Die ÖVP hat keinen Änderungsbedarf im Regierungsteam? Eine gefährliche Drohung. Dass sie gerade ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald, der personifizierte Änderungsbedarf in der Partei, in der „Presse“ ausgestoßen hat, gehört zu den Feinheiten der Innenpolitik.
Wenn Rot-Schwarz irgendein Signal aussenden wollen, dass sie als Parteien noch eine Berechtigung haben, dann müssen sie ihr Führungspersonal in den Zentralen und in der Regierung austauschen. Christian Kern wird wohl in der Löwelstrasse nicht mit Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid, auch er eine der ärgsten Fehlbesetzungen der letzten Jahre, weiter arbeiten wollen oder können. Hoffentlich! McDonald sollte ihn bei der Hand nehmen und beide sollten ihrer Partei einen Dienst erweisen. Freiwilliger Rückzug ist immer besser als Absetzung, nicht wahr.
Das Doppelinterview, das McDonald und Schmid am Tag nach dem Wahldesaster ihrer Parteien am 24. April dem ORF Rundfunk gegeben haben, war atemberaubend – wegen der uralten Floskeln, wegen ihrer total unterentwickelten Reaktionsfähigkeit und wegen des Lacherfolgs für Schmids Verweis, die SPÖ habe doch in St. Pölten Stimmen dazu gewonnen. Beide wären auch ohne Rücktritt Werner Faymanns untragbar geworden.
Die Pläne Christian Kerns für die SPÖ einmal beiseite gelassen, obwohl Sonja Wehsely als Signal an den linken Teil der SPÖ eher nicht sehr optimistisch stimmt – die Wiener Stadträtin könnte ein unguided missle mit ganz wenig Sympathiewert sein -, muss man die abwartende Haltung der ÖVP als Armutszeugnis werten. Weiß Reinhold Mitterlehner nicht, dass Personal wie Struktur seines Regierungsteils auf alle Fälle zu ändern sind? Was heißt, er warte auf Kern? Sollte er sich nicht mit diesem sofort auf eine Neuaufstellung der Regierungsmannschaft verständigt haben?
Mitterlehner muss mit Kern die Schaffung eines Bildungsministeriums vereinbaren, in das die ÖVP die Wissenschaft aus seinem Ressort und die SPÖ den Rückzug von Gabriele Heinisch-Hosek plus den Unterrichtsbereich einbringt. Bundes- und Vizekanzler sollten sich dann auf eine wirklich kompetente Führungsfigur einigen. Die muss doch zu finden sein, wenn man sie nicht mit der jeweiligen Parteibrille sucht.
Das Staatssekretariat Harald Mahrers, das Familienministerium Sophie Karmasin stehen jedenfalls zur Disposition. Für eine Änderung im Landwirtschaftsministerium hätte Mitterlehner vielleicht seine eigenen Gründe, öffentlichkeitswirksam wäre eine Ablöse Andreas Rupprechters wegen mangelnder Relevanz nicht. Justizminister Wolfgang Brandstetter wird man am Funktionieren des Weisungsrates zu messen haben. Da könnte man „nachschärfen“, falls notwendig.
Nur auf die nächsten Personalentscheidungen Kerns zu warten (ÖVP) oder nach uraltem Parteimechanismus einen Kotau vor Teilen der Partei zu machen (SPÖ) erstickt die Hoffnung auf Änderung und Neustart bevor sie überhaupt noch aufgetaucht ist.