Nach dem Ergebnis der Landtagswahl in der Steiermark wird sich Wiens Bürgermeister Michael Häupl warm anziehen müssen – und zwar schon im Sommer. Da muss man gar nicht das abgegriffene Bild vom steirischen politischen Erdbeben, das Wien erschüttert, bemühen.
Denn in der Steiermark wurde nicht die sogenannte „Reformpartnerschaft" von SPÖ und ÖVP abgestraft, wie das jetzt gern gesehen wird. Der Zugewinn für die FPÖ von 16.2 Prozentpunkten ist nämlich einem für SPÖ und ÖVP toxischem Gemisch von hoher Arbeitslosigkeit, schwacher Wirtschaft und Angst vor Ausländern, leider Flüchtlinge inklusive, sowie vor Kriminalität geschuldet. Es ist völlig daneben, wenn jetzt in den sozialen Medien die steirischen Wähler beschimpft werden, als seien sie zu einfältig, die Gefahr von rechts zu erkennen.
Und die gleiche Mischung aus Ärger, Angst und Ahnungslosigkeit von den wirklichen Bedürfnissen der bisherigen SPÖ-Wähler kann auch in Wien den Ausschlag geben. Die Arbeitslosenrate in Wien ist mit 13,2 Prozent nicht nur die höchste in ganz Österreich, sondern auch um einiges höher als jene in der Steiermark (8 Prozent). Und wenn diese dort den Ausschlag gegeben hat, dann kann sich die Wiener SPÖ auf einiges gefasst machen. Die Wirtschaft schwächelt auch oder vor allem in der Bundeshauptstadt.
Beim Thema Ausländer muss man nur bedenken, dass die bevölkerungsstärksten Wiener Bezirke jene mit dem höchsten Migrantenanteil sind. Dort fühlen sich nicht nur die SPÖ-Kernwähler bedrängt. Es ist leider eine traurige Wahrheit, dass vor allem Migranten der zweiten und dritten Generation zu den heftigsten Gegnern jedes weiteren Zuzugs gehören. Ihre Angst gilt dem Verdrängungswettbewerb am Arbeitsmarkt. Dort wird die FPÖ ihre Stimmen holen wie sie es bei 61 Prozent der steirischen Arbeiter getan hat.
Es ist bisher nicht bekannt, mit welchen Beschlüssen die Wiener SPÖ verhindern will, dass ihre bisherigen Wähler – wie in der Steiermark – in Scharen zur FPÖ überlaufen. Vielleicht weiß Häupl etwas, sagt es nur nicht. Neue Gemeindebauten werden jedenfalls kein taugliches Mittel sein, denn in breiten Bevölkerungsschichten herrscht, ob zu Recht oder nicht, die Meinung vor, dass Ausländer leichter zum Bezug einer Gemeindewohnung kommen als Inländer. Dagegen kann die SPÖ in den verbleibenden Monaten, in denen es ja gar keine neuen Bauten geben wird, nicht argumentieren.
Es ist doch so: Franz Voves und Hermann Schützenhöfer haben mit ihrer neuen Art der Koalitionspolitik, Verwaltungsreform und Budgetdisziplin das Richtige getan. Nur die gefühlten Konsequenzen für die Bevölkerung waren ganz andere: Einsparungen im Sozialbereich, Reduzierungen da und dort. Für den Arbeitsmarkt generell und für die Verunsicherung der Bevölkerung war die Reformpartnerschaft irrelevant.
Und noch ein weiterer Aspekt aus Graz wird Wien zu schaffen machen: Es wird sich beim Wähler die Gewissheit verfestigen, dass am Ende immer Rot-Schwarz herauskommt, gleichgültig wie er wählt. Das treibt den Frustpegel in die Höhe. Wenn nicht einmal so katastrophale Wahlergebnisse für SPÖ und ÖVP wie in der Steiermark eine Änderung bewirken, dann wird die Botschaft wohl noch lautstarker ausfallen müssen. Auch diesen Frust könnte die Wiener SPÖ zu spüren bekommen.
Bis zum Herbst wird sich auch das Wohlhochgefühl von Life Ball, Song Contest, Donauinselfest und Events im Wochentakt verzogen haben. Es ist ohnehin nie in den wahlentscheidenden großen Bezirken am Rand der Stadt angekommen.
Wenn die Wiener SPÖ in den nächsten Monaten nicht einen Furor an Fantasie entwickelt, wird sie ihre blauen Wunder erleben. Auch das so ein abgegriffenes Bild.
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