Land des Lächelns, Land der Lächerlichkeit

Über Lächerlichkeit lächeln ist sicher eine Möglichkeit, vor allem in einem Land, in dem es so lange an Ernsthaftigkeit fehlt bis der Ernstfall eintritt. Wenn die Lächerlichkeiten allerdings so vermehrt auftreten wie zuletzt in Österreich hat das Land ein Problem im Inland wie im Ausland, ernst genommen zu werden.

Hunde:

Da wäre der Fall des niederösterreichischen Landesrats, Gottfried Waldhäusl (wer?) von der FPÖ. Er hat sich darüber beklagt, dass „Hunde mit Migrationshintergrund unseren Tieren leider oftmals den Platz in den Tierheimen“ wegnehmen würden. Die britische Zeitung „Daily Mail“ berichtete dann doch tatsächlich von dieser „bizarren Schmipftirade“. Hasstirade wäre auch eine Variante gewesen.

Wie bei FPÖ-Politikern üblich, rechtfertigte sich der – von der Bedeutung her – siebente Landesratzwerg von rechts damit, dass sein Satz aus dem Zusammenhang gerissen worden sei. Er habe nur die Klagen der Betreiber von Tierheimen weiter gegeben: „Macht’s was gegen die Welpenmafia.“ Das klingt ähnlich wie die FPÖ-Klage gegen die Schleppermafia beim Lieblingsthema illegale Migranten.

Weil Tierheime mit niederösterreichischen Landesgeldern gefördert sind, könne es nicht sein, dass 60 Prozent der aufgenommen Hunde dort Migrationshintergrund haben. Unser Geld für unsere Hunde, wäre da schon ein wirksamer FPÖ-Slogan, wird sich der (un)talentierte Herr Landesrat gedacht haben. Oder man könnte ihm auch zu folgendem Werbespruch raten, geeignet für die ganze Bundesregierung: „Wir haben die Welpenroute geschlossen“. Ein Teil der Hunde, die genauso wenig illegal sein können wie Menschen illegal sind, stammt aus dem verdeckten Handel mit Welpen aus der Slowakei etwa, ein Teil aus den Tötungsstationen in Rumänien. Dass es sich hier vor allem um ein Problem für die Tiere handelt, kann nicht bestritten werden.

Bei einem Landesrat aber, der vor kurzem im Bezug auf Flüchtlinge von einem Saustall gesprochen hat, der ausgemistet gehöre, und beklagt hat, dass „jedes Rindvieh, Schwein und Lamm“ registriert werde, nicht aber Flüchtlinge, bleibt einem das Lachen im Hals stecken. Schlimmer noch: Dass Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner erst mit großer zeitlicher Verzögerung eine sanfte Ermahnung zur Wortwahl absetzte, reicht nicht einmal für ein Lächeln.

Pferde:

Da wäre auch der Fall von Innenminister Herbert Kickl und seiner Reiterstaffel im Polizeidienst. In der FPÖ hat man es überhaupt mit Tieren, so scheint es. Jetzt wurden die Pferde hochamtlich in der offiziösen „Wiener Zeitung“ ausgeschrieben: Braun oder schwarz sollen sie sein, nicht jünger als sechs und nicht älter als zehn Jahre und kastriert. Bis 15. Juni kann man noch 12 Tiere „anbieten“. Reiter werden auch noch gesucht.

Kosten soll die Anschaffung 380.000 Euro und die jährliche Erhaltung 110.000 Euro. Nur so zum unernsten Vergleich: Wie viele Mitarbeiter im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), das gerade vom Innenministerium erfolgreich an den so notwendigen Geheimdienstarbeiten gehindert wird, könnten um dieses Geld wohl ausgebildet und angestellt werden? Darüber wird man sich vielleicht den Kopf dann zerbrechen, wenn sich herausstellt, dass uns ausländische Geheimdienste wichtige Informationen verweigert haben – und unsere Sicherheit gefährdet ist.

Aber zurück zu den Pferden: Kickl versprach sich wohl einen Imagegewinne, wenn das Innenministerium von einer Zusammenarbeit mit der prestigeträchtigen Spanischen Hofreitschule träumen kann. In einem Brief an alle 25.000 Polizisten in Österreich hat Kickl erwähnt, dass die Spanische Hofreitschule das Projekt unterstütze und positiv sehe. Dort war man verblüfft: „Wir wissen davon gar nichts. Frau Gürtler lehnt die Berittene Polizei auch ab“. Mit den Lipizzanern habe sie gar nichts zu tun. Aber wer wird das schon so eng sehen. Der Leiter des Gestüts Piber saß in der Pferde-Kommission des Innenministeriums, allerdings nicht als Vertreter des Gestüts, sondern der Veterinär Medizin Universität.

