Schafft die Gewerkschaft ab, jetzt!

Der ÖGB ist nur ein Verein. Er kann jederzeit aufgelöst werden. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. Die Arbeiterkammer hingegen ist wie alle anderen „Interessensvertretungen“ auch seit einigen Jahren in der Verfassung verankert. Die Mitgliedschaft bei der AK ist nicht freiwillig. Irgendwie vorausschauend, damit ja niemand die Existenzberechtigung der Kammern in Frage stellen kann.

Nun haben in der Causa Servus TV beide Institutionen bewiesen, dass sie verzichtbar sind. Das ist ein in der Republik bisher einmaliger Vorgang: Ein Eigentümer kündigt die Sperre seines Betriebes an, was sein gutes Recht wäre, weil der Betrieb „wirtschaftlich untragbar geworden ist“. Oder weil die angedachte Einsetzung eines Betriebrates dem Eigentümer die Lust an der Weiterführung genommen hat. Auch das wäre sein gutes Recht.

Alle Mitarbeiter werden gekündigt. In einem offenen Brief distanzieren sie sich danach von ihrer gesetzlich verbrieften Arbeitnehmervertretung, weil sie diese „nicht wollten und nicht brauchen.“

Vertreter der Arbeitnehmer treffen sich mit dem Unternehmer, reden „konstruktiv“, akzeptieren den Verzicht auf einen Betriebsrat. Der Unternehmer gibt sich mit Kniefall der Mitarbeiter und der Sozialpartner zufrieden. Die Weiterführung des „wirtschaftlich untragbaren“ Betriebes ist gesichert.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Republik haben sich Arbeitnehmervertreter vor den Augen der Öffentlichkeit ihre Existenzberechtigung entziehen lassen. So wurden sie noch nie von einem Unternehmer „vorgeführt“.

Das Beispiel kann Schule machen. Jeder Unternehmer kann mit der Drohung der Sperre in Hinkunft seine Mitarbeiter zum Verzicht auf einen Betriebsrat veranlassen. Das muss in Hinkunft (wie in Salzburg) von ÖGB und AK „respektiert“ werden. Jeder Betrieb wird wie Servus TV zu behandeln sein. Gegenargumente haben die Arbeitnehmervertretungen keine mehr, nachdem sie sich in Salzburg „ihre Vorbehalte beseitigen“ haben lassen.

Um ja kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Ein Ende von Servus TV wäre ein Riesenverlust. Der Sender ist über weite Strecken qualitätsorientierter als andere. Er machte ein wirklich gutes Programm, nicht nur bei den von vielen geliebten Natur- und Heimatfilmen, auch bei Dokumentationen. Und er hat vor allem junge, auf Neues „hungrige“, Mitarbeiter. Man möchte ihn in der Medienlandschaft nicht missen.

Und doch: Die Vorgänge rund um die Androhung, dem Sender den Saft abzudrehen, sind wichtiger als der Sender selbst. Größer als der Anlass, gewissermaßen. Denn er stellt das angeblich so bewunderte und gut funktionierende System der Sozialpartnerschaft in Frage. Nicht die Ablehnung eines Betriebsrats durch die Belegschaft tut dies, auch das ihr gutes Recht, sondern die Haltung der Vertreter von ÖGB und AK den Unternehmer gegenüber und die Haltung von Dietrich Mateschitz den Arbeitnehmervertretern gegenüber. In Hinkunft kann jeder Unternehmer argumentieren, ein Betriebsrat gefährde die „Unbeeinflussbarkeit und Eigenständigkeit“ des Betriebes. Das kann man in jeder Branche, nicht nur jener der Medien, irgendwie ins Treffen führen. Der Fantasie der Unternehmer wird wohl keine Grenze gesetzt sein. Und es wäre so absurd wie in dieser.

Die Vorfälle sind auch deshalb bedeutender als der Anlassfall, weil sie innerhalb von zehn Tagen nach dem ersten Durchgang der Präsidentenwahl aufgezeigt haben, dass die einstigen Bastionen der Sozialdemokraten im Waschkoma liegen. Am 24.4. hatten sie nicht einmal genug Kraft, für einen von ihnen, Rudolf Huntsdorfer, einst ÖGB-Chef, mehr als 11 Prozent zu mobilisieren. So gesehen sollte der Kniefall vor einem Unternehmer eigentlich gar nicht überraschen.

Jedes der beiden Ereignisse für sich genommen wäre schon bedeutend genug. In zeitlicher Nähe und Kombination sind sie aber ein Zeichen dafür, wie rasant „alte“ Kräfte geschwächt und Tabus gebrochen werden.

Die Vorfälle in Salzburg zu Ende gedacht, machen ÖGB und AK überflüssig. Aber was machen wir dann mit den 400 Millionen Euro, welche die AK jährlich aus Steuergeldern bekommt?

youtube Screenshot https://www.youtube.com/watch?v=95xcAESx6Q0

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