Die Situation ist einmalig. Die Vorgänge, die am Montag dazu geführt haben, sind allerdings typisch. Mehr braucht ein Nicht-Versteher Österreichs von diesem Land gar nicht kennen als den Ablauf der Ereignisse in den letzten Tagen.

Knapp zwei Wochen vor der Bundespräsidentenwahl stehen Regierung und die größere Koalitionspartei ohne Führung da. Na und? Die Regierung spielte in den ersten Reaktionen auf den Rücktritt Werner Faymanns als Bundeskanzler und SPÖ-Chef überhaupt keine Rolle. Wichtig war nur, wer die Partei „interimistisch“ leitet, nämlich Wiens Bürgermeister Michael Häupl und der findet, dass die Partei erst einmal eine „Phase des Nachdenkens“ benötigt. Wie war das noch mit der Partei, ohne die niemand in der SPÖ irgendetwas ist?

In den Tagen seit der Schmach des ersten Wahlgangs für die Präsidentschaft ist es in der SPÖ offenbar niemanden gelungen, auch den ach so mächtigen Häupl nicht, um des Staates willen die Selbstzerfleischung zu stoppen. Politiker, von denen bisher kaum jemand etwas gehört hat, wie Salzburgs Landesparteichef, bekamen mit der Forderung nach einer Ablöse Faymanns ihre fünf Minuten Ruhm. Ein burgenländischer Polizeipräsident, den bis Sommer 2015 niemand außerhalb des Klein-Bundeslandes gekannt hat, wird plötzlich als möglicher Bundeskanzler ins Gespräch gebracht. Bei allem Respekt vor den Leistungen Hans Peter Doskozils im Sommer 2015 zeigt seine Erwähnung als Faymann-Alternative, dass niemand mehr in der SPÖ klar denken kann. Andernfalls könnte sein Name gar nicht in der Öffentlichkeit oder außerhalb des Verteidigungsministeriums auftauchen. Oder Nationalratspräsidentin Doris Bures? Wer kommt in dieser schwierigen Lage der SPÖ denn auf eine solche Idee? In welchem Zustand ist die Republik denn? Alle reden nur von der Partei, niemand vom Land an sich. Professionelle Übergaben sehen anders aus.

Faymann macht den Spindelegger. Was er „fehlenden Rückhalt“ in der Partei nennt, hieß beim ehemaligen ÖVP-Chef Michael Spindelegger 2014 „mangelnde Unterstützung“. Was die überstürzte Entscheidung der Nachfolge der ÖVP gebracht hat, weiß seit dem Ergebnis für Andreas Khol am 24. April auch der hartnäckigste Nicht-Versteher Österreichs.

Sollte die SPÖ überhaupt noch eine Chance wahrnehmen wollen, darf sie nicht den gleichen Fehler machen wie ihr Koalitionspartner 2014. Eine überstürzte Entscheidung nur um eine Geschlossenheit zu signalisieren, die es so im Moment gar nicht gibt, wäre nicht nur fatal, sie wäre letal.

Mitterlehner kann als Vizekanzler die Regierung ruhig führen. Wer den Stillstand, von dem alle sprechen, verwaltet ist zweitrangig. Die Erwartungen in diese Koalition sind so gering, dass sie leicht unterschritten werden können.

Häupl müsste mit seinen Genossen zuerst einmal das Anforderungsprofil entscheiden. Solange sie sich darüber nicht im Klaren sind, können sie sich die Suche nach einem neuen Vorsitzenden mit Erfolgsaussichten sparen.

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