Auch die Herbergsuche für die Reiterstaffel hat Potenzial – wenigstens zum Schmunzeln, so nach dem Motto: Wer will mich? Militärakademie Wiener Neustadt? Maria Theresienkaserne in Wien Hietzing? Ein Schelm, der sich fragt, wie eine Polizeitruppe mit einer Einrichtung der Landesverteidigung Unterschlupf finden kann? Ein Nörgler, der darauf hinweist, dass eine Vermengung der Sicherheitsapparate der Republik ein Tabubruch ist. Aber wer wird sich wegen 12 Pferden schon so aufregen? Gegenfrage: Ab wann soll man beginnen, sich aufzuregen? Alle Sicherheitsapparate in einer (blauen) Hand? Warum läuten da nicht mehr Alarmglocken?

Tote:

Damit aber nicht genug: Diese Woche wurde wieder im Gerichtsverfahren gegen Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser & Co ein neuer Trend in Österreich deutlich, der zwar nicht zum Lachen ist, aber in seiner Durchsichtigkeit schon wieder lächerlich: Die Rückkehr der Toten als Schuldige. Im Buwog-Verfahren schiebt Walter Meischberger seit Wochen die Schuld am Insider-Wissen über das damalige Kaufangebot, das ihm in Endeffekt Millionen einbrachte, dem verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zu. Er habe die Summe von Haider bekommen. Und in einem anderen Fall war plötzlich der verstorbene Chef der Baufirma Porr, Horst Pöchacker, die Zentralfigur. In dem tragischen Fall des Bootsunglücks am Wörthersee im Vorjahr war laut angeklagtem Medienmanager plötzlich der damals tödlich verunglückte Freund schuld. Dieser habe ihn ins Lenkrad gegriffen. Unerheblich, dass Zeugen diese Version nicht bestätigen. Der Tote kann ja nicht widersprechen.

Wenn diese Beispiele Schule machen erübrigt sich bald jede Verantwortung – von Anstand ganz abgesehen.

Life Ball

Und schließlich noch das Ereignis der letzten Woche, über das „die Welt“ angeblich spricht – laut der Gratiszeitung „Österreich“: Der Life Ball. An dieser Stelle muss ich mich – wahrscheinlich nicht zum ersten Mal - als absoluter Fan von Conchita Wurst, alias Tom Neuwirth, outen. Die Beharrlichkeit, der Einsatz, die Zielstrebigkeit könnten vielen als Vorbild dienen. Sein perfektes Englisch muss hart erarbeitet sein. Daran könnten sich die meisten Regierungsmitglieder und wahrscheinlich fast alle anderen Politiker ein Beispiel nehmen.

Wozu er sich aber vergangenen Samstag am Life Ball hergegeben hat, war trotz des hehren Ziels der Aids-Hilfe und der paar eingestreuten ernsten Sätze eigentlich nur peinlich. Dass mit dem Motto „Sound of Music“ auch alle gängigen Klischees über Österreich bedient wurden, wird man im Ausland, der „Welt“ also, kaum als Sarkasmus aufgefasst haben, sondern nur als Bestätigung. Und im Inland konnte man als verwunderliche Anbiederung an den Heimat-Trend sehen, dem ja sogar schon Politiker wie der neue Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zum Opfer fallen. Den Grünen in Salzburg hat das neue Heimat-Getue bei der Landtagswahl nichts geholfen. Auf welchen (Heu)Wagen da die Organisatoren aufspringen wollten, ist rätselhaft. Wenn es eine Persiflage hätte sein sollen, ist sie gründlich daneben gegangen.

Wozu Conquita und Herbert Föttinger von wahrscheinlich sündteuren überdimensionierten Türmen aus ihre gemeinplätzigen Sätze von sich geben mussten, entzieht sich jeder Erklärung. Warum man eine amtierende Sozialministerin alias Beate Hartinger Klein nicht davon abgehalten hat, mit einem Heidi-artigen Blumenkränzchen aufzutreten, auch.

An diesem Life Ball stimmte nichts, nicht die Lederhosen, nicht die meist schlechten Songs, nicht die Opulenz – und schon gar nicht das Almdudler Pärchen. Der gute Zweck heiligt nicht alle Mittel.

Da ist, was unser Image im Ausland anlangt, folgende Schlagzeile am Mittwoch auch schon wurscht: „So will Kurz die EU umkrempeln.“ Im Alleingang? Ja, eh!

Man sieht punkto Lächerlichkeit gibt es immer noch Luft nach oben.

www_slon_pics/pixabay

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