herein.

Dabei war das alles, wie auch den social media zu entnehmen war, nur ein reines Plagiat. Die gleichen Worte hatte FPÖ-Chef Heinz Strache bei einer Versammlung geschrien. Eine ähnliche Aufregung ist nicht in Erinnerung. Wie dumm muss man also sein, um zu so einem breitenwirksamen Thema nicht einmal eigene Worte finden zu können. Das macht dann eine Kombination von geschmacklos und dumm aus. Und hier die Antwort nach meiner Einschätzung: Schlimmer als die Ausfälle der Mandatare ist der Auftritt der beiden Ministerinnen? Warum? Weil die Botschaft der beiden Frauen, verbreitet in den ORF-Nachrichten, sie könnten nämlich nicht sinnerfassend reden, für Eltern wie Schüler verheerend ist – ganz abgesehen von dem Gezänk? Ja! Weil das Gestammel über digitale Schulbücher Eltern, die sich keine Laptops leisten können, verunsichert? Ja! Weil ein Teil der Schüler befürchten muss, wenn es denn so kommt mit den digitalen Schulbüchern, dass sie zu den „armen“ gehören könnten und dementsprechend diskriminiert werden? Ja?

Für die Mandatare muss man sich nur schämen.

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Bernhard Juranek

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Silvia Jelincic

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