Es mag schon sein, dass SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder tatsächlich glaubt, was da hie und da in Wiener politischen Kreisen als urban legend auftaucht, wenn er als möglicher Nachfolger von SPÖ-Chef Werner Faymann gehandelt wird. Es mag schon sein, dass er sich deshalb in einem Interview im Magazin „Trend“ mit seinem Vorschlag von sechs Wochen Urlaub für alle der Gewerkschaft und dem linken Flügel in der SPÖ andienen und dort ein Empfehlungschreiben abgeben möchte.
Beides, der Glaube an den Karrieresprung und das Anbiedern, wäre allerdings nicht ohne Witz. Zum einen ist Schieder das exakte Gegenteil eines Vote-Getters und man mag kann sich mit noch so viel Fantasie nicht vorzustellen, von wem er eine zusätzliche Stimme für die SPÖ holen könnte. Sein Charisma ist ungefähr so groß wie jenes eines Sektionsleiters in der SPÖ, sein rhetorisches Talent, das er nun häufiger als Klubobmann im Parlament zeigt, ebenso. Zum anderen ist der Vorschlag für noch mehr Urlaub zur Überwindung der Wirtschaftskrise und der explodierenden Arbeitslosigkeit in Österreich so zeitgemäß wie die Wiedereinführung der Heiratsprämie der siebziger und achtziger Jahre.
Nun, man sollte fair sein. Schieder steht nicht allein auf weiter Retro-Flur. Vor genau einem Jahr im April 2014 wurde die sechste Urlaubswoche für alle auch von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) als ÖAAB-Chefin gefordert, nachdem der ÖGB und Sozialminister Rudolf Hundstorfer bei der Diskussion um die mögliche Ausweitung der täglichen Arbeitszeit als Bedingung ins Spiel gebracht hatten. So schnell wie das Urlaubs-Phantom damals aufgetaucht ist, so schnell ist es wieder verschwunden. Das hätte Schieder zu denken geben sollen.
Mikl-Leitner sagt als ÖAAB-Chefin bald irgendetwas – „Her mit der Marie, her mit dem Zaster“, zum Beispiel. Und im ÖGB und seinem Dunstkreis wird auch bald einmal irgendetwas gefordert. Da könnte man es Schieder doch auch durchgehen lassen? Kann man aus zwei Gründen nicht. Erstens müsste er als ehemaliger Staatssekretär im Finanzministerium etwas mehr Wirtschaftsverstand haben als in einer Zeit, in der Österreich nur durch mehr Arbeit und mehr Leistung aus der anhaltenden Wirtschaftskrise kommen kann und nicht durch mehr Urlaub, davon zu faseln, dass die Menschen gerne „freie Tage zwischendurch“ hätten. Und vor allem in einer Zeit, in der mit der Hypo Alpe Adria viele Steuermilliarden versenkt worden sind, die nun zur Belebung der Konjunktur, für Investitionen zur Steigerung des Wirtschaftswachstums und vor allem im Zukunftsbereich Bildung fehlen. Dieses Wissen kann man Schieder abverlangen, nachdem er am Versagen aller Institutionen bei der Hypo (Griss-Kommission und Rechnungshof) als Staatssekretär nicht unbeteiligt gewesen sein kann. Entweder er hat die Lage nicht richtig eingeschätzt oder er hat geschwiegen. Was das Hypo-Desaster aber jetzt für Österreich bedeutet, wird er wohl wissen. Mit weniger arbeiten werden die Folgen nicht zu bewältigen sein.
Wirklich abstrus aber ist Schieders Begründung für mehr Urlaub: Die Arbeit solle so „fairer verteilt“ werden. Welche Arbeit? Neue Belastungen für die Wirtschaft werden kaum neue Arbeitsplätze schaffen – und die vorhandenen will Schieder so lange fair verteilen bis es nichts mehr zu verteilen gibt? Wenn die Wirtschaft weiter so stagniert, dann werden immer mehr Menschen mehr „freie Tage zwischendurch“ bekommen als ihnen lieb ist.
Ist es in Österreich wirklich erlaubt, den Menschen mit jedem Unsinn ein X für ein U vorzumachen? Wenn Sie nur in Kategorien von gestern denken können, Herr Klubobmann, dann belästigen Sie wenigstens die Öffentlichkeit nicht damit.
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