Schutz vor sich selbst?

Jetzt wissen wir es also. Der Zaun, die „technischen Maßnahmen“, das „Türl mit Seitenteilen“ – eben alles, was Innenministerin Johanna Mikl-Leitner an der Grenze zu Slowenien so plant, dient nur dazu „die Flüchtlinge zu schützen“.  Ein atemberaubender Moment in der ARD-Diskussionsrunde von Anne Will über „Zäune, Abschiebungen, Transitzonen – Ist das die richtige Flüchtlingspolitik“ Mittwochnacht. Und einer, der die anderen Diskutanten plus Anne Will kurz sprachlos machte.

Welche Berater immer Mikl-Leitner diese Umdeutung der eigenen Aussagen eingeredet haben, können keine Experten in wirksamer politischer Kommunikation sein.  Man kann doch nicht zuerst flächendeckend von der „Festung Europa“ und „natürlich von einem Zaun“ sprechen und dann so tun, als ginge es nur darum, die Flüchtlingsmassen vor sich selbst zu schützen und ihnen einen „sicheren Zugang nach Österreich“ zu garantieren.

Deshalb wahrscheinlich verlor auch der Fraktionsführer der SPD, Thomas Oppermann, kurz die Geduld und meinte sinngemäß in Richtung Mikl-Leitner: „Ich sage Ihnen warum Sie einen Zaun wollen.  Die Haider-Partei ist der Grund, warum Sie einen Zaun wollen. Sie wollen der FPÖ das Wasser abgraben. Das wird nicht gelingen.“ Das wiederum schien die österreichische Innenministerin doch überrascht zu haben und sie murmelte etwas von „innerer Sicherheit“ und den Menschen, die der Politik vertrauen müssten – wo die „technischen Maßnahmen“ doch nur die Flüchtlinge vor sich selbst schützen sollen. Also was jetzt?

Dabei ging es Mikl-Leitner zuvor  ganz gut in der männlichen Diskutantenrunde mit Hans Peter Friedrich, Vizefraktionschef der Union, und dem evangelischen Pfarrer Andreas Lipsch (Pro Asyl).  Sie blieb anfangs weitgehend „außen vor“, wie es die Deutschen nennen würden. Die Männerunde machte sich das Thema vornehmlich unter sich aus bis Anne Will die Ministerin „wieder ins Spiel brachte“.  Dann allerdings war das so eine Sache mit der Logik. Laut Mikl-Leitner hält „Österreich nämlich am Dublin (Abkommen, dass Flüchtlinge in sichere Drittstaaten rückzuführen seien, Anm.) fest“. Ziemlich überraschend. Das hätten wir jetzt nicht gedacht angesichts der Vorgänge der letzten Wochen. Wie viele Flüchtlinge denn Österreich zurück gestellt habe, wollte Anne Will daher wissen. Mikl-Leitner: „Das kann ich Ihnen nicht sagen.“

Es wäre dringend angeraten, Mikl-Leitner und ihre Berater führen sich das Video der Sendung zu Gemüte bevor die Innenministerin nächste Woche, wie sie ankündigte, die Pläne zu den „technischen Maßnahmen“ an der Grenze zu Slowenien dem Ministerrat vorlegt – und legen sich vorher eine verständliche und vor allem ehrliche Kommunikationslinie zurecht. Oder sie sucht sich andere Berater.

Was soll der Zaun, der so nicht genannt werden darf, nun wirklich bewirken? Chaotische Ausbrüche wie zuletzt erlebt verhindern? Nur Flüchtlinge mit Aussicht auf Asyl hereinlassen? Ein abschreckendes Signal an all jene senden, die noch auf dem Weg am Balkan Richtung Norden sind, aussenden?

Wenn hier nicht bald Klarheit geschaffen wird, bleibt der Eindruck, das Kabinett Faymann-Mitterlehner verberge hinter dem ominösen Zaun eine ganz andere Agenda, erkläre aber nicht welche. So kommt es aber einer „richtigen Flüchtlingspolitik“ weiterhin keinen Schritt näher.

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